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19.07.2019

Projekt zur Verbesserung von Hagelwarnungen

Projekt zur Verbesserung von Hagelwarnungen

©Hagelversicherung

Im derzeit laufenden Projekt HYMID wird eine Methode entwickelt, um aus Daten des Wetterradars automatisch Regen, Schneefall und Hagel zu unterscheiden. Ein Schwerpunkt liegt in der Erkennung der Größe von Hagelkörnern, um die Warnungen vor Hagel zu verbessern. Zwei unterschiedliche Algorithmen werden ab der Gewittersaison 2019 getestet.
Das FFG-Projekt HYMID ist eine Kooperation von ZAMG (Leitung), Austro Control, Österreichische Hagelversicherung und Oberösterreichische Versicherung.

Hagel verursacht jedes Jahr große Schäden, ist aber extrem schwierig vorhersagbar, weil er ein relativ kleinräumiges und meist nur kurz andauerndes aber intensives Phänomen ist. Ein wichtiges Hilfsmittel für Hagelwarnungen sind die von Austro Control betriebenen vier Wetterradare in Österreich: Rauchenwarth (NÖ), Zirbitzkogel (ST), Feldkirchen bei Mattighofen (OÖ), Patscherkofel (T). Sie liefern nahezu flächendeckende Informationen zu Niederschlag in sehr hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung und wurden in den letzten Jahren auf Dual-Pol-Technologie umgerüstet. „Damit kann die Art des Niederschlags in der Wolke deutlich besser bestimmt werden", sagt Lukas Tüchler von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Ein Dual-Pol-Radar sendet Radarwellen aus, die in horizontaler und vertikaler Richtung schwingen. Diese Radarwellen werden je nach Form und Größe der Regentropfen, Eiskristalle und Hagelkörner unterschiedlich zurück gestreut. Computeralgorithmen werten die zurückgestreuten Daten aus und helfen, die Art des Niederschlags zu bestimmen."

Spezielle Anforderungen im Bergland

Allerdings ist die automatische Bestimmung der Niederschlagsart sehr komplex, da die Niederschlagsteilchen sehr unterschiedliche Größen und Formen haben und auch in unterschiedlichen Mischungen in einer Wolke vorkommen. In Österreich kommt erschwerend hinzu, dass das Wetterradar wegen der Berge nicht immer freie Sicht auf den Niederschlag hat. Hier setzt das im Februar 2018 gestartete Projekt „HYMID: Radar-Hydrometeorklassifikation in den Alpen" an. In den letzten Monaten wurde an einer Software gearbeitet, die für die speziellen Anforderungen im Alpenraum möglichst genau die Art und die Größe der Niederschlagsteilchen einer Wolke bestimmt. Projektleiter Lukas Tüchler: „Das Ziel ist eine zuverlässige und automatische Unterscheidung zwischen Nieseln, kleinen und großen Regentropfen, Eiskristallen sowie kleinen, mittleren und großen Hagelkörnern. Weiters soll künftig auch automatisch berechnet werden, in welcher Art diese Niederschlagsteilchen am Boden ankommen - ob als Regen, Schneefall, gefrierender Regen oder Hagel mit bestimmter Intensität".

Alle 5 Minuten Analysen: im Sommer 2019 erste Tests der Algorithmen

HYMID ist ein Projekt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Durchgeführt wird es von ZAMG (Projektleitung), Austro Control, Österreichische Hagelversicherung und Oberösterreichische Versicherung. Der Projektzeitraum ist Februar 2018 bis Februar 2021.

Ab der Gewittersaison 2019 werden zwei Prototypen der Software getestet, die alle fünf Minuten eine Analyse der Niederschlagsteilchen in den Wolken über Österreich liefert. In den nächsten Monaten werden die Algorithmen weiter verbessert. Zur Verifikation der Programme dienen hauptsächlich Schadensdaten der beteiligten Versicherungen.

Nutzen für Warnungen, Analysen und weitere Anwendungen

Der Nutzen einer zuverlässigen, automatischen Bestimmung von Hagel und Hagelkorngröße liegt zum einen im Bereich der Warnungen. „Je früher man weiß, ob in einem aufziehenden Gewitter Hagel ist, desto früher kann man warnen und allenfalls Vorkehrungen treffen", sagt Projektleiter Lukas Tüchler. „Aber auch für die Auswertung von Schäden durch die Versicherungen ist wichtig, möglichst exakt bestimmen zu können, ob und wie stark es in einer Region hagelt bzw. gehagelt hat."

Weiters nutzt eine exakte Bestimmung der Niederschlagsart auch Warnungen vor Starkregen und vor gefrierendem Regen sowie der Analyse von Niederschlagsmengen, die wiederum in Anwendungen wie Hochwasservorhersagen einfließen.

Rekordhagel in Österreich: 600 Gramm und 12 cm Durchmesser

Je nach Größe verursacht Hagel unterschiedliche Schäden, wobei die Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel unabhängig von der Hagelgröße und in Abhängigkeit von dem Vegetationsfortschritt der jeweiligen landwirtschaftlichen Kultur immer betroffen ist:

  • Durchmesser 5 bis 15 Millimeter (entspricht in etwa der Größe von Haselnüssen): Verursachen meist leichte Schäden an Pflanzen und sind bereits für die Luftfahrt relevant.

  • Durchmesser 20 bis 30 Millimeter (in etwa Größe von Marillenkernen): Können Schäden an Glas, Plastikfolien, Anstrichen und Fassaden verursachen sowie Risse in Holz. Ab dieser Hagelkorngröße können Schäden an Luftfahrzeugen auftreten.

  • Durchmesser 25 bis 45 Millimeter (in etwa Größe von Taubeneiern): Verursachen verbreitet Glasbruch (z.B. Glashäuser und Fenster) sowie Schäden an Autokarosserien.

  • Durchmesser 50 bis 75 Millimeter (in etwa Größe von Tennisbällen): Verursachen schwere Schäden an Dächern. Sie sind für Menschen lebensgefährlich.

Die größten in Österreich verlässlich dokumentierten Hagelkörner hatten einen Durchmesser von etwa 12 Zentimeter, wogen rund 600 Gramm und wurden am 13. Juli 1984 in St. Oswald im südlichen Waldviertel (NÖ) gefunden.

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Querschnitt (West-Ost) durch ein Hagelgewitter über dem Seewinkel (Bgld.) im Juli 2018. Im Bild links dargestellt ist die Radar-Reflektivität, rechts die abgeleiteten Hydrometeore (rot Hagel, rosa Schnee/Eis, gelb schmelzender/s Schnee/Eis, blau Regen). Quelle: ZAMG –>volle Auflösung

Hagelschäden an einem Glashaus und in einem Maisfeld. Quelle: Österreichische Hagelversicherung. –>volle Auflösung

Zugbahn eines Hagelgewitters: Radar-Reflektivität eines Gewitters im Juli 2018 über den Bezirken Hartberg-Fürstenfeld (Stmk.), Jennersdorf und Güssing (Bgld.). Weiß umrandete Gebiete und grüne Dreiecke markieren Regionen mit Hagelschäden. Quelle: ZAMG –>volle Auflösung

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