25.02.2020
Wärmeres Klima: Gletscher schmelzen, Gefahr von Steinschlag steigt
Die von der ZAMG vermessenen Gletscher in den Hohen Tauern verloren im vergangenen Jahr knapp ein Meter an Eisdicke, die Pasterze im unteren Bereich bis zu neun Meter. Die Erwärmung im Hochgebirge in den letzten Jahrzehnten erhöht auch die Gefahr von Steinschlag. Das Projekt „Permafrostmonitoring Hohe Tauern" untersucht mittels Laserscanning, Drohnenmessungen und Computersimulationen die Änderung der Steinschlagtätigkeit in der Nähe der Pasterze.
Österreichs Gletscher starteten 2019 mit überdurchschnittlich viel Schnee in den Sommer. Alleine im Mai wuchs die Schneedecke um 100 bis 150 Zentimeter. Diese späten Schneereserven wurden durch den heißten Juni seit Messbeginn größtenteils aufgebraucht. „Auf den Gletschern des Hohen Sonnblicks kam es zu einem eher späten ausapern, und es entstanden auch nennenswerte Schneerücklagen, was zuletzt 2016 der Fall war", sagt Anton Neureiter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
Massenbilanz mittels 40 Messpegel und 120 Sondierungen
Die Ermittlung der Jahresmassenbilanz basiert unter anderem auf den Daten von rund 40 Ablationspegeln. Ende September 2019 wurden die Pegel abgelesen und die jährliche Abschmelzrate berechnet. Im Oktober wurden zusätzlich 120 Sondierungen der Altschneedecke durchgeführt um die Schneerücklage zu bestimmen. Weiters verwendet die ZAMG das völlig autarke Messnetz von automatischen Kameras. Durch diese lässt sich die räumliche und zeitliche Verteilung der Schneedecke ermitteln. Aus all diesen Daten wird die jährliche Massenbilanz berechnet.
Schmelzrate der Sonnblickgletscher
Das Kleinfleißkees hat im letzten Jahr im Mittel 0,8 Meter Eisdicke (0,7 m Wasseräquivalent) verloren und das Goldbergkees im Mittel um 0,9 Meter Eisdicke (0,8 m Wasseräquivalent). „Diese Schmelzraten entsprechen ziemlich genau dem Durchschnitt der letzten Jahre", sagt ZAMG-Glaziologe Anton Neureiter, „die letzte positive Massenbilanz gab es an beiden Gletschern im Jahr 2014."
Schmelzrate der Pasterze
Die Pasterze zeigt an den Ablationspegeln ebenfalls geringere Verluste als in den vorangegangenen Jahren. Nichtsdestotrotz liegt der Maximalwert an Eismassenverlust im untersten Bereich bei knapp über neun Metern. Die Zerfallserscheinungen an der Gletscherzunge sind deutlich zu sehen.
Das laufende Gletscher- und Schneedeckenmonitoring auf Sonnblick und Pasterze ist Teil des Programms Global Cryosphere Watch der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und wird vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus finanziert.
Monitoring eines Bergsturzbereichs an der Pasterze
Das immer wärmere Klima in den Alpen führt auch zu einer Zunahme des Steinschlags. „Das passiert zum einen durch das Einsickern von Wasser in Felsspalten und zum anderen wahrscheinlich auch durch das Auftauen des Permafrosts. Das gefährdet stellenweise alpine Infrastruktur und die Sicherheit von Wanderwegen", erklärt Michael Avian, Experte für Erdbeobachtung an der ZAMG. Im Projekt „Permafrostmonitoring Hohe Tauern" untersuchen die Universität Graz (Leitung), die TU Graz und die ZAMG Änderungen in der Stabilität des Felses und der Steinschlagtätigkeit im Bergsturzbereich Burgstall an der Pasterze. Finanziert wird das Projekt vom Nationalpark Hohe Tauern.
Steinschlag mit Blöcken bis fünf Kubikmeter
Nach einem Bergsturz im Jahr 2007 werden seit 2010 terrestrische Laserscanning-Messungen (Vermessung der Geländeoberfläche mittels Laser) der Nordost-Wand des Mittleren Burgstalls und der Südwand des Hohen Burgstalls durchgeführt. „Im Bergsturzbereich Mittlerer Burgstall ist die laufende Steinschlagaktivität aus den Laserscanningmodellen zu erkennen, mit Felsblöcken von bis zu fünf Kubikmetern. Die Südwand des Hohen Burgstall zeigt nur geringe Steinschlagbereiche, mit kleineren Blöcke von maximal zwei Kubikmetern", erklärt Avian.
Messungen zum Schutz von alpinen Steigen
Weiters komplettieren flächendeckende und hochauflösende optische Aufnahmen des Mittleren und Hohen Burgstalls mit Drohnen die jährlichen Messkampagnen. Diese sind als Nullmessung für zukünftige jährliche Flugkampagnen im Untersuchungsgebiet Burgstall gedacht. Hier sind vor allem die alpinen Steige im Umfeld der Oberwalder Hütte von Interesse, da diese in den letzten Jahren teilweise durch Steinschlag gefährdet waren und bisher nicht mit terrestrischem Laserscanning aufgenommen wurden
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Einbohren der Ablationspegel am Goldbergkees: 40 der jeweils acht Meter langen Pegel zur Messung der Schmelzrate wurden eingebohrt. Quelle ZAMG/Weyss. –>Link zum Bild in Originalgröße
Zerfall der Zunge der Pasterze: Vergleich der Jahre 2016 bis 2019, jeweils am Ende der Ablationsperiode (Zeitraum in dem das Schmelzen stattfindet). Quelle ZAMG. –>Link zum Bild in Originalgröße
Links zu Zeitraffer-Aufnahmen der Ausaperung (animated GIF): –>Pasterze
–>Goldbergkees
–>Kleinfleißkees
Massenbilanz der Gletscher in der Sonnblickregion: Aus Messungen und automatischen Kameras wird flächendeckend die Massenbilanz der Gletscher ermittelt. Kleinfleißkees (oben links) und Goldbergkees (unten rechts). Negative Massenbilanz ist rot markiert. Blau kennzeichnet, wo Winterschnee die Schmelzperiode überdauert. Quelle: ZAMG. –>Link zum Bild in Originalgröße
Massenbilanz der Gletscher am Sonnblick: In den letzten Jahren fast durchwegs hohe Schmelzraten. Goldbergkees (Bild oben) und Kleinfleißkees (Bild unten) verloren in den meisten Jahren deutlich an Masse (rot) und hatten nur wenige positive Jahre (blau). Quelle: ZAMG. –>Link zum Bild in Originalgröße
Felssturz im Bereich der Pasterze (Großglockner): Das immer wärmere Klima in den Alpen führt zu einer Zunahme von Felsstürzen. Ausmaß des Bergsturzes 2007 am Mittleren Burgstall. Quelle ZAMG. –>Link zum Bild in Originalgröße
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Web-Links
Webcams Gletschermonitoring:
Goldbergkees: www.foto-webcam.eu/webcam/goldbergkees
Kleinfleißkees: www.foto-webcam.eu/webcam/kleinfleisskees
Webcam Sonnblick (mit Blick auf Fleißscharte, Grenze zwischen Goldbergkees und Kleinfleißkees): www.foto-webcam.eu/webcam/sonnblick
Pasterze: www.foto-webcam.eu/webcam/freiwandeck
World Glacier Monitoring Service: www.wgms.ch
Global Cryosphere Watch: www.globalcryospherewatch.org
ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at