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11.10.2022

Änderung der Landnutzung kann Hitzeinseln in Städten verstärken oder mildern

Änderung der Landnutzung kann Hitzeinseln in Städten verstärken oder mildern

©ZAMG

Ein vor kurzem abgeschlossenes Stadtklima-Projekt der ZAMG untersuchte die Rolle der Landnutzungsänderung bei der Entwicklung innerstädtischer Wärmeinseln. Bebauung und Versiegelung haben großen Einfluss auf lokale Hitzeinseln.

Die Landnutzung und Landbedeckung spielen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung lokaler Klimaeigenschaften. Ihre räumliche Variabilität, insbesondere in städtischen Gebieten, führt zu starken mikroklimatischen Unterschieden. Um die Effekte der Urbanisierung zu quantifizieren und somit eine Grundlage für eine nachhaltige Stadtplanung zu schaffen, analysierte die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) im Projekt LUCRETIA die innerstädtischen Temperaturänderungen anhand historischer Landnutzungsdaten, Computermodellen und Messdaten von privaten Wetterstationen.

Projekt LUCRETIA untersuchte Wien und Graz

Das vor kurzem abgeschlossene Projekt LUCRETIA (The role of Land Use Changes on the development of intra-urban heat islands) untersuchte, wie stark die Lufttemperatur während Hitzeperioden in urbanen Bereichen räumlich variiert und wie sich die innerstädtische Wärmebelastung durch die Modifikationen der Landnutzung in den vergangenen Jahrzehnten in Wien und Graz geändert hat.

„Für das Projekt haben wir die Berechnungen von hochaufgelösten Computermodellen analysiert und auch den Mehrwert der Einbindung von privaten Wetterstationen untersucht“, sagt Projektleiterin Maja Zuvela-Aloise von der ZAMG, „weiters wurde der Einfluss unterschiedlicher Datensätze der Landnutzung auf die Modellergebnisse ausgewertet.“

Hochaufgelöste Computersimulationen für Städte

Die Berechnungen wurden mit zwei verschiedenen Stadtklimamodellen durchgeführt, um den Einfluss der städtischen Strukturen und deren unterschiedlicher Darstellung in Modellen zu untersuchen. Das etablierte dynamische Stadtklimamodell MUKLIMO_3 des Deutschen Wetterdienstes wurde mit einer räumlichen Auflösung von 40 bis 100 Meter implementiert. Zusätzlich wurde das neue PALM-4U Stadtklimamodell mit einer räumlichen Auflösung von 1 bis 20 Meter und mit detaillierteren Informationen über die städtischen Strukturen zum Modellvergleich angewendet. Die Simulationen wurden für ausgewählte Stadtgebiete in feinerer Auflösung sowie für die gesamte Stadt in gröberer Auflösung durchgeführt.

„Beide Modelle lieferten ähnliche Intensitäten der Wärmebelastung, aber es zeigte sich deutlich, dass eine höhere Auflösung, also eine noch kleinräumigere Berechnung, zusätzliche Hotspots erkennbar macht. Dies ist besonders in innerstädtischen Gebieten von hoher Bedeutung“, erklärt Stadtklima-Expertin Zuvela-Aloise.

Private Wetterstationen ermöglichen Analyse räumlicher Temperaturmuster

Offizielle meteorologische Messstationen stehen oft nur in eingeschränkter Anzahl zur Verfügung und können kleinräumige Temperaturextreme nicht ausreichend erfassen. Zur besseren Untersuchung des Stadtklimas weisen Messdaten von privaten Wetterstationen ein großes Potenzial auf. Diese online zugänglichen Messdaten liefern eine Ergänzung zum operationellen meteorologischen Messnetz.

„Im Projekt LUCRETIA werteten wir die Daten von einigen hundert privaten Wetterstationen aus. Die qualitätsgeprüften Daten zeigten, dass das dichter bebaute Stadtgebiet wärmer als das Umland ist und bestätigen damit den städtischen Wärmeinseleffekt, der in der Nacht stärker ausgeprägt ist als am Tag“, sagt Maja Zuvela-Aloise. „Durch die hohe Stationsdichte sind diese Daten hilfreich bei der Bewertung der Modellergebnisse, trotz der bekannten Einschränkungen, wie zum Beispiel einer potentiell ungünstigen Standortwahl, weniger Daten in Grünbereichen oder der Variabilität in der Datenverfügbarkeit.“

Änderung der Landnutzung hat große Auswirkungen

Im Projekt LUCRETIA wurden verschiedene Landnutzungs- und Landbedeckungsdatenquellen analysiert und im MUKLIMO_3 Stadtklimamodell integriert, um deren Einfluss auf die Temperaturänderung für Wien und Graz zu bewerten.

Grundsätzlich sind die wärmsten Bereiche dicht bebaut, die kühlsten Bereiche enthalten große Anteile an Grün- und Wasserflächen und die Wärmebelastung ändert sich entsprechend der Änderungen der Landnutzung und Landbedeckung.

„Ein Ergebnis unserer Berechnungen war zum Beispiel, dass eine Umwandlung von Acker- in Industriefläche zu einem durchschnittlichen Anstieg von ungefähr zwölf Sommertagen pro Jahr führt, also Tagen mit mindestens 25 Grad. Umgekehrt führt die Umwandlung von Straßenflächen in Grünfläche zu einer Reduktion von durchschnittlich etwa acht Sommertagen pro Jahr“, sagt die Stadtklima-Expertin Zuvela-Aloise. „Grob gesagt können massive Änderungen der Bebauung die Zahl der Sommertage um ungefähr 20 bis 80 Prozent erhöhen oder senken.“

ACRP-Projekt des Klima- und Energiefonds

Das Projekt LUCRETIA wurde an der ZAMG von der Fachabteilung Stadtmodellierung geleitet und durchgeführt und lief von 2019 bis 2022. Finanziert wurde das Projekt durch das Austrian Climate Research Program (ACRP) des Klima- und Energiefonds.

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PALM_Wien_20m_logo_klein

Hochaufgelöste Berechnung der Temperatur in Wien zeigt Wärmeinseln. Simulation der Oberflächentemperatur für Wien (am 18.08.2018, 16 Uhr) mit Stadtklimamodell PALM-4U in einer räumlichen Auflösung von 20 Meter unter Berücksichtigung detaillierter Informationen über die städtischen Strukturen. Quelle ZAMG. ->volle Auflösung

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Weitere Informationen

LUCRETIA - Übersicht als Poster: https://ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteHauptmenue/05_Veranstaltungen/Klimatag/2020/ACRP_04_09_LUCRETIA.pdf

LUCRETIA - Projektbeschreibung: https://www.klimafonds.gv.at/wp-content/uploads/sites/16/B960227-ACRP11-LUCRETIA-KR18AC0K14598-ZB2.pdf

ZAMG Stadtklima: www.zamg.ac.at/cms/de/forschung/klima/stadtklima

Broschüre Stadtklimaforschung: ->hier als pdf frei abrufbar

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