16.10.2018
Bodenradar entdeckt Wikingerschiff in Norwegen
Ausgerüstet mit einem motorisierten hochauflösenden Bodenradar haben ArchäologInnen in der Region Østfold in Norwegen ein Wikingerschiff und eine große Anzahl von Grabhügeln und Langhäusern entdeckt. Die ArchäologInnen des norwegischen Institut für Kulturgüterforschung (NIKU) haben mit der von der ZAMG und dem Ludwig Boltzmann Institut für archäologische Prospektion und virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) in Wien entwickelten Technologie diese einzigartige Entdeckung gemacht. Das Wikingerschiff befindet sich knapp unter der Bodenoberfläche in einer Tiefe von ungefähr 50 cm und wurde ursprünglich in einem Grabhügel bestattet. Die digitalen Visualisierungen der Radardaten zeigen eine klar erkenntliche schiffsförmige Struktur mit einer Länge von 20 m. Die Daten deuten darauf hin, dass der untere Teil des Schiffes bis heute gut konserviert ist. Weitere zerstörungsfreie Untersuchungen sind geplant, um diesen besonderen Fund und die umgebende Landschaft digital zu kartieren.
Sensationeller Fund
Der sensationelle Fund befindet sich in Viksletta, in direkter Nachbarschaft zum monumentalen Grabhügel von Jelle in Østfold, Norwegen. Das Team hat die Überreste von zumindest acht bisher völlig unbekannten und vom Pflug zerstörten Grabhügeln lokalisiert. Mithilfe des Bodenradars ist es jedoch möglich, die Überreste und die umfassenden Gräben dieser massiven Monumente bis in kleinste Details zu kartieren. Einer dieser zerstörten Grabhügel zeigt deutlich die Überreste eines ursprünglich im Hügel bestatteten Wikingerschiffes. Es gibt klare Hinweise darauf, dass der Kiel und der untere Teil des Schiffes in diesem Grab noch bestens konserviert sind. Basierend auf dem Wissen über andere bekannte Wikingerschiffe erstellten die ArchäologInnen eine erste hypothetische Rekonstruktion des Schiffs.
Die digitale Visualisierung der Radardaten zeigt eine klar erkenntliche schiffsförmige Struktur mit einer Länge von 20 m.
„Wir sind sicher, dass hier ein Schiff bestattet ist. Wie viel tatsächlich noch erhalten ist, ist vor weiteren Untersuchungen schwer zu sagen“, sagt Morten Hanisch, Landeskonservator von Østfold.
„Dieser Befund ist ausgesprochen aufregend, da wir bisher nur drei gut erhaltene Wikingerschiffe in Norwegen kennen, alle vor über 100 Jahren ausgegraben. Dieses Schiff ist von großer historischer Bedeutung, da wir es mit den modernsten Mitteln der Archäologie untersuchen können“, sagt Dr. Knut Paasche, Leiter der Abteilung für digitale Archäologie von NIKU und ausgewiesener Wikingerschiff-Experte.
Weitere Funde rund um das Schiff
Neben den monumentalen Grabhügeln hat das Bodenradar noch die Überreste von fünf Langhäusern ans Tageslicht gebracht, einige von ihnen von beachtlicher Größe, eine Situation vergleichbar mit der Fundstelle Borre in Vestfold, auf der gegenüberliegenden Seite des Oslo Fjords. „Dieser Schiffsfund liegt nicht isoliert, sondern war Teil eines Gräberfeldes, welches Macht und Einfluss weithin sichtbar repräsentierte“, sagt der Archäologe Lars Gustavsen, Projektleiter von NIKU.
Bodenradarkarte mit Lage von Langhäusern und Grabhügeln
Geplante Messungen
Die Archäologen von NIKU planen gemeinsam mit dem LBI ArchPro weitere zerstörungsfreie geophysikalische Methoden einzusetzen, um weitere grundlegende Fakten zur Struktur und dem Erhaltungszustand des Schiffes ohne Bodeneingriff zu erhalten. Das Team geht davon aus, dass nach Abschluss der nichtinvasiven Untersuchungen archäologische Ausgrabungen zur Sicherung dieses einzigartigen Fundes notwendig sein werden.
Die Bodenradaruntersuchungen beim Grabhügel von Jelle erfolgten durch NIKU in enger Zusammenarbeit mit der Provinz Østfold. Die Feldarbeit wurde von Erich Nau und Lars Gustavsen durchgeführt. Die genutzte Methode und Software wurden vom LBI ArchPro und der ZAMG entwickelt.
Link zum Bildmaterial: https://www.lbiarchpro-imagery.at/jellhaugen_vikingship_2018
Link zum YouTube-Video: https://youtu.be/yTU_j5zpMFc