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29.12.2022

2022 in Österreich relativ viele Erdbeben

2022 in Österreich relativ viele Erdbeben

©ZAMG

Im Jahr 2022 wurden mit dem Stationsnetz des Erdbebendienstes der ZAMG weltweit rund 11.300 seismische Ereignisse registriert. Etwa 2.300 Erdbeben wurden in Österreich lokalisiert, davon waren 79 für die Bevölkerung spürbar. Außerdem wurden acht Erdbeben aus dem Ausland in Österreich wahrgenommen.

(Anmerkung: alle Angaben mit Stand 29.12.2022, 9 Uhr)

Im Jahr 2022 wurden in Österreich 87 Erdbeben von der Bevölkerung verspürt. Es waren deutlich weniger als im Rekordjahr 2021 (damals 106 spürbare Beben in Österreich), die Anzahl liegt aber klar über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre von 63 spürbaren Beben.

Die starke Bebentätigkeit zwei Jahre hintereinander bedeutet aber keinen Trend zu mehr Erdbeben in Österreich. „Die tektonische Aktivität unterliegt natürlichen Schwankungen. Phasen mit mehr Erdbeben wechseln sich mit ruhigeren Zeiträumen ab“, sagt Rita Meurers, Seismologin an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Nur geringe Schäden

2022 gab es in Österreich viele schwache Erdbeben, nur wenige waren stark fühlbar. Beim stärksten Erdbeben des Jahres, am 25. Februar bei St. Johann im Pongau (Salzburg), entstanden einige Verputzrisse. Auch die beiden kräftigen Erdbeben im südlichen Mühlviertel bei Gramastetten (Oberösterreich) wurden stark wahrgenommen und verursachten leichte Schäden. Größere Schäden an Gebäuden wurden im Jahr 2022 nicht gemeldet.

Neuer Rekord bei gemessenen Beben

Die Zahl instrumentell registrierter (und größtenteils nicht spürbarer) Erdbeben in Österreich erreichte mit 2.293 (Stand 29.12.22, 9 Uhr) einen neuen Höchstwert. „Ein Grund dafür sind zwei außergewöhnliche Erdbebenserien“, sagt ZAMG-Seismologin Meurers, „im Raum Wiener Neustadt, Niederösterreich, wurden von Jänner bis März 650 Beben aufgezeichnet und bei St. Johann im Pongau, Salzburg, konnten im Februar und März 362 Beben lokalisiert werden. Aufgrund der laufenden Verdichtung des Stationsnetzes durch die ZAMG und im Rahmen von internationaler Kooperation ist es außerdem möglich, immer mehr schwache Erdbeben zu erfassen.“

Die meisten spürbaren Erdbeben in Niederösterreich

Mit 25 gefühlten Beben im vergangenen Jahr ist Niederösterreich Spitzenreiter unter den Bundesländern. An zweiter Stelle liegt Tirol mit 19 spürbaren Erdbeben. In Oberösterreich wurden mit 14 Ereignissen für dieses Bundesland ungewöhnlich viele Erdbeben beobachtet. In der Steiermark wurden acht fühlbare Beben registriert, in Kärnten sieben und in Salzburg und Vorarlberg ereigneten sich jeweils drei verspürte Erdbeben. Aus dem Ausland wurden acht Beben in Österreich wahrgenommen, davon waren je drei aus Italien und Liechtenstein, ein Erdbeben aus Bosnien und eines aus Frankreich.

Mehr als 4.500 Wahrnehmungsberichte

Über das Online-Wahrnehmungsformular der ZAMG (http://www.zamg.at/bebenmeldung) und über die seit März 2021 angebotene App „QuakeWatch Austria“ (http://onelink.to/3km3ee) langten mehr als 4.500 Wahrnehmungsberichte beim Österreichischen Erdbebendienst ein. Die meisten Meldungen aus der Bevölkerung kamen zu den kräftigen Erdbeben bei Gramastetten in Oberösterreich (rund 1.200 Meldungen).

Die Meldungen aus der Bevölkerung geben Auskunft über die Stärke der Fühlbarkeit und ermöglichen die Ermittlung des Intensitätsgrades auf der Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98, siehe Link unten). Sie sind außerdem ein wesentlicher Beitrag zur Bestimmung der Erdbebengefährdung in Österreich. Der Österreichische Erdbebendienst bedankt sich bei der Bevölkerung für die zahlreichen Meldungen.

Die stärksten Erdbeben in Österreich 2022

Information zu den Begriffen Magnitude und Intensität

Die Magnitude ist ein Maß für die im Erdbebenherd freigesetzte Energie. Sie wird aus instrumentellen Aufzeichnungen (Seismogrammen) ermittelt. Die Bestimmung der Magnitude ist unabhängig von Schäden und Fühlbarkeit und geht auf den Amerikanischen Geophysiker Charles Richter zurück.

Die Intensität beschreibt die Auswirkungen eines Bebens an der Erdoberfläche. Die meisten Länder in Europa, einschließlich Österreich, verwenden zur Bestimmung die 12-stufige Europäische Makroseismische Skala 1998 (EMS-98) (->zur EMS-98).

Gramastetten, 18. Jänner 2022

Zwei Erdbeben erschütterten am 18. Jänner den Raum Gramastetten, Oberösterreich. Sie ereigneten sich um 18:35 Uhr und 22:09 Uhr MEZ und hatten Magnituden von 3,2 und 3,1. Die Epizentren wurden nördlich von St. Gotthard im Mühlkreis (48,40°N, 14,14°O) lokalisiert. Wegen der geringen Herdtiefe von etwa 4 km waren die Bodenbewegungen für viele erschreckend, häufig wurde ein explosionsartiger Knall gehört. Wenig standfeste Gegenstände fielen um und in einzelnen Fällen entstanden feine Risse im Verputz. Die Epizentralintensität erreichte in beiden Fällen 5 Grad auf der 12-stufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98). Insgesamt sind mehr als 1200 Meldungen aus der Bevölkerung über das Online-Wahrnehmungsformular eingetroffen.

Am 15. Jänner wurde ein Vorbeben der Magnitude 2,8 beobachtet und im Jänner und Februar folgten insgesamt fünf deutlich schwächere Nachbeben, das stärkste am 24. Jänner mit einer Magnitude von 2,3. Drei weitere Nachbeben wurden im Mai und eines im August verspürt.

St. Johann im Pongau, 25. Februar 2022

Das stärkste Erdbeben des Jahres ereignete sich am 25. Februar um 22:18 Uhr MEZ einige Kilometer südwestlich von St. Johann im Pongau, Salzburg (47,34°N, 13,20°O). Das Beben der Magnitude 3,4 wurde von vielen Personen stark verspürt, Gebäude wurden deutlich gerüttelt, kleine Gegenstände fielen um und einige Menschen flüchteten ins Freie. In einigen Gebäuden bildeten sich feine Risse im Verputz. Die Erschütterungen wurden im Umkreis von etwa 30 km verspürt. Im Gebiet um das Epizentrum erreichte die Intensität 5 Grad auf der EMS-98. Zu diesem Beben sind etwa 470 Wahrnehmungsberichte aus der Bevölkerung eingelangt. Einige schwache Vor- und Nachbeben konnten im Raum St. Johann vereinzelt wahrgenommen werden, es war mehrmals ein Grollen des Untergrundes zu hören.

Bach im Lechtal, 4. Mai 2022

Am 4. Mai wurde um 11:48 Uhr MESZ im Tiroler Lechtal ein Erdbeben der Magnitude 2,8 verspürt, dessen Epizentrum etwa 4 km südlich von Elbigenalp lag (47,25°N, 10,45°O). Die Auswirkungen des Bebens wurden von vielen Menschen wahrgenommen und zum Teil als stark empfunden, einige flüchteten ins Freie, vereinzelt fielen wenig standfeste Gegenstände um. Die Epizentralintensität erreichte 4-5 Grad auf der EMS-98.

Liechtenstein, 1. September 2022

Südlich von Vaduz, Liechtenstein (47,11°N, 9,53°O) lag das Epizentrum eines kräftigen Erdbebens der Magnitude 4,0, das am 1. September um 13:57 Uhr MESZ registriert wurde. Es war in weiten Teilen Vorarlbergs spürbar. Besonders stark waren die Erschütterungen in Nenzing, Schlins, Satteins und Frastanz wahrnehmbar. Auch in Feldkirch haben viele Personen das Beben deutlich verspürt, vereinzelt wurden Verputzrisse gemeldet. Es langten etwa 560 Wahrnehmungsberichte ein, die Intensität erreichte in Vorarlberg maximal 4 bis 5 Grad auf der EMS-98. Zwei Nachbeben am 2. September und am 14. Oktober wurden mit einer Intensität von 3 bis 4 bzw. 4 Grad auf der EMS-98 in einigen Orten in Vorarlberg wahrgenommen.

Marchegg, 2. Oktober 2022

Im nördlichen Wiener Becken, in der Nähe der Grenze zur Slowakei, ereigneten sich am 2. Oktober drei fühlbare Erdbeben, deren Epizentren etwa 6 km nordwestlich von Marchegg lagen (48,31°N, 16,86°O). Das Hauptbeben um 07:52 Uhr MESZ hatte eine Magnitude von 2,9 und wurde deutlich mit einer Intensität von 4 Grad auf der EMS-98 verspürt. Um 10:17 Uhr MESZ folgte ein Nachbeben der Magnitude 2,6 mit einer Intensität von 3 bis 4 Grad und um 11:10 Uhr wurde ein leichtes Nachbeben der Magnitude 2,3 mit einer Intensität von 3 Grad (EMS-98) schwach wahrgenommen.

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Web-Links

Download App „QuakeWatch Austria“:
->Android

->Apple

Aktuelle Erdbeben: www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/aktuelle-erdbeben

Die EMS-98 (Europäische Makroseismische Skala):
www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/lehrmaterialien/faqs-zu-erdbeben/intensitat

Erdbeben-Wahrnehmungsbericht: www.zamg.at/bebenmeldung

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Erdbeben 2022: Epizentralintensität (Maximale Stärke der Fühlbarkeit) der von der Bevölkerung verspürten Beben. Bei Erdbeben mit Epizentrum im Ausland wird die in Österreich maximal erreichte Intensität angegeben. Zusätzlich markieren die grauen Punkte die instrumentell registrierten Beben. (Auswertung bis inkl. 29.12.2022, 9 Uhr). ->volle Auflösung

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Bundeslandvergleich 2022: Die Graphik zeigt, wie viele verspürte Erdbeben sich in den einzelnen Bundesländern und im Ausland im Jahr 2022 ereignet haben. (Auswertung bis inkl. 29.12.2022, 9 Uhr). Quelle ZAMG. ->volle Auflösung

erdbeben-2022_seit-2000_zamg

Gefühlte Beben in Österreich seit 2000: Im Durchschnitt gab es im Zeitraum 2000 bis 2022 in Österreich 53 verspürte Beben pro Jahr. Quelle ZAMG. ->volle Auflösung

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Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
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