Geophysik / News / 2020 relativ viele Erdbeben in Österreich

29.12.2020

2020 relativ viele Erdbeben in Österreich

2020 relativ viele Erdbeben in Österreich

©ZAMG

Im Jahr 2020 wurden mit dem Stationsnetz des Erdbebendienstes der ZAMG weltweit rund 10.800 seismische Ereignisse registriert. 1.465 Erdbeben wurden in Österreich lokalisiert, davon konnten 60 von der Bevölkerung verspürt werden. Außerdem wurden fünf Erdbeben aus den Nachbarländern Italien, Slowenien und Schweiz sowie vier Beben aus Kroatien in Österreich wahrgenommen.

---

ACHTUNG: Die Erdbeben vom 29. und 30. Dezember in Kroatien wurden hier noch nicht berücksichtigt.

---

Im Jahr 2020 waren in Österreich 69 Erdbeben spürbar. „Das ist deutlich mehr als im Durchschnitt. In den letzten zehn Jahren gab es durchschnittlich 57 spürbare Beben pro Jahr in Österreich. In den letzten 20 Jahren waren es durchschnittlich 48", sagt Seismologin Rita Meurers von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Ein Trend zu mehr Erdbeben ist aber nicht zu beobachten. Die Zahl der Beben schwankt von Jahr zu Jahr stark. Zum Beispiel brachten die Jahre 2018 und 2019 relativ wenige spürbare Beben."

Nur leichte Gebäudeschäden

Die in Österreich am stärksten spürbaren Ereignisse des Jahres 2020 waren das Beben am 22. März bei Zagreb (Kroatien) und das Beben am 8. August bei Zams (Tirol). Sie wurden von tausenden Menschen zum Teil kräftig wahrgenommen. Es wurden aber nur leichte Gebäudeschäden gemeldet, wie etwa Verputzrisse. Größere Schäden an Gebäuden gab es in diesem Jahr in Österreich nicht.

Neuer Rekord bei instrumentell gemessenen Beben

Die Zahl aller instrumentell registrierten Erdbeben in Österreich (Summe aus spürbaren und nicht spürbaren Beben) erreichte im Jahr 2020 mit 1.465 einen neuen Rekord. Noch nie zuvor konnten bundesweit so viele Ereignisse vom Erdbebendienst der ZAMG lokalisiert werden. „Der Grund dafür ist neben der heuer etwas höheren Bebentätigkeit auch die ständige Erweiterung und Verdichtung des Erdbebenmessnetzes in Österreich und verstärkte internationale Kooperation, wodurch mehr der sehr schwachen und nicht spürbaren Beben registriert werden", sagt ZAMG-Seismologin Meurers.

Die meisten Erdbeben gab es in Tirol

Wie schon oft in der Vergangenheit gab es auch im Jahr 2020 die meisten gefühlten Erdbeben in Tirol. Heuer fällt die Statistik besonders deutlich aus, da sich 27 Erdbeben in Tirol ereigneten, das ist beinahe die Hälfte aller inländischen Beben. Mit zehn fühlbaren Erdbeben liegt Kärnten an zweiter Stelle und somit deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. In der Steiermark wurden sieben Erdbeben von der Bevölkerung wahrgenommen. Niederösterreich liegt mit nur fünf verspürten Beben unter dem Mittel der letzten Jahre. Ebenfalls fünf spürbare Ereignisse gab es in Vorarlberg. Es folgen Oberösterreich mit vier und Salzburg mit zwei fühlbaren Erdbeben. Aus dem Ausland wurden im vergangenen Jahr neun Beben in Österreich wahrgenommen: drei aus der Schweiz, vier aus Kroatien und jeweils eines aus Slowenien und Italien.

Mehr als 6.000 Wahrnehmungsberichte aus der Bevölkerung

Über das Online-Wahrnehmungsformular der ZAMG ( www.zamg.at/bebenmeldung ) sind im Jahr 2020 mehr als 6.000 Wahrnehmungsberichte eingelangt. Die Daten geben Auskunft über die Stärke der Fühlbarkeit und ermöglichen die Ermittlung des Intensitätsgrades auf der Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98). Sie sind außerdem ein wesentlicher Beitrag zur Bestimmung der Erdbebengefährdung in Österreich. Der Erdbebendienst der ZAMG bedankt sich bei der Bevölkerung für die zahlreichen Meldungen.

Die stärksten Erdbeben in Österreich im Jahr 2020

Information zu den Begriffen Magnitude und Intensität

Die Magnitude ist ein Maß für die im Erdbebenherd freigesetzte Energie. Sie wird aus instrumentellen Aufzeichnungen (Seismogrammen) ermittelt. Die Bestimmung der Magnitude ist unabhängig von Schäden und Fühlbarkeit und geht auf den Amerikanischen Geophysiker Charles Richter zurück.

Die Intensität beschreibt die Auswirkungen eines Bebens an der Erdoberfläche. Die meisten Länder in Europa, einschließlich Österreich, verwenden dafür die 12-stufige Europäische Makroseismische Skala 1998 (EMS-98) ( ->zur EMS-98 ).

Zagreb, 22. März 2020

Am 22. März wurde die kroatische Hauptstadt Zagreb um 06:24 Uhr MEZ von einem schweren Erdbeben der Magnitude 5,4 erschüttert, dessen Epizentrum etwa 7 km nordöstlich der Stadt lag (45,88°N, 16,02°O). Das Beben forderte ein Todesopfer und Dutzende Verletzte. Besonders in der Altstadt gab es schwere Schäden an Gebäuden. Um 07:01 Uhr MEZ folgte ein starkes Nachbeben der Magnitude 5,0 (45,93°N, 15,96°O), das weitere Schäden verursachte. In Österreich konnten beide Beben deutlich von der Bevölkerung wahrgenommen werden. Es sind insgesamt mehr als 1.800 Wahrnehmungsberichte vor allem aus der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland beim Erdbebendienst der ZAMG eingelangt. Deutlich weniger Meldungen kamen aus Tirol, Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich sowie aus Wien. Die Maximalintensität betrug in Österreich 4-5 Grad auf der 12-stufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98). In Einzelfällen wurden Risse im Verputz gemeldet. Das Nachbeben wurde mit maximal 3-4 Grad in Österreich wahrgenommen.

Wildermieming, 14. Mai 2020

In Tirol ereignete sich am 14. Mai um 18:22 Uhr MESZ ein Erdbeben der Magnitude 2,6, dessen Epizentrum bei Wildermieming (47,31°N, 11,00°O) lag. Die Auswirkungen wurden am Mieminger Plateau deutlich verspürt und auch aus Telfs sind zahlreiche Wahrnehmungsberichte eingelangt. Die Intensität erreichte 4 Grad auf der EMS-98.

Bovec, 17. Juli 2020

Am frühen Morgen des 17. Juli wurde um 04:50 Uhr MESZ in großen Teilen Kärntens und vereinzelt auch in Osttirol ein Erdbeben aus Slowenien wahrgenommen. Es ereignete sich bei Bovec (46,32°N, 13,54°O) und hatte eine Magnitude von 4,3. Viele Menschen wurden vor allem in den grenznahen Regionen des Dreiländerecks (etwa im Raum Arnoldstein und Villach) von den deutlich spürbaren Erschütterungen aus dem Schlaf geweckt. Gläser und Geschirr klirrten, Möbel rüttelten. Knapp 500 Online-Wahrnehmungsberichte sind beim Erdbebendienst der ZAMG eingelangt. Die maximale Intensität in Österreich betrug 4 Grad (EMS-98).

Inzing, 29. Juli 2020

Am 29. Juli ereignete sich um 16:24 Uhr MESZ bei Inzing in Tirol (47,28°N, 11,19°O) ein Erdbeben der Magnitude 2,6. Etwa 270 Meldungen sind beim Erdbebendienst der ZAMG zu diesem Beben eingelangt, die meisten aus Seefeld, Inzing und Zirl. Auch zahlreiche Personen im Freien konnten die Erschütterungen deutlich wahrnehmen und ein lautes Grollen hören. Die Intensität betrug maximal 4 Grad (EMS-98).

Zams, 8. August 2020 (stärkstes Beben des Jahres)

Im Tiroler Oberland ereignete sich am 8. August um 21:44 Uhr MESZ das stärkste Erdbeben des Jahres. Das Epizentrum lag 5 km nordöstlich von Zams (47,18°N, 10,65°O), die Magnitude betrug 4,1. Die Erschütterungen wurden besonders in Zams, Schönwies, Fließ, Prutz und Landeck als stark empfunden. Viele Personen erschraken und flüchteten aus den Häusern. Es wurde von umgefallenen Gegenständen und Rissen im Verputz berichtet. Auch in Vorarlberg und im Osten der Schweiz konnte das Beben verspürt werden. Die Epizentralintensität erreichte 5 Grad auf der EMS-98. Beim Erdbebendienst der ZAMG sind 1.860 Wahrnehmungsberichte über das Online-Formular eingegangen.

Am 9. August folgte um 02:50 Uhr MESZ ein kräftiges Nachbeben der Magnitude 3,3, das viele Bewohner aus dem Schlaf weckte. Es wurde in den Orten rund um das Epizentrum bei Zams mit einer Intensität von 4 Grad verspürt. Auch in den Stunden danach wurden weitere Nachbeben wahrgenommen.

Fulpmes, 4. September 2020

Am 4. September wurden um 07:56 Uhr MESZ deutliche Erschütterungen eines Erdbebens der Magnitude 2,8 mit Epizentrum nordöstlich von Fulpmes, Tirol (47,16°N, 11,38°O) von zahlreichen Personen verspürt. Es sind mehr als 200 Meldungen eingegangen, mit deren Hilfe die Epizentralintensität zu 4 Grad auf der EMS-98 bestimmt wurde. Etwa eine Stunde später, um 08:55 Uhr, folgte ein Nachbeben der Magnitude 2,4, das eine Intensität von 3-4 Grad erreichte. Die beiden Erdbeben wurden von einer Serie Dutzender schwacher Ereignisse begleitet, die instrumentell erfasst und lokalisiert werden konnten.

---

Bilder

(bei Nennung der Quelle kostenlos nutzbar)

Erdbeben 2020: Epizentralintensität (Maximale Stärke der Fühlbarkeit) aller von der Bevölkerung verspürten Beben. Bei Erdbeben mit Epizentrum im Ausland wird die in Österreich maximal erreichte Intensität angegeben. Zusätzlich markieren die grauen Punkte die instrumentell registrierten Beben. (Auswertung bis inkl. 28.12.2020). Quelle ZAMG. –>zum Download in voller Auflösung

Bundeslandvergleich: Die Graphik zeigt, wie viele verspürte Erdbeben sich in den einzelnen Bundesländern und im angrenzenden Ausland im Jahr 2020 ereignet haben. (Auswertung bis inkl. 28.12.2020). Quelle ZAMG. –>zum Download in voller Auflösung

Gefühlte Beben in Österreich seit 2000: Im Durchschnitt gab es im Zeitraum 2000 bis 2020 in Österreich 48 spürbare Erdbeben pro Jahr, von 2010 bis 2020 durchschnittlich 57. Der höchste Wert war 2013 mit 71 verspürten Erdbeben, der geringste 2002 mit 13. Quelle ZAMG. –>zum Download in voller Auflösung

---

Web-Links

Aktuelle Erdbeben: www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/aktuelle-erdbeben

Die EMS-98 (Europäische Makroseismische Skala): www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/lehrmaterialien/faqs-zu-erdbeben/intensitat

Erdbeben-Wahrnehmungsbericht: www.zamg.at/bebenmeldung

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

Teaserportlet Bebenkarte groß
Karten und Listen seismischer Aktivität

Aktuelle Erdbeben… mehr  •••

Umfeld eines Stollens © ZAMG
Angewandte Geophysik

Angewandte Geophysik… mehr  •••

Live-Seismogramm
Historische Erdbeben
Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
Magnetik
Willkommen bei der Magnetik der geophysikalischen Abteilung der ZAMG. © ZAMG Geophysik
Conrad Observatorium
Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner