17.05.2013
Transport von Saharastaub zum Sonnblick
Um den 27. April und von 30. April bis 2. Mai wurden von der Technischen Universität Wien am Sonnblick deutlich erhöhte Staubkonzentrationen gemessen (Abbildung 1 links). Der Gehalt der Luft an Staubteilchen mit einem Durchmesser größer als 2,5 µm (1 µm ist ein Millionstel Meter) war an diesen Tagen besonders hoch (blaue Kurve in Abbildung 1 rechts), was ein Hinweis für Saharastaub sein könnte.
Zur Klärung der Ursache der hohen Staubbelastung wurde die Herkunft der Luftmassen mittels operationell berechneter Trajektorien und mit einem „Ausbreitungsmodell“ analysiert.
Trajektorien beschreiben den Weg, den ein Luftteilchen in einem gegebenen Zeitraum zurücklegt. Räumliche und zeitliche Änderungen der Windverhältnisse werden dabei berücksichtigt. Die Berechnungen wurden mit dem Modell FLEXTRA (Stohl, A., 1998: Computation, accuracy and applications of trajectories - a review and bibliography. Atmos. Environ. 32, 947-966), basierend auf den Windfeldern des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) durchgeführt. Im vorliegenden Fall wurde auf diese Weise die Luft am Sonnblick alle 3 Stunden 4 Tage lang zurück verfolgt.
Abbildung 2 zeigt beispielhaft für den 30. April 2013, als ein markanter Anstieg der Staubbelastung beobachtet wurde, einen Transport von Luft aus Nordafrika mit einer starken Strömung aus Süd.
Die Wetterkarte vom 25. April 2013 zeigt schon 5 Tage vor dem neuerlichen Anstieg der Staubbelastung markanten Tiefdruckeinfluss über Nordafrika (Abbildung 3), wodurch offensichtlich Staub bis in große Höhen aufgewirbelt wurde.
Die Berechnungen mit dem Ausbreitungsmodell FLEXPART (Stohl, A., C. Forster, A. Frank, P. Seibert, and G. Wotawa, 2005: Technical note: The Lagrangian particle dispersion model FLEXPART version 6. 2, Atmos. Chem. Phys., 5, 2461– 2474) bestätigen den vermuteten Transport von Saharastaub. Mit diesem Modell wird jeweils nicht nur ein Luftteilchen, sondern eine Vielzahl von Luftteilchen zurückverfolgt. Zudem wird – anders als bei Trajektorien, die nur die Strömungsverhältnisse berücksichtigen – auch der vertikale Luftaustausch z.B. durch Thermik berücksichtigt. Die Verteilung der „Luftteilchen“ 5 Tage vor ihrem Eintreffen am 30. April am Sonnblick, also zeitgleich mit der in Abbildung 3 dargestellten Wetterlage, ist aus Abbildung 4 ersichtlich. Sie bestätigt, dass Luftmassen aus der Sahara, teilweise aus dem Bereich mit Tiefdrucktätigkeit, den Sonnblick erreicht haben.
Der Störungseinfluss über der Sahara hielt noch bis zum 26. April an. An dessen Vorderseite wurde bis Anfang Mai staubreiche Saharaluft in Richtung Alpen geführt. Der Saharastaub machte sich nicht nur am Sonnblick, sondern auch an tiefer gelegenen Regionen bemerkbar: Erhöhte Feinstaubkonzentrationen (PM10 und PM2,5) traten am 26. April sowie zwischen 30. April und 2. Mai großflächig in Österreich auf (http://luft.umweltbundesamt.at/pub/gmap/start.html), unter anderem an den im Mittelgebirge gelegenen Hintergrundmessstellen Vorhegg (Kärnten) und Zöbelboden (Oberösterreich). Der Ferntransport von Saharastaub dürfte wesentliche Beiträge zu den an mehreren Messstellen festgestellten Überschreitungen des PM10-Grenzwerts laut Immissionsschutzgesetz - Luft am 1. und 2. Mai beigesteuert haben.
Die Auswertungen zeigen die große Bedeutung der Messungen am Sonnblick Observatorium für das Verständnis der Schadstoffbelastung auch in tiefer gelegenen Regionen.