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01.10.2021

Wetterlexikon | Südföhn: Warm, trocken, manchmal stürmisch

Im ZAMG Wetterlexikon wird das Wetter in Ihrer Region von Meteorologinnen und Meteorologen der ZAMG erklärt.

Wetterlexikon | Südföhn: Warm, trocken, manchmal stürmisch

MeteoPics/Julian Standler

Warm, trocken und windig. Manchmal aber zu stürmisch: der Südföhn

Autorin: Mag. Claudia Riedl, ZAMG Salzburg

Föhn ist in den Alpen ein häufiges Phänomen. Er entsteht durch die direkte Anströmung eines Hindernisses. Föhn kann somit weltweit auftreten und wird in den Rocky Mountains zum Beispiel „Chinook“ genannt. In unserem Fall werden die Alpen von Süden her von Luft aus dem Mittelmeerraum an- und überströmt. Manchmal kommt die Luft aus noch weiter entfernten Gebieten - aus Nordafrika und dann kann viel Saharastaub dabei sein. Besonders oft tritt Föhn in den Monaten März, April, Mai, Oktober und November in den Talschlüssen in unmittelbarer Nähe zum Alpenhauptkamm auf.

Seichter Föhn

Bei seichtem Föhn, bei dem sich die Föhnströmung bis etwa zum Kammniveau erstreckt, versucht die Atmosphäre den Druckunterschied zwischen der dem Wind zugewandten (Luv) Seite und der dem Wind abgewandten (Lee) Seite auszugleichen, indem sie die Luft durch Einschnitte im Gebirge, wie tiefe Pässe, fließen lässt. Ein sehr bekannter Pass über den Alpenhauptkamm ist hierfür der Brenner in Tirol. Im Wipptal weht der Föhn somit sehr häufig.

Hochreichender Föhn

Bei hochreichendem Föhn erfolgt die Anströmung des Gebirges auch in höheren Luftschichten, also auch mehrere Kilometer über den Gipfeln und Kämmen. Hochreichender Südföhn tritt in Österreich stets im Zusammenhang mit einem ausgeprägten Tiefdruckgebiet auf. An der Vorderseite des Tiefs liegen die Alpen in einer südlichen Anströmung. Luft strömt von Süden her über die Alpen und stürzt in teils stürmischen Böen in die Täler hinab. Vor allem enge Täler können durch kleinräumige Effekte die Windgeschwindigkeit erhöhen. Zudem erwärmt sich die absinkende Luft und in den Föhngebieten stellen sich warme Verhältnisse mit geringer Luftfeuchtigkeit ein.

Abbildung 1 zeigt zur Verdeutlichung die allgemeinen Druckverhältnisse bei einer südlichen Anströmung (weiße Pfeile) der Alpen. Im Luv, also an der italienischen Seite der Alpen, entsteht ein Überdruck. Beim Überströmen des Gebirges nimmt die Windgeschwindigkeit im Lee stark zu. Daher fällt der Luftdruck in Österreich und Bayern. Für Spezialisten: Die Tiefdruckrinne (durch das T in Abbildung 1 gekennzeichnet), die sich an der Alpennordseite bildet, nennt man auch Föhnnase.

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Abbildung 1: Allgemeine Druckverhältnisse bei einer südlichen Anströmung der Alpen. H steht für „hoher Luftdruck“ und T für „tiefer Luftdruck“. Quelle: ZAMG.

Verursacht vom Luftdruckgegensatz - wir erinnern uns, an der Alpensüdseite herrscht hoher Luftdruck (das H in Abbildung 1) und auf der Nordseite tiefer Luftdruck (das T in Abbildung 1) - stellt sich nördlich der Alpen eine Ausgleichsströmung ein: der Südföhn.

Mit Hilfe der Wetterlage vom 1. bis zum 4. Oktober 2020 erklären wir den Südföhn nun genauer

Anfang Oktober 2020 zog ein kräftiges Tief von Irland in Richtung Golf von Biskaya und Frankreich. Die erste wichtige Zutat für hochreichenden Südföhn war also gegeben, wir befanden uns an der Vorderseite eines Tiefs. Dieses Tief baute eine sich intensivierende Südwest- bis Südströmung auf, die über den Alpenbogen strich und die Druckgegensätze zwischen Nord und Süd deutlich verstärkte. Hiermit war also die zweite Zutat für Südföhn gegeben.

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Abbildung 2: Satellitenbild Europas von der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 2020. Neben den Wolken (weiß) sind auch die Luftmassen farblich markiert (gelbe und orange Töne stehen für trockene Luft, blau und lila für feuchte). Zusätzlich ist die Luftdruckverteilung (schwarze Linien) eingezeichnet (Tiefdruckzentren werden hier mit einem L (Low heißt Tief im Englischen) gekennzeichnet). Quelle: EUMeTrain.

Am 3. Oktober 2020 verblieb der Kern des Haupttiefs knapp westlich von Frankreich. In der Höhe hatte sich an dessen Vorderseite eine markante Südwest- bis Südströmung eingestellt. Die orange Farbe über Frankreich in Abbildung 2 zeigt stratosphärische (die Stratosphäre ist die Luftschicht zwischen ca. 12 und 50 km über uns), sehr trockene Luft an. Diese sank aufgrund der Tiefdruckentwicklung weit nach unten. Das war ein Zeichen für sehr starke Tiefdruckentwicklung und Dynamik in der Atmosphäre.

Anhand der Luftdruckverteilung in Abbildung 2 (die schwarzen Linien heißen Isobaren, sind also Linien gleichen Luftdrucks) ist zu sehen, dass die Luftdruckgegensätze zwischen Alpennordseite und Alpensüdseite (abgesehen vom Tiefzentrum) am stärksten sind. Das ist daran zu erkennen, dass die vielen schwarzen Linien dicht nebeneinander sind. Die Isobaren sind hier am stärksten gedrängt. Das heißt: starke Luftdruckunterschiede auf kleinem Raum, was wiederum zu starkem Wind führt.

Das Ende des Föhns: Am 4. Oktober 2020 schwächte sich das Tief ab, die Höhenströmung drehte mehr auf Südwest und die Druckdifferenzen zwischen Nord und Süd über dem Alpenraum bauten sich ab.

So stark kann der Südföhn in Österreich wehen

Südföhn kann nicht nur für warme und trockene Tage im Frühling und Herbst sorgen, sondern auch für Kopfweh und stürmischen Wind. In Abbildung 3 werden von ausgewählten Wetterstationen in allen Höhenlagen exemplarisch die maximalen Temperaturen (Tmax) und Windspitzen (Böe) am 3. Oktober 2020 gezeigt.

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Abbildung 3: Temperaturhöchstwerte (Tmax in °C) und Windspitzen (Böe in km/h) am 3. Oktober 2020 gemessen bei ausgewählten Wetterstationen der ZAMG (Station) und deren Höhenlage (Höhe in Metern). Quelle: ZAMG.

Verbreitet wurde stürmischer Wind gemessen, die Spitzenböen an einigen Stationen erreichten Sturmstärke, auf den Bergen Orkanstärke. Beachtlich waren am 3. Oktober 2020 zum Beispiel die 104 km/h in Saalbach oder die 97 km/h in Abtenau und Golling. Bei Südföhn kann es nicht nur äußerst windig sein, sondern auch sehr warm. In Golling wurde am 3. Oktober 2020 eine Tageshöchsttemperatur von 25,5 °C gemessen.

Auswirkungen von starkem Südföhn in Österreich

Von Vorarlberg bis ins Nordburgenland wurden zahlreiche Bäume umgeworfen, mehrere Straßen mussten gesperrt beziehungsweise freigeräumt werden.

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Vom Föhnsturm gefällte Bäume am 3. Oktober 2020 in Tirol. Quelle: ZOOM.Tirol.

Tirol verzeichnete in der Nacht auf den 3. Oktober den Höhepunkt des Föhnsturms. Mehrere Schäden (umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer) wurden in vielen Regionen gemeldet. Ein umstürzender Baum traf ein Kind, das glücklicherweise nur leicht verletzt ins Krankenhaus musste.

In Salzburg waren über 500 Feuerwehrleute im Einsatz, um die Schäden (entwurzelte Bäume, abgedeckte Häuser) zu beseitigen. Bei Bruck an der Glocknerstraße musste ein umgewehter Sattelschlepper entfernt werden. Auch der Bahnverkehr stand still, zum Beispiel zwischen Eben und Bischofshofen aufgrund umgestürzter Bäume.

In Oberösterreich war lediglich der Süden betroffen, aber auch hier musste die Feuerwehr oft umgestürzte Bäume entfernen. Der Schwerpunkt lag im Inneren Salzkammergut und in der Pyhrnregion.

Die Steiermark wurde vom Föhnsturm in der Obersteiermark am stärksten getroffen. Im Bezirk Liezen mussten zahlreiche Straßen gesperrt werden, Ramsau am Dachstein war auf dem Straßenweg kurzzeitig nicht erreichbar.

In Niederösterreich war das gesamte Bergland durch den starken Föhn betroffen. Tragischerweise ereignete sich nahe Göstling/Ybbs auch ein Todesfall. Auf einem Wanderweg wurde ein Kleinkind von einem umstürzenden Baum getroffen.