05.11.2021
Wetterlexikon | Mittelmeertiefs: Auslöser gewaltiger Niederschlagsmengen
Im ZAMG Wetterlexikon wird das Wetter in Ihrer Region von Meteorologinnen und Meteorologen der ZAMG erklärt.
Mittelmeertiefs: Auslöser gewaltiger Niederschlagsmengen
Autor: Mag. Martin Ortner, ZAMG Klagenfurt
Tiefdruckgebiete über dem Mittelmeer führen vor allem im Süden und Südwesten Österreichs immer wieder zu Extremereignissen. Diese können unter anderem gewaltige Regenmengen bringen - Osttirolern und Kärntnern ist etwa das Starkregen- und Sturmereignis im Oktober 2018 mit enormen Schäden in bleibender Erinnerung. Diese Tiefs sind auch der Grund für die extremsten Starkschneefälle, wie etwa im November 2019, als es in den südwestlichen Landesteilen zu verheerenden Starkniederschlagsereignissen mit enormen Nassschneemengen kam. Nur ein Jahr später, im Winter 2020/21, waren Mittelmeertiefs die Ursache für gewaltige Schneemassen sowie für einige Schneerekorde in Osttirol und Oberkärnten.
Mittelmeertiefs sind zwar hauptsächlich an der Alpensüdseite für die Starkniederschlagsereignisse verantwortlich, bei entsprechender Zugbahn (sogenannten Vb-Wetterlagen, gesprochen: ‚Fünf-B-Wetterlagen, vom römischen ‚V‘ für 5) sind sie aber auch ursächlich an den extremsten, großflächigen Hochwasserereignissen im Osten und Norden Österreichs beteiligt. Beispiele dafür sind die Hochwasser in den Jahren 2002 und 2013.
Aber warum führen Mittelmeertiefs immer wieder zu Wetterextremen? Um dieser Sache auf den Grund zu gehen, schauen wir uns in der Folge Mittelmeertiefs genau an.
Was sind eigentlich Mittelmeertiefs und wie entstehen sie?
Als Mittelmeertief wird ein Tiefdruckgebiet bezeichnet, dessen Zentrum bzw. Tiefdruckkern im Mittelmeerraum liegt. Je nach Lage des Kerns unterscheidet man zwischen dem Genua-, Italien- sowie Adriatief. Mittelmeertiefs entstehen vor allem in der Übergangsjahreszeit Herbst und Frühling sowie im Winter.
Ein Tiefdruckgebiet entsteht, wenn Luft großräumig aufsteigt und es in den bodennahen Schichten dadurch zu einem Abfall des Luftdrucks kommt. Passiert das über dem Mittelmeerraum, handelt es sich um ein Mittelmeertief. Dabei wird durch einen Kaltluftvorstoß über dem Mittelmeer vergleichsweise warme sowie feuchte und somit leichtere Luft zum Aufsteigen gebracht, wodurch sich das Tiefdruckgebiet ausbildet. Das Gebiet mit dem geringsten Luftdruck, der sogenannte Tiefdruckkern, wird bei uns auf der Nordhalbkugel immer im Gegenuhrzeigersinn umströmt. Daher stößt westlich des Tiefdruckkerns bzw. an der Rückseite des Tiefs kalte Luft weiter südwärts vor. An der Vorder- bzw. Ostseite des Tiefs wird wärmere Luft nach Norden geführt, wobei sich diese beim Überströmen der Meeresoberfläche meist stark mit Feuchtigkeit anreichert. An den Alpen staut sich diese vergleichsweise feucht-warme Luft und hat Potential für ergiebige Niederschläge.
Wo wirken sich Mittelmeertiefs hierzulande wie aus?
Im Zuge von Mittelmeertiefs wird meist von Süden her feuchte Luft herangeführt, wodurch es an der Alpensüdseite zu Stauniederschlägen kommt. Mittelmeertiefs sorgen somit typischerweise in Südösterreich, also von Osttirol über Kärnten und weite Teile der Steiermark bis ins Südburgenland für Niederschlag, während es im Norden mit Föhneffekten oft sogar weitgehend trocken bleibt.
Die Wetterscheide ist dabei der Alpenhauptkamm. Beispielsweise ist es keinesfalls ungewöhnlich, dass man mit dem Auto in Osttirol bei Regen in den Felbertauerntunnel einfährt und nach der Ausfahrt im Pinzgau gar keinen Scheibenwischer mehr benötigt.
Bei Mittelmeertiefs kann sich das Wetter jedoch nicht nur von Süd nach Nord, sondern auch von West nach Ost auf kleinem Raum deutlich unterscheiden. So kann es etwa gleichzeitig in Osttirol und Oberkärnten bis in die Täler herab stark schneien, in den Karawanken (im Südosten Kärntens) bis ins Kammniveau hinauf regnen und im Klagenfurter oder Grazer Becken bei frühlingshaften Temperaturen zeitweise sonnig sein. Woran liegt das? Wo im Zuge eines Mittelmeertiefs am meisten Niederschlag fällt, hängt von der genauen Lage sowie der Zugbahn des Tiefdruckgebiets ab.
Genuatief: Liegt der Tiefdruckkern über dem westlichen Mittelmeerraum, genauer gesagt über dem namensgebenden Golf von Genua im nördlichen Teil des Ligurischen Meeres, so spricht man von einem Genuatief (siehe Abbildung 1, links). Bei solch einer Lage liegt der Niederschlagsschwerpunkt typischerweise im Südwesten Österreichs, also in Osttirol und Oberkärnten. Weiter im Osten wird bei diesen Lagen von Süden her normalerweise schon deutlich mildere Luft herangeführt, sodass es im Winter im Westen Kärntens bis in die Täler herab schneien kann, während es im Osten weit hinauf regnet. Beim Genuatief nimmt der Tiefdruckeinfluss nach Osten hin ab, sodass sich der Niederschlag in den östlichen Landesteilen Kärntens oft nur noch auf die südlichsten Gebirgsgruppen, wie etwa die Karawanken beschränkt, während nördlich davon Südföhn für niederschlagsfreies Wetter sorgt.
Italientief: Bei einem Italientief liegt der Tiefdruckkern über dem italienischen Festland (siehe Abbildung 1, in der Mitte). Vor allem wenn das Zentrum des Tiefs über Norditalien liegt, kann es an der gesamten Alpensüdseite von Osttirol bis ins Südburgendland zu ergiebigem Niederschlag kommen. Der Niederschlagsschwerpunkt liegt dabei meist entlang der südlichen Landesgrenze Kärntens, im Bereich der östlichen Karnischen Alpen und Karawanken. Je nach genauer Lage und Zugbahn des Tiefs kann der meiste Niederschlag aber auch in anderen Regionen Südösterreichs fallen. Manchmal liegt der Niederschlagsschwerpunkt etwa auch bei Italientiefs im äußersten Südwesten Österreichs. Das kann dann der Fall sein, wenn die feuchte Mittelmeerluft mit Südostwind nach Osttirol und Oberkärnten geführt wird.
Adriatief: Im Zuge eines Mittelmeertiefs mit Kern über der Adria, einem sogenannten Adriatief (siehe Abbildung 1, rechts), kann es häufig vorkommen, dass im Südwesten nur wenig oder kaum Niederschlag fällt, während es von Unterkärnten über die Steiermark bis ins Südburgenland richtig schüttet oder im Winter stark schneit. Grund dafür ist, dass das Tief über dem Mittelmeer dann so weit im Osten liegt, dass in den südöstlichen Landesteilen mit Wind aus südlicher bis östlicher Richtung feuchte Mittelmeerluft herangeführt wird, während in Osttirol und Oberkärnten die Strömung an der Rückseite des Tiefdruckkerns vermehrt auf Nord dreht und Nordföhneinfluss für weitgehend trockene Verhältnisse sorgt. Ein Adriatief ist aber selbst für die südöstlichen Landesteile kein Garant für ergiebigen Niederschlag. Wird das Tief nämlich rasch nach Südosten auf die Balkanhalbinsel abgedrängt, kann es schon einmal vorkommen, dass der gesamte Süden Österreichs fast leer ausgeht.
Wie Sie sehen, können kleinste Unterschiede hinsichtlich der genauen Lage und Zugbahn des Tiefdruckkerns zu ganz anderen Niederschlagsverteilungen in Südösterreich führen. Das ist der Grund dafür, dass das eine oder andere Mittelmeertief die Vorhersagemodelle und uns Meteorolog:innen lange an der Nase herumführen und somit gelegentlich, trotz der enormen Fortschritte in der Wettervorhersage, noch für eine Überraschung gut sein kann.
Und wie kann es nun sein, dass ein Mittelmeertief in Einzelfällen im Norden sogar mehr Niederschlag bringt als im Süden?
Vb-Wetterlage: Im Zuge einer sogenannten Vb-Wetterlage bzw. Vb-Zugbahn (gesprochen: ‚Fünf-B-Wetterlagen, vom römischen ‚V‘ für 5) verlagert sich ein Tiefdruckkern von Italien nordostwärts und zwar über Ostösterreich und Ungarn nach Polen. Sobald sich der Kern dann im Osten bzw. nordöstlich von Österreich befindet wird durch die Umströmung des Tiefdruckzentrums im Gegenuhrzeigersinn die feuchte und niederschlagsbringende Luftmasse aus dem Mittelmeerraum um die Ostalpen herumgeführt und strömt schließlich von Norden zu den Alpen. Solche Vb-Wetterlagen können in weiten Teilen Österreichs mit Schwerpunkt in den östlichen sowie nördlichen Landesteilen große Niederschlagsmengen bringen. Sie waren auch der Grund für die verheerenden Hochwasser in den Jahren 2002 und 2013. Mittelmeertiefs, die eine Vb-Zugbahn einschlagen, sind hierzulande also unter anderem für extreme Niederschlagsereignisse verantwortlich.
Warum bergen Mittelmeertiefs ein so hohes Risiko für Wettextreme und bei welchen Zugbahnen ist hierzulande das Gefahrenpotential hinsichtlich großflächigem Starkniederschlag am größten?
An der Vorder- bzw. Ostseite eines Mittelmeertiefs wird Luft nach Norden geführt, wobei sich diese beim Überströmen der Meeresoberfläche meist stark mit Feuchtigkeit anreichert. Je mehr Feuchtigkeit eine Luftmasse enthält, umso mehr Niederschlag kann sich beim Anströmen von Gebirgen an diesen sowie an deren windzugewandter Seite ausbilden. Ein wichtiger Grund, warum Mittelmeertiefs hierzulande zu den extremsten Starkniederschlagsereignissen führen, ist also das große Feuchtedargebot im Mittelmeerraum.
Da eine Tiefdruckentwicklung umso stärker ausfällt, je größer die Temperaturgegensätze sind, können Kaltluftvorstöße über dem warmen Mittelmeer zur Bildung besonders kräftiger Tiefdruckgebiete führen. Je ausgeprägter ein Tief ist, desto größer sind auch die Luftdruckgegensätze und umso stärker weht der Wind. Je stärker wiederum der Wind ist, mit dem die feuchte Luft zu einem Gebirge geführt wird, umso mehr Niederschlag kann in weiterer Folge an diesem auf der windzugewandten Seite ausfallen. Das ist ein weiterer Grund, warum Mittelmeertiefs zu besonders intensiven Niederschlägen führen können. Zu guter Letzt verlagern sich Mittelmeertiefs oft nur sehr langsam, wodurch es in Österreich bei entsprechender Zugbahn zu länger anhaltenden Starkniederschlagsereignissen kommen kann.
Mittelmeertiefs, die eine Vb-Zugbahn einschlagen, kommen zwar selten vor, stehen aber in Verbindung mit den extremsten großflächigen Niederschlags- und Hochwasserereignissen in Österreich. So geht aus der Dissertation von Hofstätter (2018) hervor, dass an den 10 extremsten Starkniederschlagsereignissen in Ostösterreich (bzw. in der Region Tschechien/Ostösterreich) im Zeitraum von 1961 bis 2006 in 8 Fällen Vb-Zugbahnen ursächlich beteiligt waren. Als Gründe für das große Hochwasserrisiko werden etwa die im Vergleich zu anderen Wetterlagen im Mittel einen Tag längere Verweildauer des Tiefs über Mitteleuropa sowie die um 40% bis 90% größeren Niederschlagsmengen genannt.
Herausforderung „Vorhersage Mittelmeertief“ – Fallstudien zu Extremereignissen
Soviel zur Theorie, aber was sind die Herausforderungen bei der Vorhersage von Starkniederschlagsereignissen im Zuge eines Mittelmeertiefs in der Praxis? Die Vorhersage, wo sich Mittelmeertiefs im Detail wie auswirken, ist besonders herausfordernd. Wie bereits zuvor beschrieben ist nämlich die genaue Lage sowie Zugbahn entscheidend, wo genau sich die Situation zuspitzen kann. Da sich im Zuge von Tiefdruckentwicklungen und -tätigkeiten über dem Mittelmeerraum durch labile Luftschichtungen, bedingt durch relativ kalte Luft über feucht-warmer Meeresluft, oft Gewitter bilden, werden Vorhersagemodelle und Meteorologen durch deren Eigendynamik und deren im Detail Unberechenbarkeit vor besonders große Herausforderungen gestellt. Ein gutes Beispiel für ein Mittelmeertief mit reger Gewittertätigkeit stellt das Sturmtief VAIA im Oktober 2018 dar (siehe Abschnitt ‚Sturmtief VAIA‘, Abbildung 3).
Hinzu kommt im Zuge von Mittelmeertiefs im Winterhalbjahr, dass die Lage der Schneefallgrenze besonders in den südwestlichen Landesteilen Österreichs räumlich und zeitlich extrem variabel sein kann. Wenn nämlich feucht-warme Mittelmeerluft über inneralpine Kaltluftseen in Osttirol und Oberkärnten strömt, sind kleinste Temperaturunterschiede im Kammniveau entscheidend, ob es bis in das eine oder andere Tal schneit oder weit hinauf regnet. Dabei kann es je nach Windeinfluss innerhalb von nur wenigen Kilometern zu den entscheidenden Temperaturunterschieden kommen. Eindrucksvoll kann das etwa durch das Starkniederschlagsereignis im November 2019 veranschaulicht werden, bei dem die Schneefallgrenze auf kleinem Raum extrem unterschiedlich war (siehe Abschnitt ‘Starkniederschlagsereignis mit enormen Nassschneemengen im November 2019', Abbildung 5 und Abbildung 6). Hinzu kommt noch, dass es umso weiter herab schneien kann, je stärker der Niederschlag ist. Bei eingelagerten Gewittern kann die Niederschlagsintensität natürlich auch von Tal zu Tal sehr unterschiedlich sein. Letztendlich ist auch zu berücksichtigen, dass es bei kleinerem Talvolumen, also in schmalen Tälern, üblicherweise weiter herabschneit als in breiten Tälern und Beckenlagen.
Immer wieder kommt es auch zu einer Häufung bzw. zu einem Aufeinanderfolgen von mehreren Starkniederschlagsereignissen im Zuge von Mittelmeertiefs, wodurch sich eine Krisensituation auch über einen längeren Zeitraum zuspitzen kann. Das kann zu besonderen Herausforderungen im Vorhersage- und Krisenmanagement führen. So müssen in solchen wetterbedingten Krisenfällen neben Meteorolog:innen auch Expert:innen aus anderen Fachbereichen (z.B. Hydrologie, Lawinenkommission, Energieversorgung, Rettungsdienst, Katastrophendienst des Bundesheers) sowie Behörden die Situation oft über einen langen Zeitraum genau beobachten und gut zusammenarbeiten. Eine solche Häufung von Starkniederschlagsereignissen im Zuge von Mittelmeertiefs gab es etwa im Winter 2020/21, in dem es von Anfang Dezember bis in den Jänner hinein in Südwestösterreich immer wieder zu heftigen Schneefällen kam (siehe Abschnitt ‚Starkschneefälle im Zuge von Mittelmeertiefs im Winter 2021/21). Abbildung 8 vermittelt einen Eindruck, welche enormen Schneemassen dabei zusammenkamen.
Sturmtief VAIA – Starkregen und Sturm im Oktober 2018
Am 27. und 28.10.2018 stieß kalte Luft über Westeuropa bis in den westlichen Mittelmeerraum vor, es entwickelte sich ein kräftiges Tiefdruckgebiet, an dessen Vorderseite feucht-warme und labil-geschichtete Luft von Süden her zu den Alpen geführt wurde (vgl. Abbildung 2, links). An der Alpensüdseite führte diese Wetterlage bzw. das Sturmtief VAIA mit Schwerpunkt in Osttirol und Oberkärnten zu extrem starkem Regen mit eingelagerten Gewittern (detektierte Blitze, siehe Abbildung 3).
Nach einer kurzen Wetterberuhigung in der Nacht auf 29.10.2018 kam es am 29.10. im Vorfeld und im Zuge einer von Südwesten aufziehenden Kaltfront (siehe Abbildung 2, rechts) in den südwestlichen Landesteilen Österreichs zu einem zweiten Starkregenereignis mit sehr starken gewittrigen Regenschauern (Hinweis: Kaltfronten aus Südwesten sind äußerst selten, typischerweise ziehen sie aus Nordwesten auf). Dabei wurden neue Niederschlagsrekorde aufgestellt, am Plöckenpass wurden beispielsweise an der Wetterstation des Hydrographischen Dienstes Kärnten unglaubliche 690 Liter pro Quadratmeter in 3 Tagen registriert. Das entspricht einer Menge von 69 vollgefüllten handelsüblichen 10 l Gießkannen, deren Inhalt man auf einer Fläche von 1x1 Meter ausleert. Diese enormen Niederschlagsmengen führten zu großflächigen Überschwemmungen. Hauptbetroffen war das Gailtal, nachdem es zu einem Dammbruch kam (Foto siehe Abbildung 4, links). Die von Südwesten aufziehende Kaltfront ging neben Starkregen zu alledem auch noch mit einem extremen Sturmereignis einher, bei dem in höheren Lagen ganze Wälder „gerodet“ wurden (Foto siehe Abbildung 4, rechts).
Starkniederschlagsereignis mit enormen Nassschneemengen im November 2019
Im November 2019 kam es in Osttirol und Oberkärnten im Zuge von Mittelmeertiefs wiederholt zu Starkniederschlagsereignissen, die vom 15. bis 17.11.2019 mit dem intensivsten Niederschlagsereignis ihren Höhepunkt fanden. Die Schneefallgrenze lag beim ersten Niederschlagsereignis am 03.11.2019 noch im Hochgebirge, ab dem 08.11. handelte es sich in den höheren Tälern oft um Nassschnee und ab dem 12.11.2019 schneite es im Oberen Gail-, Oberen Drau- sowie Oberen Mölltal immer wieder bis in die tiefsten Lagen. Dabei war die Schneefallgrenze zeitlich und räumlich extrem variabel. Während es beispielsweise am 17.11.2019 in Osttirol sowie im Westen Oberkärntens am Vormittag mit dem intensiven Niederschlag teils bis auf unter 700 m herab nass schneite, handelte es sich zur gleichen Zeit nur einige Kilometer weiter ostwärts, am Nassfeldpass in über 1500 m Seehöhe, mit mildem starkem Wind aus südlicher Richtung um Regen (siehe Abbildung 5). Noch einmal etwas weiter östlich auf der Villacher Alpe regnete es zeitgleich teils sogar bis ins Gipfelniveau auf über 2000 m hinauf (siehe Abbildung 6).
Das Starkniederschlagsereignis von 15. bis 17.11.2019 brachte im Südwesten Österreichs mancherorts einen neuen Niederschlagsrekord, wie zum Beispiel im Mölltal in Kärnten. So wurde etwa in Döllach in der über 90 Jahre langen Klimareihe noch nie eine so hohe 3-Tagesniederschlagsmenge registriert. Starkregen und –schneefall hatten katastrophale Auswirkungen: Aufgrund des völlig durchnässten Bodens kam es in Osttirol und Oberkärnten zu einigen Hangrutschungen sowie Murenabgängen und vor allem in den höheren Tälern führte der schwere, nasse Schnee zu massivem Schneebruch (siehe Abbildung 7).
Starkschneefälle im Zuge von Mittelmeertiefs im Winter 2020/21
Von Dezember 2020 bis Jänner 2021 kam es im Zuge von kräftigen Tiefdruckgebieten über dem westlichen Mittelmeer in Südwestösterreich zu mehreren Starkschneefallereignissen. Dabei kamen in Osttirol sowie Oberkärnten enorme Schneemassen zusammen, selbst in den Tälern türmte sich der Schnee vor allem nach Westen zu oft 1,5 bis 2 m hoch auf. So wurde etwa an der Wetterstation der ZAMG in Kornat (990 m) im Oberen Gailtal am 2.1.2021 eine maximale Schneehöhe von 191 cm registriert. Selbst im tiefstgelegenen und am stärksten besiedelten Bereich Osttirols, dem Lienzer Becken, war die Schneedecke zum Teil 1,5 m mächtig.
Das linke Foto in Abbildung 8 zeigt die gewaltigen Schneemassen Anfang Jänner in der Stadt Lienz (673 m). Da in den Tälern ein Teil der Rekordniederschlagsmengen im Dezember als Regen fiel, der von der Schneedecke zusätzlich aufgenommen wurde und den Schnee teils sehr schwer machte, waren die Schneelasten enorm. In Lienz (673 m) kamen beispielsweise etwa 400 kg/m2 zusammen, im Lesachtal (Oberes Gailtal) auf einer Seehöhe um und über 1000 m sogar über 500 kg/m2 und im Bereich des Kartitscher Sattels in knapp über 1500 m Seehöhe beeindruckende 800 kg/m2. Aufgrund der enormen Schneelasten mussten zahlreiche Dächer abgeschöpft werden. Für ein paar Gebäude kam die Schneeräumung der Dächer aber zu spät und sie stürzten unter der enormen Last ein. Auf den Bergen lag eine meterhohe Schneedecke, so manche Hütte versank komplett im Schnee (wie etwa das Hochstadelhaus (1780 m) - siehe rechtes Foto in Abbildung 8).
Literaturverzeichnis: Hofstätter, M. (2018). Atmospheric cyclone tracks and large scale precipation under climate change conditions. Wien: TU Wien - Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie.