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01.06.2017

Winter-Gletscherbilanz: zehn Prozent weniger Schnee

Winter-Gletscherbilanz: zehn Prozent weniger Schnee

©ZAMG

Auf den von der ZAMG vermessenen Gletschern der Sonnblickregion liegt um rund zehn Prozent weniger Schnee als nach einem durchschnittlichen Winter. Im Rahmen der halbjährlichen Gletschermessungen wurde an rund 700 Punkten die Schneehöhe gemessen und in zehn Schneeschächte bis zum Gletschereis die Schneedichte bestimmt.

Das Gletscher- und Schneedeckenmonitoring am Sonnblick und auf der Pasterze ist Teil von Global Cryosphere Watch der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft finanziert.

Die erste Auswertung der sogenannten Winterakkumulation der Gletscher der Sonnblickregion liegen vor, also der gesamten Masse Schnee, die sich im Laufe des vergangenen Winters angesammelt hat. Dafür ermittelten Expertinnen und Experten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Anfang Mai auf den beiden Gletschern am Sonnblick (Kleinfleißkees und Goldbergkees) an rund 700 Punkten mittels Sonde die Schneetiefe und in zehn Schneeschächten die mittlere Schneedichte.

Weniger Masse, aber durchschnittliche Schneehöhen

Aus den gemessenen Werten wurde die Masse der Schneedecke berechnet, die sich im letzten Winter angesammelt hat. Sie beträgt auf dem Goldbergkees durchschnittlich 1570 Kilogramm pro Quadratmeter und am Kleinfleißkees 1210 Kilogramm pro Quadratmeter, das entspricht 1,6 bzw. 1,2 Meter Wassersäule. „Das ist um rund zehn Prozent weniger Masse als im Mittel der letzten Jahre", sagt ZAMG-Gletscherexperte Bernhard Hynek, „die Schneehöhen liegen dagegen näher an den langjährigen Mittelwerten, mit 4,25 Meter am Goldbergkees und 3,25 Meter am Kleinfleißkees. Denn ein großer Teil des Schnees fiel erst im April. Somit ist die Schneedecke noch relativ frisch und noch nicht so dicht gepackt, wie normal im Mai."

Gletscherbilanz Winter 2016/17

Schneemasse (kg/m² = mm Wassersäule)

Schneehöhe

Messung 2017

Mittel (1999-2016)

Messung 2017

Mittel (1999-2016)

Goldbergkees

1570 kg/m²

1710 kg/m²

425 cm

406 cm

Kleinfleißkees

1200 kg/m²

1410 kg/m²

325 cm

354 cm

Winterschneedecke beeinflusst Schmelze im Sommer

Die Dicke der Winterschneedecke hat nur einen geringen Einfluss auf die Änderung der Gesamtmasse der Gletscher in einem Jahr, denn zum Großteil bestimmt die Witterung im Sommer, wie stark ein Gletscher schmilzt. „Trotzdem sind die Messungen im Winter für uns sehr interessant", sagt Glaziologe Hynek, „denn die Verteilung der Schneehöhe am Gletscher bestimmt maßgeblich, an welchen Stellen das Eis im Sommer zuerst ausapert, und dort ergeben sich dann die größten oberflächlichen Massenverluste."

Sonnblick-Gletscher nicht typisch für Österreich

Die österreichweiten Ergebnisse des operationellen Schneedeckenmodells SNOWGRID der ZAMG zeigen jedoch, dass die annähernd durchschnittliche Schneesituation am Hohen Sonnblick nicht repräsentativ für größere Bereiche Österreichs war. Der meteorologische Winter (Dez, Jän, Feb) war extrem trocken, die Niederschläge im April fielen bei relativ hohen Temperaturen und somit im Mittelgebirge oft schon als Regen. Dies führte zu unterdurchschnittlichen Schneeakumulation im hydrologischen Winter (Okt, Nov, Dez, Jän, Feb, März, Apr) in weiten Teilen Österreichs. Die Winterbilanz auf anderen Gletschern in Österreich reicht somit von durchschnittlichen Werten bis Werten um 25 Prozent unter dem langjährigen Mittel (siehe Link unten „Gletschertagebuch").

Live-Bilder von den Gletschern

Den zeitlichen Fortschritt der Aussparung der Gletscher kann man seit kurzem über hochwertige Webcams live mitverfolgen. Vor allem in den Monaten Juli und August schmilzt die Winterschneedecke oft sehr rasch. Die Bilder sind auch ein sehr guter Indikator für die Massenverluste im Sommerhalbjahr. Denn je mehr Schnee schmilzt und je mehr Eisfläche am Gletscher während des Sommers sichtbar wird, desto größer sind die Massenverluste durch Abschmelzung. Derzeit verlieren die von der ZAMG vermessenen Gletscher im Mittel etwas weniger als einen Meter an Eisdicke pro Jahr.

Schneechemie: heuer kein Saharastaub im Gletscherschnee

Einen potentiellen Einfluss auf die Schmelze hat auch Saharastaub auf der Schneedecke, da der dunkle Staub mehr Sonnenlicht aufnimmt und sich die Schneedecke dadurch schneller erwärmt. Im Zuge der Dichtemessungen, bei denen Schneeprofile bis zum Gletschereis gegraben werden, werden oft die rotbraunen bis orange Schichten von Saharastaubereignissen des vergangenen Winters sichtbar. „Im Schneeprofil aus dem Winter 2015/16 waren zwei deutliche Schichten von Saharastaubereignissen im Februar und April 2016 zu erkennen. Diese konnten auch bei der chemischen Untersuchung des Schnees nachgewiesen werden, anhand erhöhter Calciumkonzentrationen und geringer pH-Werte in ebendiesen Schichten", erklärt Marion Greilinger. Sie führt jährlich chemische Analysen des Schnees in einer Kooperation der ZAMG mit dem Institut für chemische Technologien und Analytik der Technischen Universität Wien durch. Im Profil der Schneedecke aus dem Winter 2016/17 waren keine durch Saharastaub gefärbten Schichten zu erkennen.

Wirkung von Saharastaub auf Schmelze schwer abschätzbar

Betrachtet man die gesamte Zeitreihe der chemischen Untersuchungen des Schnees am Goldbergkees seit 1987, so sind in 12 von 31 Jahren Saharastaubschichten optisch erkennbar gewesen. „Sie kommen also immer wieder vor. Aber wie groß ihr Einfluss auf das Abschmelzverhalten der Winterschneedecke wirklich ist, lässt sich leider noch nicht konkret bestimmen", sagt ZAMG-Expertin Greilinger, „da es sich um nur gelegentliche und eher kurz dauernde Ereignisse handelt."

Österreichische Kooperation und internationales Programm

Das laufende Gletscher- und Schneedeckenmonitoring auf den Gletschern des Sonnblicks und der Pasterze ist Teil des Programmes Global Cryosphere Watch der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft finanziert.

Die Messungen der Winterbilanz sind eine langjährige Kooperation der ZAMG mit dem Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), wo die Messungen gleichzeitig als Praktikum für die Studierenden durchgeführt werden.

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Winter-Gletscherbilanz 2017: Darstellung der Messungen (rot: große Schneehöhe, grün: geringe Schneehöhe). Quelle: ZAMG/Land Salzburg. –>Link zum Bild in Originalgröße

 

Messen der Schneedichte in einem vier Meter tiefen Schneeschacht: Bei der Messkampange 2017 fand das Team der ZAMG teils schwierige Bedingungen vor. Quelle ZAMG.
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Neuschneesumme im hydrologischen Winter 2016/17: Während die Schneemengen in einigen Bereichen der Hohen Tauern durchschnittlich waren, waren sie im Großteil Österreichs weit unter dem Durchschnitt. Quelle: ZAMG –>Link zum Bild in Originalgröße

 

Schicht mit Saharastaub: Im Schneeprofil des Winters 2015/16 waren deutlich die Schichten mit Saharastaub erkennbar. In den Schneeprofilen des Winters 2016/17 waren keine sichtbaren Spuren von Wüstensand. Quelle: ZAMG –>Link zum Bild in Originalgröße

 

Zeitreihe: Verlauf der Winterakkmulation (gesamten Masse Schnee, die sich im Laufe des vergangenen Winters angesammelt hat) auf den Gletschern Goldbergkees und Kleinfleißkees. Quelle: ZAMG –>Link zum Bild in Originalgröße

 

Automatische Kameras am Gletscher: Bilder der Ausaperung von Ende August 2016. Von links oben im Uhrzeigersinn: Das Kleinfleißkees, das Goldbergkees mit seinem Gletschersee, die Fleißscharte (Wasserscheide zwischen Goldbergkees und Kleinfleißkees) vom Sonnblick aus gesehen und die Pasterze mit Großglockner. Quelle: ZAMG –>Link zum Bild in Originalgröße

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Web-Links

Webcam Goldbergkees:www.foto-webcam.eu/webcam/goldbergkees

Webcam Kleinfleißkees: www.foto-webcam.eu/webcam/kleinfleisskees

Webcam Sonnblick (mit Blick auf Fleißscharte, die Grenze zwischen Goldbergkees und Kleinfleißkees): www.foto-webcam.eu/webcam/sonnblick

Webcam Pasterze: www.foto-webcam.eu/webcam/freiwandeck

Aktueller Beitrag Gletschertagebuch: http://science.orf.at/stories/2843518

ZAMG Gletscherforschung: www.zamg.at/cms/de/klima/klimaforschung/glaziologie

World Glacier Monitoring Service: www.wgms.ch

Global Cryosphere Watch: www.globalcryospherewatch.org

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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