Klima / News / Bringt der Klimawandel mehr Extremereignisse?

22.05.2012

Bringt der Klimawandel mehr Extremereignisse?

Bringt der Klimawandel mehr Extremereignisse?

© ZAMG

Dazu veröffentlicht heute Dienstag das renommierte Wissenschaftsmagazin „European Physical Journal“ (EPJ-Plus, Verlag Springer) die Ergebnisse dieser Klimastudie der ZAMG.

 

Der Autor der Studie Reinhard Böhm, Klimatologe an der ZAMG: „Unbestritten ist, dass es in den letzten Jahrzehnten wärmer wurde, im Alpenraum sogar stärker als im weltweiten Mittel. Damit werden natürlich auch Hitzewellen häufiger. Wir werden aber oft mit der Frage konfrontiert, ob mit dem Klimawandel auch die Schwankungen insgesamt immer häufiger und stärker werden. Ob sich also immer mehr Hitzewellen, Kältewellen, Trockenperioden und Starkniederschläge aneinanderreihen.“

Überraschende Ergebnisse

Ergebnis Nummer eins: In den letzten 250 Jahren wurden im Alpenraum die saisonalen und jährlichen Schwankungsbreiten heiß-kalt, trocken-feucht nicht stärker und damit nicht extremer. Ergebnis Nummer zwei: Auch die letzten 30 Jahre, die stark durch den Einfluss des Menschen geprägt sind, zeigen im Vergleich zu den Jahrzehnten davor keinen Trend zu mehr Variabilität. Ergebnis Nummer drei: In Langzeitverläufen zeigen sich bei Temperatur, Niederschlag und Luftdruck zwei lange Wellen der Variabilität mit einer Wiederkehrzeit von etwa hundert Jahren. Variabler („verrückter“) war das Klima in der Mitte der beiden vergangenen Jahrhunderte, weniger variabel („ruhiger“) zu Beginn und Ende der Jahrhunderte. Diese langen Wellen lassen sich vorerst nicht erklären. Eine mögliche Ursache sind Wechselwirkungen mit den Ozeanen, die im Klimasystem sozusagen ein Langzeitgedächtnis besitzen.

Reinhard Böhm von der ZAMG: „Die Ergebnisse sind sicher für viele überraschend. Zum Beispiel hört man oft, dass es keine Übergangsjahreszeiten mehr gäbe, und Frühling und Herbst aber auch Sommer und Winter immer mehr durch extreme Kalt-Warm-Schwankungen gezeichnet seien. Unsere Studie zeigt eindeutig, dass das nicht so ist. Im Gegenteil: Die Temperaturschwankungen sind in den letzten Jahrzehnten sogar geringer geworden. Es ist zwar wärmer geworden, aber die Schwankungen haben eindeutig nicht zugenommen.“

Weltweit einzigartiger Datensatz

Basis für die Studie ist ein ungewöhnlich langer und hochwertiger Datensatz (Details dazu auf www.zamg.ac.at/histalp). Er besteht aus Messdaten von 58 Orten im Alpenraum aus den letzten mehr als 200 Jahren. Sie reichen zum Teil bis ins Jahr 1760 zurück. Reinhard Böhm: „Das ist ein weltweit einzigartiger Datensatz. Zum einen deckt er den gesamten Zeitraum des instrumentellen Messens ab. Zum anderen sind in diesen Daten alle Fehler und Inhomogenitäten korrigiert, wie sie zum Beispiel durch Verlegungen von Wetterstationen oder Änderungen von meteorologischen Messsystemen entstehen. Nur so kann Fragen zu Klimaänderungen und Klimaschwankungen wirklich fundiert überprüfen.“

Klimavariabilität Boehm 2012
Veränderungen der Klimavariabilität im südlichen Mitteleuropa in den vergangenen beiden Jahrhunderten

Die Abbildung zeigt im Detail den 90 %-Bereich, innerhalb dessen die einzelnen Jahresmittel (bzw. -summen) in 30-jährigen Subintervallen gelegen sind. Die Subintervalle wurden „übergreifend“ (von Jahr zu Jahr fortschreitend) über die zum Teil bis 1760 zurückreichenden regionalen Zeitreihen berechnet (NW = nordwestlich des Alpenbogens, NE = nordöstlich des Alpenbogens, S = südlich des Alpenbogens).

 

Der besprochene Artikel

Böhm R. (2012): Changes of regional climate variability in central Europe during the past 250 years. The European Physical Journal Plus 127/54, doi:10.1140/epjp/i2012-12054-6 (PDF-Datei; 0,1 MB)

 

Web-Links

Informationsportal Klimawandel der ZAMG

HISTALP-Datensatz der ZAMG (frei zugänglich)

ZAMG auf Facebook: www.facebook.com/zamg.at

Aktuelle Ausgabe des European Physical Journal Plus

© Meteopics P. Schuhbauer
Wettergutachten

Auskunft über vergangenes Wetter… mehr  •••

Gitterdatensätze

Räumliche Daten für Forschung und Planung… mehr  •••

© IG Windkraft Österreich
Windenergiegutachten

Berechnung der erwartbaren Energieproduktion… mehr  •••

Sonnblick-Observatorium
zur Sonnblick-Website (© ZAMG)
Phänologie-PhenoWatch
zum Phänologie-Portal (© ZAMG)
HISTALP
zur HISTALP-Website (© ZAMG)