Stürme
Während die Frequenz der Sturmtage in Europa selbst steigt, gibt es eine generelle Abnahme der Sturmtätigkeit im Mittelmeerraum.
Immer stärker – immer öfter?
Europa wurde besonders in den 1990er-Jahren mehrmals von schweren Stürmen getroffen. Dieses gehäufte Auftreten von Stürmen gab Anlass zur Sorge, ob möglicherweise die global ansteigenden Temperaturen damit in Verbindung stehen und ob als Folge im Klimawandel noch öfter mit extremen Sturmereignissen zu rechnen ist.
Aus den Simulationen von globalen oder regionalen Klimamodellen können mögliche Entwicklungen der Häufigkeit von Stürmen und deren Intensitäten in der Zukunft abgeschätzt werden. Diese Veränderungen können einerseits durch die Verlagerungen der Frontalzone, durch geänderte Häufigkeiten von Tiefdrucksystemen oder durch die Änderung des Energiegehalts von derartigen Systemen verursacht werden. Im Folgenden wird ein Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zu großräumigen Sturmphänomenen gegeben.
Wind und Stürme über Europa
Die mittlere jährliche Windgeschwindigkeit (gemessen in 10 m über Grund) hat in den letzten 30 Jahren um 10 % abgenommen. Gründe dafür sind zu gleichen Teilen eine Zunahme der Oberflächenrauhigkeit (Landnutzungsänderung, nicht urban) sowie eine Änderung der atmosphärischen Zirkulation. Lange Stationsreihen weisen auf eine längerfristige Abnahme seit etwa 1960 hin. Auch die höheren Perzentilen, d. h. die hohen Windgeschwindigkeiten, zeigen diesen abnehmenden Trend.
- Abbildung 1: Beobachtete Trends der bodennahen Windgeschwindigkeit über Europa für 1979-2008 in m/s. Europa-Ausschnitt aus der Originalabbildung von Vautard et.al, 2010.
Gegensätzlich dazu verhält sich die mittlere jährlich Windgeschwindigkeit auf der 850-hPa-Druckfläche (in etwas 1500 m Seehöhe) und darüber in West- und Nordeuropa sowie Nordamerika. Hier zeigt sich aus der Auswertung von Radiosondenaufstiegen eine leichte Zunahme der Windgeschwindigkeiten.
Zukünftige Stürme in Europa
Klimamodelle sind generell in der Lage, die beobachtete Charakteristik der atmosphärischen Zirkulation und die sturmrelevanten Tiefdruckgebiete (Zyklone) über der Region Nordatlantik-Europa gut zu simulieren. Schwächen gibt es eher in der Fähigkeit, Hochdruckwetterlagen (Antizyklone) zu simulieren.
Globale Klimamodelle zeigen für die nächsten Jahrzehnte eine weitere Verlagerung der Zugbahnen der atlantischen Tiefdruckgebiete nach Norden hin (55.–60. Breitengrad). In der Nordhemisphäre zeigt sich eine deutlich reduzierte Anzahl von außertropischen Tiefdruckgebieten. Gleichzeitig nimmt jedoch die Windgeschwindigkeit bei den stärksten Tiefdruckgebieten zu. Die Zunahme wird hauptsächlich durch den höheren Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und die damit verbundene Zunahme verfügbarer Energie begründet.
- Abbildung 2: RCM-Ensemble Mittelwert für das anthropogene Klimasignal des 98-er Perzentils der täglichen maximalen Windgeschwindigkeit im Klimaszenario A1B. Die Stärke der Änderungen ist durch die schwarzen Isolinien dargestellt (Einheit: m/s). Farbige Bereiche kennzeichnen statistische Signifikanz über 0.9 (Student-T-test). Aus Donat M.G., 2010. a) A1B (2021-2050) – 20C b) A1B (2071-2100) – 20C
So genannte Sturmtiefs zeigen allerdings eine verstärkte Häufigkeit an bestimmten Hotspots wie etwa im Bereich des Nordostatlantiks (Abb. 1).
In Europa selbst nimmt – in den Multi-Model-Ensembles von Simulationen mit regionalen Klimamodellen – die Frequenz der Sturmtage um 19 bis 33 % zu, Nordwest- und Westwetterlagen werden häufiger. Vom östlichen Atlantik bis hin zur Nordsee nimmt die Intensität von Sturmtiefs um 10 % zu. Darüber hinaus steigt die Windgeschwindigkeit bei Sturmereignissen in großen Teilen von Mittel- und Nordeuropa um 5 %. Eine generelle Abnahme und Abschwächung der Sturmtätigkeit ist im Mittelmeerraum zu erkennen.
Die volkswirtschaftlichen Schäden sollen bis 2100 in Deutschland im Mittel um 25 % zunehmen (GCM- und RCM-Multi-Model-Ensemble).
Literatur:
Donat M.G. (2010): European wind storms, related loss potentials and changes in multi-model climate simulations. Berlin: Freie Universität Berlin, 175 Seiten, Dissertation (PDF-Datei; 3,9 MB)
Gastineau G., Soden B.J. (2009): Model projected changes in extreme wind events in response to global warming, Geophysical Research Letters 36, doi:10.1029/2009GL037500.
Geophysical Fluid Dynamics Labratory/NOAA: Global Warming and Hurrikanes. An Overview of Current Research Results. http://www.gfdl.noaa.gov/global-warming-and-hurricanes, abgerufen am 10.5.2010
Leckebusch G.C., Ulbrich U. (2004): On the relationship between cyclones and extreme windstorm events over Europe under climate change. Global and Planetary Change 44, 181-193,doi: 10.1016/j.gloplacha.2004.06.011
Knutson T.R. (2008): Global warming and hurricanes. An overview of current research results. NOAA, Geophysical Fluid Dynamics Laboratory. http://www.gfdl.noaa.gov/global-warming-and-hurricanes, abgerufen am 14.12.2011
Vautard et al. (2010): Northern Hemisphere atmospheric stilling partly attributet to an increase in surface roughness. Nature Geoscience 3, 756-761, doi: 10.1038/ngeo979
Sowie Zusammenfassung aus verschiedenen Arbeiten der Autoren Leckebusch U., Donat M.G., Ulbrich U., Pinto J.G.: Veröffentlichungen aus der Arbeitsgruppe "Klimadiagnose und Meteorologische Extremereignisse". Berlin: Freie Universität Berlin, http://www.geo.fu-berlin.de/met/ag/clidia/Publikationen/index.html