12.000 Jahre

Das Holozän zeichnet sich durch sehr stabile Verhältnisse mit geringen Schwankungen der globalen Mitteltemperatur aus.

Die aktuelle Warmzeit

Nach dem letzten Kälterückfall der jüngeren Dryas stellte sich das Klima vor etwa 11.700 Jahren auf warme und ausgesprochen stabile Verhältnisse um. Diese aktuelle Epoche, das Holozän, ist daher für die Einordnung der vom Menschen hauptverursachten Klimaveränderung besonders relevant. Ein Gutteil des Holozäns war etwas wärmer als das 20. Jahrhundert.

Aufgrund seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung wird innerhalb der jüngsten erdgeschichtlichen Periode, dem Quartär (2,588 Ma bis Heute), die derzeitige Warmzeit als eigene Epoche, das Holozän, vom Rest des Pleistozäns abgetrennt. Im Holozän schwankte die globale Mitteltemperatur nur noch um weniger als 1° C, regional sowie in höheren geografischen Breiten auch um einige Grade. Der Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) geht auf Basis aller vorliegenden Belege davon aus, dass vor ca. 6.500 Jahren der wärmste, mehrere Jahrhunderte umfassende, Zeitraum des gesamten Holozäns war. In diesem Zeitabschnitt war die globalen Mitteltemperatur im Durchschnitt wahrscheinlich um 0,2° C – 1,0° C höher als im vorindustriellen Vergleichszeitraum (1850–1900). Danach folgten mehrere von kontinuierlicher Abkühlung geprägte Jahrtausende. Erst ganz am Ende der Zeitachse, im 20. Jahrhundert, erfolgte die Trendwende zu einer Wiedererwärmung, die anthropogen verursacht ist. Die letzte Dekade (2011 – 2020) war wahrscheinlich wärmer als irgendein anderer, allerdings mehrere Jahrhunderte umfassender, Zeitabschnitt im Holozän und wahrscheinlich auch sogar seit mehr als 100.000 Jahren (d.h. seit dem Ende des letzten Interglazials, Abbildung 1).

3-1-7_Abb1
Abb. 1: Verlauf der globalen Mitteltemperatur in drei Zeitabschnitten des Holozäns: (links) 10.000 v. Chr. – 1.000 n. Chr., in Zeitschritten von 100 Jahren („Multi-Proxy“-Rekonstruktion); (Mitte) 1000 – 1900 n. Chr., dekadisch gemittelt („Multi-Proxy“-Rekonstruktion); und (rechts) 1900 – 2020 n. Chr. (Messungen) (Gulev et al. (2021), Fig. 2.11, (a)).

Die äußerst stabile Klimaphase der Gegenwart

Zu Beginn des Holozäns, im Präboreal und Frühholozän, ging der Abbau der laurentidischen und eurasischen Inlandeisschilde äußerst rasch vor sich. Vor rund 6.000 bis 7.000 Jahren waren schließlich die letzten Eisreste im Hudson-Bay-Gebiet und im Norden Fennoskandiens verschwunden. Nur kurz unterbrach eine vergleichsweise geringe Abkühlung vor etwa 8.200 Jahren, ausgelöst durch einen massiven Schmelzwasserabfluss aus Eisstauseen vom Rande des laurentidischen Eisschildes in den Nordatlantik, die Wärme. Insgesamt brachte das Frühholozän um einige Grad wärmere Sommer und strengere Winter. Dies führte in Kombination mit starker Sonneneinstrahlung in den Alpen und in Skandinavien dazu, dass die Gletscherflächen auf eine noch geringere Ausdehnung als heute schrumpften. In Mittel- und Nordeuropa kam es zu einer raschen Bewaldung; die alpine Baumgrenze erreichte Seehöhen, die 200 bis 300 m höher lagen als heute. In Österreich bezeugen z.B. die immer wieder aus der Pasterze ausapernden Baumstämme, dass am Pasterzenboden vor Jahrtausenden ein Wald gewachsen ist.

Vor nur 6.000 Jahren grünt die Sahara

Andernorts hielten Präboreal und Frühholozän einen vorübergehenden Klimaeffekt bereit, der auf Feuchte- und Niederschlagsänderungen beruhte: Das Zusammenspiel von im Norden noch vorhandenen Eiskörpern und einer schnell wechselnden Ozeanzirkulation veränderte das Monsunsystem Nordafrikas und des Nahen Ostens grundlegend. Das ermöglichte vom 11. bis zum 6. Jahrtausend vor heute eine Pflanzendecke in vorher und nachher hochariden Gebieten wie der Sahara. Diese Phase der grünen Sahara belegen neben geophysikalisch erhobenen höheren Seespiegeln in Nordafrika und Blattwachs-Isotopen in marinen Sedimenten auch Felszeichnungen (Abbildung 2).

3-1-7_Abb2
Abb. 2: Die grüne Sahara des Frühholozän, hier gezeigt durch den Wasserstandindex der Seespiegeldatenbank der Universität Oxford (Street-Perrot u.a. 1989, überarbeitet ZAMG).

Bis zum Einsetzen der gegenwärtigen anthropogen verursachten Erwärmung ist jedoch seit rund 5.000 Jahren der langfristige Klimatrend wieder auf leichte Abkühlung eingestellt, die sich in den Alpen durch eine im Durchschnitt erneut größere Vergletscherung bis Mitte des 19. Jahrhunderts auswirkt. Diese Entwicklung ist allerdings durch regional begrenzte Episoden kürzerer, Jahrzehnte bis Jahrhunderte langer Phasen überlagert, wie zuletzt dem mittelalterlichen Optimum oder der Kleinen Eiszeit.

Generell kann das Holozän als äußerst ruhige und für eine Zwischeneiszeit bereits sehr lang andauernde Warmphase innerhalb des quartären Eiszeitalters angesehen werden. Es wird angenommen, dass sich die Entwicklung der Menschheit von der nomadischen Jäger- und Sammlerkultur zur sesshaften Ackerbaukultur nur in einer derartigen langen und ruhigen Klimaphase vollziehen konnte. Das sprunghafte Eiszeitklima hatte lediglich eine nomadische Lebensweise von vergleichsweise sehr wenigen Jägern und Sammlern zugelassen, die so besser auf die fundamentalen Klimaumwälzungen reagieren konnten, dadurch jedoch in ihrer Entwicklung gehemmt gewesen waren.

 

Literatur:

Berger A., Loutre M.F. (1991): Insolation values for the climate of the last 10 million years. Quaternary Science Reviews 10, 297–317, doi:10.1016/0277-3791(91)90033-Q

Bick A. (2006): Die Steinzeit. Stuttgart: Konrad Theiss, 192 Seiten, ISBN 978-3-8062-2589-1

Gulev, S.K., P.W. Thorne, J. Ahn, F.J. Dentener, C.M. Domingues, S. Gerland, D. Gong, D.S. Kaufman, H.C. Nnamchi, J. Quaas, J.A. Rivera, S. Sathyendranath, S.L. Smith, B. Trewin, K. von Schuckmann, and R.S. Vose (2021): Changing State of the Climate System. In Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, pp. 287–422, doi:10.1017/9781009157896.004.

IPCC (2021a): Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, In press, doi:10.1017/9781009157896.

IPCC (2021b): Summary for Policymakers. In: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S. L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M. I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T. K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press. In Press.

Kaufman D., McKay N., Routson C., Erb M., Dätwyler C., Sommer P. S., Heiri O., Davis B.  (2020): Holocene global mean surface temperature, a multi-method reconstruction approach Scientific Data, 7(1), 201, doi: 10.1038/s41597-020-0530-7

Le Roy, M., Ivy-Ochs, S., Nicolussi, K., Monegato, G., Reitner, J. M., Colucci, R. R., Ribolini, A., Spagnolo, M. & Stoffel, M. (2024). Chapter 20: Holocene glacier variations in the Alps. Chapter 20: Holocene glacier variations in the Alps. ln: Palacios, D., Hughes, P.D., Jomelli, V., Tanarro, L. M. (eds) European Glacial Landscapes: The Holocene. 367-418, Elsevier, Amsterdam. https://doi.org/10.1016/B978-0-323-99712-6.00018-0

Mackay A., Battarbee R., Birks J., Oldfield F. (Hg.) (2003): Global change in the Holocene. London: Arnold, 528 Seiten, ISBN 9780340812143

Marcott, S. A., Shakun, J. D., Clark, P. U., and Mix, A. C. (2013): A reconstruction of regional and global temperature for the past 11,300 years. Science, 339 (6124), 1198-1201.

Milanković M. (1941): Kanon der Erdbestrahlung und seine Anwendung auf das Eiszeitenproblem. Belgrad: Académie royale serbe. Editions speziales 132, 633 Seiten

North Greenland Ice Core Project members (2004): High-resolution record of Northern Hemisphere climate extending into the last interglacial period. Nature 431, 147–151, doi:10.1038/nature02805

Osman M. B., J. E. Tierney, J. Zhu, R. Tardif, G. J. Hakim, J. King and C. J. Poulsen (2021): Globally resolved surface temperatures since the Last Glacial Maximum. Nature 599, 239–244. https://doi.org/10.1038/s41586-021-03984-4.

Ruddiman W.F. (2008): Earth’s climate. Past and future. 2. Aufl. New York: Freeman, 465 Seiten, ISBN 978-0-7167-8490-6

Ruddiman W.F. (2010): Plows, plagues & petroleum. How humans took control of climate. Princeton: Princeton University Press, 240 Seiten, ISBN 9780691146348

Schrenk F. (2003): Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens. 4. Aufl. München: Beck, 128 Seiten, ISBN 978-3406480300

Street-Perrot F.A., Marchand D.S., Roberts N., Harrison S.P. (1989): Global lake-level variations from 18.999 to 0 years ago. A paleoclimatic analysis. Washington D.C: US Department of Energy, Projektbericht US DOES/ER/60304-H1 TR046

Tierney J. E., Pausata, F. S. and deMenocal, P. B. (2017): Rainfall regimes of the Green Sahara. Science advances, 3(1), e1601503.

Vinther B.M., Buchardt S.L., Clausen H.B., Dahl-Jensen D., Johnsen S.J., Fisher D.A., Koerner R.M., Raynaud D., Lipenkov V., Andersen K.K., Blunier T., Rasmussen S.O., Steffensen J.P., Svensson A.M. (2009): Holocene thinning of the Greenland ice sheet. Nature 461, 385–388, doi:10.1038/nature08355

Sonnblick-Observatorium
zur Sonnblick-Website (© ZAMG)
Phänologie-PhenoWatch
zum Phänologie-Portal (© ZAMG)
HISTALP
zur HISTALP-Website (© ZAMG)