Stürme

Die Sturmtätigkeit kann aus Luftdruckdaten abgeleitet werden, um so das Auftreten und die Häufigkeit von Stürmen zu analysieren.

Der Mythos der stürmischen Gegenwart

Um 1990 herum im Norden des Europäischen Kontinents und Anfangs des neuen Jahrhunderts (tendenziell eher in Mitteleuropa - Kyrill 2007, Paula 2008, Emma 2008) gaben eine Reihe von Sturmereignissen Anlass zur Sorge, das Sturmklima würde sich aufgrund der steigenden Temperaturen generell turbulenter gestalten. Seither ist die Sturmtätigkeit aber wieder zurückgegangen und um 1900 – also bereits relativ früh nach dem  Einsetzen des vom Menschen verstärkten Treibhauseffekts – waren die Zeiten stürmischer.

Messreihen der Windgeschwindigkeit sind mit großer Vorsicht zu genießen: Die exakte Messung von Böen ist schwierig, lange Zeitreihen sind selten und aufgrund der stark unterschiedlichen räumlichen Ausprägung  von Sturmereignissen (die räumliche Verteilung von Windgeschwindigkeiten eines Sturmereignisses ist in der Regel deutlich von lokalen Effekten geprägt) ist eine Homogenisierung nicht möglich. Erst seit den 1980er-Jahren wird die Windgeschwindigkeit allmählich automatisch registriert, es verwundert also nicht, dass oft von stärksten, je an einer bestimmten Beobachtungsstation gemessenen Windgeschwindigkeiten die Rede ist, – die Messreihen sind noch zu kurz um das Sturmklima von Regionen ausreichend klar abzubilden.

Wind über Umwege aus Luftdruck bestimmt

Um dennoch gültige Aussagen über das Sturmklima einer Region treffen zu können, kann man  weit in die Vergangenheit zurückreichende, in hoher Qualität vorliegende Luftdruckzeitreihen verwenden. Wind und damit auch die Sturmtätigkeit lassen sich nämlich aus räumlichen Luftdruckunterschieden berechnen.

Das überraschende Ergebnis: In drei untersuchten Regionen Europas (Nordwest-, Nord- und Mitteleuropa) gibt es langfristig keinen Trend zu mehr Stürmigkeit (Abb. 1). In Mitteleuropa ist sogar ein Rückgang gegenüber der stürmischeren Zeit um 1900 offensichtlich. In allen drei Regionen war das Sturmklima von den 1920er-Jahren bis in die 1970er-Jahre relativ ruhig. Besonders in Nordeuropa stieg die Sturmtätigkeit danach bis Mitte der 1990er Jahre deutlich an, seither ist sie aber in allen drei Regionen wieder rückläufig.

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Abb. 1: Entwicklung des Sturmklimas (Windgeschwindigkeiten der stärksten Sturmereignisse) über Nordwest- (blau), Nord- (grün) und Mitteleuropa (rot) 1880/81–2001/05. Dargestellt sind geglättete Trends (20-jähriger Gauß’scher Tiefpassfilter) (Matulla u.a. 2008).

Die Stürmigkeit hat langfristig nicht zugenommen

Auch andere Untersuchungen über das Sturmklima über Nordwesteuropa verdeutlichen zwar die hohe Variabilität auf jährlichen und dekadischen (10- bis 50-jährigen) Zeitskalen, zeigen aber keine Zunahme der Stürmigkeit während der letzten 130 Jahre. Die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete über Europa haben sich allerdings weiter nach Norden bzw. Nordosten verlagert.

Für kleinräumige Windböen aufgrund von Gewittern sind für die Vergangenheit in Österreich derzeit keine Studien bekannt. Legt man den Fokus jedoch auf ganz Europa zeigt sich ein deutlicher Anstieg lokaler Windböen.

 

Literatur:

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Matulla, C., Hofstätter, M., Auer, I., Böhm, R., Maugeri, M.,  H. von Storch, Krueger, O. (2012): Storminess in northern Italy and the Adriatic Sea reaching back to 1760, Physics and Chemistry of the Earth 40-41 (2012) 80–85.

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