Hitze

Messdaten zeigen, dass Hitzeperioden häufiger geworden sind. Temperaturschwankungen bleiben konstant.

Hitze wird zum Problem

Das Temperaturklima ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht wechselhafter als am Ende des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich haben allerdings heiße Wetterabschnitte zu- und kalte Episoden abgenommen.

Tägliche Klimareihen liegen in Österreich großteils erst für die Nachkriegszeit vor. Diese wurden homogenisiert. Anhand derart qualitätsgeprüfter Klimareihen von rund 45 österreichischen Stationen wurden verschiedene Extremwertindizes berechnet. Das Ergebnis ist für alle thermischen Extremwerte dasselbe: Der allgemeine Erwärmungstrend der letzten Jahrzehnte führte zu einer Intensivierung warmer Temperaturextreme (tropische Nächte, außergewöhnlich warme Tage und Nächte, Dauer von Wärmeperioden, Jahreshöchsttemperatur), während sich gleichzeitig kalte Extreme (Frosttage, außergewöhnlich kalte Tage und Nächte, Dauer von Kälteepisoden, Jahrestiefsttemperatur) abschwächten. Da die Trends räumlich einheitlich und statistisch signifikant sind, haben wir es tatsächlich mit einer handfesten Aussage zu beobachtetem Extremwertklima zu tun.

Heiße Extreme nehmen markant zu

Abbildung 1 zeigt diese markanten Verschiebungen beispielhaft anhand von drei längeren österreichischen Reihen – schon ab Beginn des 20. Jahrhunderts. Hitzeindikatoren sind oft als Schwellenwerte definiert, was zu einem sprunghaften Ansteigen ihrer Anzahl führen kann. So waren in Wien bis in die 1980er-Jahre durchschnittlich ein bis zwei Tropennächte (mit einer Tiefsttemperatur von 20° C oder mehr) pro Jahr üblich. Ab 1991 musste man aber bereits mit durchschnittlich sechs tropisch warmen Nächten jährlich zurechtkommen, im Sommer 2015 waren es sogar 23. In Innsbruck sind heiße Nächte überhaupt erst seit wenigen Jahren ein Thema. Generell zeigen sich von Jahr zu Jahr starke Schwankungen.

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Abb. 1: Entwicklung der jährlichen Anzahl der Tropennächte (links) und der Tage mit mäßigem Dauerfrost (rechts) in Bregenz (oben), Innsbruck-Universität (Mitte) und Wien-Hohe Warte (unten) 1901/36–2023. Dargestellt sind Jahreswerte (Balken) und Mittelwerte der Zeiträume 1901–1930, 1931–1960, 1961–1990 sowie 1991–2020 (Linien). Fehlende Jahre sind grau hinterlegt (Messdaten der GeoSphere Austria).

 

Gleichzeitig hat sich die Anzahl an Tagen mit mäßigem Dauerfrost (mit einer Höchsttemperatur unter –5° C) markant reduziert: In Wien von durchschnittlich acht Tagen pro Jahr zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf im Mittel zwei Tage im Zeitraum 1991 bis 2020, in Innsbruck von sieben auf einen Tag und in Bregenz von vier auf einen Tag. Im Sommer 2019 wurden in Wien 37 Hitzetage (Tagesmaximum der Lufttemperatur von mindestens 30° C) an der Messstation auf der Hohen Warte verzeichnet (an der Station Wien-Innere Stadt waren es sogar 44 Hitzetage), in Innsbruck 34 und in Bregenz 19. Allerdings weist die Anzahl der Hitzetage von Jahr zu Jahr generell große Schwankungen auf. Die Konsequenzen zunehmender Hitze, die besonders Großstädte betreffen, sind in unseren Breiten wohl jene Folge des Klimawandels mit den größten gesundheitlichen Auswirkungen.

Beständige Schwankungen

Doch wie sieht es mit der Wechselhaftigkeit der Temperatur aus? Schwankt der Temperaturverlauf zwischen warmen und kalten Extremen immer turbulenter? Betrachtet man zunächst Monatsdaten der 20 längsten Temperaturreihen aus dem Alpenraum und berechnet daraus ein Maß für die Variabilität, also die Wechselhaftigkeit des Temperaturklimas, ist dem nicht so: Den langen und qualitätsgeprüften Messdaten zufolge gingen im Alpenraum über die letzten beiden Jahrhunderte entgegen vieler Mutmaßungen die Temperaturschwankungen zurück. Im 19. Jahrhundert war das Klima durchwegs variabler als im 20. Jahrhundert.

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Abb. 2: Entwicklung eines Index der Tag-zu-Tag-Temperaturvariabilität für das Mittel von vier Tieflandstationen (rot) und für den Sonnblick (violett) 1872/87–2010. Dargestellt sind Jahreswerte (dünne Linien) und deren geglättete Trends (dicke Linien, 21-jähriger Gauß'scher Tiefpassfilter) (Hiebl und Hofstätter 2012).

 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass Monatsdaten zwar ausgeprägte Wärme- und Kälteepisoden wiedergeben, aber kurzfristige Schwankungen verschleiern. Daher sind auch kürzere, dafür in höherer Auflösung vorhandene Datensätze für die Klimaforschung von großer Bedeutung. Es kann zum Beispiel aus den Tag-zu-Tag-Schwankungen der Temperatur ein Index berechnet werden um Änderungen in der Variabilität zu untersuchen (Abbildung 2). Dabei zeigt sich, dass in Österreich weder in den Niederungen (Mittel über die Stationen Wien, Kremsmünster, Innsbruck und Graz) noch im Hochgebirge (am Sonnblick-Observatorium) ein langfristiger Trend zu erkennen ist. In Österreich ist also keinen Zusammenhang zwischen der Erhöhung und den Schwankungen der Lufttemperatur zu bemerken. Entgegen der Wahrnehmung vieler Menschen traten die auffälligsten Jahre nicht in der letzten Zeit auf.

 

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