Kryosphäre

Alle gefrorenen Teile der Hydrosphäre – unter anderem Schnee, Meereis, Gletscher, Eisschilde und Permafrost – bilden die Kryosphäre.

Eis und Schnee

Als Kryosphäre bezeichnet man alle gefrorenen Teile der Hydrosphäre: Schnee, Meereis, Gletscher, Eisschilde, Schelfeis, Permafrost, zugefrorene Flüsse und Seen. Für das Klima ist die Kryosphäre speziell wegen ihrer hohen Albedo (Reflektivität) relevant.

Schneekristalle und Eispartikel entstehen zunächst bei der Wolkenbildung in der Atmosphäre. In den mittleren und hohen geografischen Breiten läuft die Niederschlagsbildung meist über die Eisphase, d.h. Wasser verdunstet, Wasserdampf steigt auf, kühlt sich ab, kondensiert (wandelt sich wieder in die flüssige Phase um) und beginnt bei mindestens –12° C zu gefrieren. Sind die Eiskristalle oder Tropfen groß genug und ist die Gravitation stärker als die Auftriebskraft, beginnen sie zu fallen. Die Temperatur beim Fallen der Tropfen entscheidet in weiterer Folge darüber, ob am Boden Schnee oder Regen ankommt. Somit spielt die Lufttemperatur sowohl beim Entstehen als auch später beim Schmelzen der Schneedecke eine entscheidende Rolle. In den Wintermonaten der Nordhemisphäre dehnt sich die Schneedecke über weite Teile der Landoberfläche und der Meereisgebiete nördlich von 30–40° N aus. Auf der Südhalbkugel sind diese Gebiete mit Schneedecke, ebenso wie die Kontinente, weitaus kleiner und fallen weitgehend mit der Meer- und Landeisbedeckung zusammen.

Komponenten der Kryosphäre

Überdauert der Schnee im Hochgebirge oder in den Polargebieten mehr als ein Jahr, sodass Neuschnee auf den Firn der vergangenen Saison fällt, bildet sich unter dem steigenden Druck der Schneemassen allmählich Landeis. Das bei weitem größte Landeisgebiet befindet sich in der Antarktis mit einer Fläche von etwa 13 Mio. km2. Ein Abschmelzen des gesamten in der Antarktis gespeicherten Eises würde theoretisch zu einem Anstieg des Meeresspiegels von ca. 58 m führen. Im Vergleich dazu könnte Grönland mit seinem ca. 1,7 Mio km2 großen Eisschild nur etwa 7.4 m Meeresspiegelanstieg beisteuern. Betrachtet man jedoch die charakteristischen Zeitskalen von Eisschilden (Abb. 1), erkennt man, dass diese nur sehr langsam im Laufe von Jahrhunderten bis Jahrtausenden auf Veränderungen der Umwelt reagieren.

Im Gegensatz zu Eisschilden und Gebirgsletschern, welche durch Niederschlag entstehen, wird Meereis durch das Gefrieren von Meerwasser gebildet. Aufgrund des Salzgehalts des Meerwassers wird der Gefrierpunkt des Wassers auf etwa –1,8° C herabgesetzt. Das Salz selbst wird nicht in das Eiskristallgitter eingebaut und erhöht so den Salzanteil im umgebenden Wasser bzw. sammelt sich in Form von Soletaschen im Eis an.

Dauerhaft gefrorener Boden, sogenannter Permafrost, bildet sich in Regionen, in denen die mittlere Temperatur über mehrere Jahre hinweg unter 0° C liegt. Große Permafrostgebiete befinden sich in den Tundren und borealen Zonen Nordamerikas und Eurasiens, aber auch in Hochgebirgsregionen der Alpen und des Himalayas.

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Abb. 1: Komponenten der Kryosphäre und ihre Zeitskalen (Lemke u.a. 2007, Fig. 4.1 (unten), bearb.).

Schnee und Eis reflektieren und isolieren

Für das Klima unseres Planeten sind Schnee und Eis wegen ihrer hohen Albedo relevant. Große Anteile der einfallenden Sonnenstrahlung werden nämlich von den schnee- und eisbedeckten Fläche der hohen Breiten ins Weltall zurückreflektiert und erklären so die niedrigen Temperaturen sowie die starken jahreszeitlichen Temperaturschwankungen in diesen Gebieten. Dabei ist ein positiver Rückkopplungseffekt wirksam, da eine größere Ausdehnung der Schneedecke mehr Sonnenstrahlung reflektiert und sich die Luft weniger erwärmt, was wiederum weitere Schneefälle und eine Ausdehnung der Schneedecke begünstigen kann.

Eine weitere wichtige Eigenschaft von Schnee und Eis ist deren hohe Isolationswirkung. Bei Schnee wirkt sich das speziell auf den Frostschutz für Pflanzen aus. Die gut isolierende Schneedecke schützt den Boden vor dem Abstrahlen der Bodenwärme. Ähnlich wie die Schneedecke verhindert auch das Meereis beinahe vollständig den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre.

 

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