Plattentektonik

Wandernde Kontinente steuern das Klima

Im Zeitmaßstab von hunderten Millionen von Jahren wird das Erdklima neben der langsam intensiver werdenden Sonne von der Plattentektonik gesteuert. Außerdem wirken auf dieser klimageschichtlichen Skala Faktoren, die den CO2-Gehalt der Atmosphäre regulieren: Gebirgsbildung, Verwitterung, Vulkanismus und die Eroberung der Kontinente durch die Pflanzendecke.

Den wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Klimaänderungen auf der langen Zeitskala lieferte Alfred Wegener mit seiner Theorie der Kontinentalverschiebung, die erst nach seinem Tod durch systematische Messfahrten geophysikalischer Forschungsschiffe in den 1960er-Jahren endgültig bestätigt wurde. Wegener hatte postuliert, dass die Kontinente nicht starr auf der Erdkruste verankert seien, sondern sich im Lauf von Jahrmillionen bewegten. Er konnte allerdings den Grund dafür nicht angeben. Erst die ozeanografischen Vermessungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts machten klar, dass die mittelozeanischen Rücken so etwas wie Quellgebiete für aus dem Erdinneren auftauchende flüssige Gesteinsmassen sind. Von ihnen ausgehend werden die Ozeanböden immer breiter, sie liefern damit den Antrieb für die Bewegungen der Kontinente liefern. Diesen theoretischen Unterbau nennt man heute Plattentektonik.

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Abb. 1: Die Drift der Kontinente von 600 Mio. Jahren vor heute bis zum derzeitigen Zustand (Blakey 2011).

Tropische Pflanzen auf Spitzbergen, Inlandeis in der Sahara

Es waren regionale Zeugnisse vergangener Klimazustände wie tropische jurassische Pflanzenfossilien aus Spitzbergen, geologische Spuren von Inlandvereisungen mitten in der Sahara und Kohlevorkommen in der Antarktis, die dem Meteorologen Alfred Wegener Argumente für seine Kontinentalverschiebungstheorie geliefert hatten – nicht nur die oft zitierte passgetreue Form der Küstenlinien Südamerikas und Afrikas.

Grundlegende Veränderungen der Land-Meer-Verteilung auf dem Globus, wie sie in Abb. 1 für beispielhafte Zeitpunkte der Erdgeschichte dargestellt sind, wirken in mehrfacher Art auf das Erdklima:

  • Natürlich ist es für eine Region bedeutsam, auf welchem „Paläobreitengrad“ sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt der Erdgeschichte gerade befunden hat. In dieser Hinsicht ist die im geologischen Maßstab rasante Fahrt des indischen Subkontinents von hohen südlichen Breiten in der Nähe der Antarktis über den Äquator hinweg bis zu seiner heutigen Position auf der Nordhalbkugel ein beeindruckendes Beispiel.
  • Ob eine Region sich in der Nähe eines großen Ozeans befindet, ist ebenfalls klimarelevant. So lag die Position der heutigen Küstenstädte Rio de Janeiro oder Buenos Aires, früher im Zentrum von Superkontinenten wie Pangaea oder Gondwana. Da kann aus einem maritimen, feuchten Klima trockenes Wüstenklima werden, ohne dass sich an der geografischen Breite wesentliches ändert.
  • Es kommt in der Erdgeschichte – so auch heute – vor, dass sich Landmassen von kontinentalem Ausmaß in der Nähe der Polargebiete befinden. Erst dadurch ist die Voraussetzung für das Einschalten der positiven Eis-Albedo-Rückkopplung gegeben, die eine der Voraussetzungen für das Entstehen von Eiszeiten darstellt.
  • Auch die von der Form der Kontinente beeinflussten Meeresströmungen wirken sich aus. Ein beinahe kreisförmiger Kontinent auf einem Pol, der völlig von Ozeanen umgeben ist – wie die Antarktis heute – wird infolge der Erddrehung durch polumkreisende (zirkumpolare) Meeres- und Luftströmungen stärker von den wärmeren Gebieten der Erde abgeschlossen als im Fall von Landbrücken, die die Ozeanströmungen in nord-südliche Richtung ablenken. So vereiste die Antarktis erst zur Gänze, als sich vor etwa 20 bis 25 Mio. Jahren die Südspitze Südamerikas von der Antarktischen Halbinsel trennte und somit kein Hindernis mehr die Meeres- und Luftzirkulation rund um den Südkontinent unterbrach. Der Golfstrom, der Westeuropas Klima mild macht, wurde erst zu dem heutigen Wärmetransportband, als vor wenigen Millionen Jahren die neue Landbrücke Mittelamerikas den Golf von Mexiko endgültig vom Pazifik trennte.

Klimavorhersage für 50 Mio. Jahre nach heute

Auf den ersten Grund paradox, auf den zweiten Blick plausibel: Trotz der zurzeit noch recht unsicheren Vorhersehbarkeit des Klimas für die kommenden hundert Jahre ist ein gar nicht so schlecht abgesicherter Blick wesentlich weiter in die Zukunft durchaus machbar. Anders als die natürlichen Klimaantriebe auf der kurz- bis mittelfristigen Zeitskala – solaren und vulkanischen Antrieb können Astro- und Geophysik noch nicht vorhersagen – ist die künftige Weiterentwicklung der Plattentektonik durchaus abschätzbar.

Die Karte der Erde 50 Mio. Jahre nach heute (Abb. 2) zeigt erstaunliche Veränderungen, von denen für das Klima Mitteleuropas vor allem zwei Tatsachen wichtig sind: Einerseits wird Mitteleuropa ein gutes Stück weiter nach Nordosten gewandert sein. Anderseits wird Afrika das Mittelmeer, das Rote Meer und den Persischen Golf zugequetscht und dabei ein hohes Riesengebirge kontinentalen Ausmaßes hochgefaltet haben, dessen westlichster Teil die Alpen von der Höhe des heutigen Himalaya sein werden. Die Klimaprognose für „Österreich“ für diese Zeit lautet also in etwa so: kälter, trockener, kontinentaler und alpiner.

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Abb. 2: Eine Extrapolation der Lage und Größe der Kontinente und Ozeane in die Zeit um 50 Mio. Jahre nach heute (McKirdy, Gordon und Crofts 2007).

 

Literatur:

Blakey R.: Library of paleogeography. http://cpgeosystems.com/paleomaps.html, abgerufen am 01.08.2011

McKirdy A., Gordon J. und Crofts R. (2007): Land of mountain and flood. The geology and landforms of Scotland. Edinburgh: Birlinn, 320 Seiten, ISBN 9781841586267

Nield T. (2008): Superkontinent. München: Kunstmann, 287 Seiten, ISBN 978-3-88897-526-4

Reinke-Kunze C. (1994): Alfred Wegener, Polarforscher und Entdecker der Kontinentaldrift. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser, 188 Seiten, ISBN 978-3764329464

Wegener A. (1915): Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. 4. Aufl. (2005). Stuttgart: Bornträger, 481 Seiten, ISBN 978-3443010560

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