Astronomische Zyklen

In Jahrhunderttausenden wirken Zyklen der Erdbahn, die auf verstärkende Prozesse angewiesen sind, um klimaeffektiv zu werden.

Schwankungen in der Umlaufbahn der Erde

Die Schwankungen in der Erdumlaufbahn um die Sonne treten zyklisch auf. Sie verändern an sich nichts an der über das Jahr und über alle geografischen Breiten gemittelten Sonneneinstrahlung. In Kombination mit positiven Rückkopplungen können sie allerdings massive globale Klimaschwankungen anstoßen, die seit einigen Jahrhunderttausenden als Kalt- und Warmzeiten das globale Klima regieren.

Da es sich um mehrere Pendelungen der Kenngrößen der Erdbahn (der Erdbahnparameter) handelt, ist ihr Summeneffekt auf die Einstrahlung nicht leicht zu durchschauen. Daher werden die drei wichtigsten Zyklen zunächst getrennt behandelt.

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Abb. 1: Schematische Darstellung der Erdbahnparameter. a. Neigung der Erdachse (obliquity), b und c. Exzentrizität der Erdbahn (excentricity), d. Präzession der Erdachse (axial precession) (NASA 2010).

Neigung der Erdachse – 41.000-jähriger Zyklus

Die Erdachse steht nicht senkrecht zur Bahnebene der Erde um die Sonne, sondern leicht geneigt dazu. Diese Neigung (Abb. 1a) ist jedoch langfristigen regelmäßigen Veränderungen unterworfen: Sie richtet sich zeitweise steiler auf und stellt sich zeitweise schräger. Derzeit beträgt die Neigung der Erdachse, die die jahreszeitlichen Unterschiede der Tageslängen bestimmt, 23,5°. Das ist sie jedoch nur alle 20.500 Jahre der Fall. Dazwischen wird sie alle 41.000 Jahre einmal mit einer Neigung von bis zu 24,5° noch schräger, im anderen Extremfall mit einer Neigung von nur noch 22° am verhältnismäßig aufrechtesten (Abb. 2 oben).

Exzentrizität der Erdbahn – 100.000- und 400.000-jährige Zyklen

Eine andere Schwankung betrifft den im Lauf des Jahres nicht konstanten Abstand der Erde von der Sonne (Abb. 1b und 1c). Die Erdbahn ist streng genommen kein Kreis, sondern eine Ellipse. Derzeit beträgt der Abstand im sonnennächsten Punkt (Perihel) 147 Mio. km und im sonnenfernsten Punkt (Aphel) 152 Mio. km. Diese Exzentrizität der Ellipse, wie die Abweichung von der Kreisform genannt wird, verändert sich mit der Zeit. Im Augenblick ist sie schwach. Dass der Winter auf der Nordhalbkugel sonnennäher ist als der Nordsommer, macht sich aber klimatisch bemerkbar. Die Änderungen der Ellipsenform erfolgen nach einer komplizierten Überlagerung von vier Zyklen. Dominant sind eine Schwankung mit einer Periode von 100.000 Jahren und eine zweite Schwankung mit einer von 413.000 Jahren (Abb. 2 Mitte).

Präzession der Äquinoktien – 23.000-jähriger Zyklus

Weiter verkompliziert wird die Sache dadurch, dass auch die Lage des Sommers und des Winters auf der Ellipse wandert (Abb. 1d und Abb. 2). Vor 11.500 Jahren war es im Vergleich zu heute genau umgekehrt, damals war der Nordsommer der Sonne näher als der Nordwinter. Die dominante Periode dieser jahreszeitlichen Wanderung des Perihels beträgt 23.000 Jahre (Abb. 2 unten). Diese Perihelwanderung (Präzession der Äquinoktien) ist eine Folge der Präzessionsbewegung der rotierenden Erde, und zwar eine Kombination aus der Präzession sowohl der Erdachse als auch der elliptischen Erdbahn. Die Präzession der Erdachse wird durch die Gravitationskräfte von Sonne und Mond auf die nicht perfekte Kugelgestalt der Erde und von der geneigten Erdachse hervorgerufen. Die Präzession der elliptischen Erdbahn (Periheldrehung) ist eine Folge der Gravitationskräfte der anderen Planeten im Sonnensystem.

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Abb. 2: Periodizität und Amplitude der Erdbahnparameter, Neigung der Erdachse (oben), Exzentrizität der Erdbahn (Mitte) und Präzession der Erdachse (unten) (Böhm 2010, bearbeitet).

Die Summe aller astronomischen Klimaantriebe

Eine Gleichzeitigkeit von starker Exzentrizität, starker Achsenneigung und einer Sonnennähe im Nordsommer ergibt beispielsweise eine besonders starke sommerliche Einstrahlung in den klimaempfindlichen hohen Breiten der Nordhalbkugel. Genau dort befinden sich die großen Landmassen Sibiriens und Kanadas. Somit kann dort die positive Eis-Albedo-Rückkopplung wirksamer werden.

Abbildung 3 zeigt eine Gesamtberechnung aller astronomischen Klimaantriebe für die Sommer in der sensitiven Zone um 65° nördlicher Breite. Für diese geografische Breite hat bereits 1920 Milutin Milanković, der erstmalige Beschreiber der astromonischen Klimaantriebe, seine händischen Berechnungen durchgeführt. In den 1980er-Jahren hat eine Gruppe an der Université catholique de Louvain das dann für sämtliche Längen- und Breitengrade durchgeführt.

2-2-3_3_Erdbahnparameter_Summe
Abb. 3: Oben: Aus der Summe der Zyklen der astronomischen Erdbahnparameter resultierende Schwankungen der Sonneneinstrahlung für 65° nördlicher Breite in der letzten Jahrmillion. Die Pfeile zeigen auf die Einstrahlungshöhepunkte der letzten drei Warmzeiten und des frühholozänen Maximums (FHM). Unten: Vergrößerung der letzten 50.000 Jahre mit dem Übergang von der letzten Kaltzeit zur derzeitigen Warmzeit, die vom Strahlungsantrieb her ihr Maximum bereits überschritten hat (Berger 1991).

Milanković erklärt den Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten

Der Verlauf der Milanković-Zyklen zeigt, dass vor allem die letzten vier Warmzeiten (umgangssprachlich Zwischeneiszeiten) durch markante nordsommerliche Einstrahlungsmaxima gekennzeichnet waren. Der vergrößerte Zeitabschnitt der letzten 50.000 Jahre macht, ausgehend vom Höhepunkt der letzten Kaltzeit (Eiszeit), den Übergang zur heutigen Warmzeit plausibel. Vor allem im oberen Teil von Abbildung 3 wird jedoch deutlich, dass auch die kürzeren Perioden von 41.000 und 23.000 Jahren deutlich hervortreten. Warum der Rhythmus der großen Inlandvereisungen Kanadas und Eurasiens einschließlich der Alpen vor allem im 100.000-Jahresabstand schlagend wird, ist wissenschaftlich noch nicht ganz verstanden. Ebenso ist nicht wirklich geklärt, warum sich das Klima in den letzten Jahrtausenden nicht bereits wieder stärker abgekühlt hat, wie es den Erdbahnparametern zufolge eigentlich zu erwarten gewesen wäre.

Die nächste Kaltzeit kommt bestimmt

Im Unterschied zu anderen Klimaantrieben kann bei den astronomischen Bahnparametern eine zuverlässige Klimaprognose über Jahrtausende hinweg berechnet werden. Das Erdklima ist jedenfalls auf eine allmähliche Abkühlung eingestellt, die aber – hier macht sich der 400.000-Jahreszyklus bemerkbar – wesentlich schwächer ausfallen wird als die letzten vier Kaltphasen. Man erwartet daher eine länger andauernde Warmzeit ähnlich der vor rund 400.000 Jahren. Auch der 100.000-Jahres-Zyklus wird gegenüber den 23.000- und 41.000-Jahresperioden der Präzession und der Neigung der Erdachse ein wenig in den Hintergrund treten. Für Klimaschwankungen über Jahrzehnte bis Jahrhunderte sind die astronomischen Schwankungen unbedeutend.

 

Literatur:

Berger A., Loutre M.F. (1991): Insolation values for the climate of the last 10 million years. Quaternary Science Reviews 10, 297-317, doi: 10.1016(0277-3791(91)90033-Q

Böhm R. (2010): Heiße Luft – nach Kopenhagen. Reizwort Klimawandel. Fakten – Ängste – Geschäfte. 2. Aufl. Wien, Klosterneuburg: Edition Va Bene, 280 Seiten, ISBN 978-3851672435

Milanković M. (1941): Kanon der Erdbestrahlung und seine Anwendung auf das Eiszeitenproblem. Belgrad: Académie royale serbe, 633 Seiten (= Editions speziales 132)

NASA Earth Observatory: Orbital variations. http://earthobservatory.nasa.gov/Features/Milankovitch/milankovitch_2.php, abgerufen am 13.1.2011

Ruddiman W.F. (2008): Earth's Climate Past and Future. 2. Aufl. New York, Houndmills (Basingstoke, England), 388 Seiten.

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