Messnetze Österreich

Kluge Weichenstellungen vergangener Jahrhunderte

Klimatologische Messnetze gewährleisten die standardisierte, kontinuierliche Erfassung des atmosphärischen Zustandes. Erst die Tatsache der Kontinuität erlaubt es, Klimaänderungen zu berechnen und zu analysieren. Österreich war oftmals internationaler Vorreiter beim Aufbau klimatologischer Messungen.

Schon um 1660 sollen in Innsbruck im Rahmen des experimentellen italienischen Messnetzes Accademia del Cimento für einige Jahre nicht erhaltene Klimamessungen durchgeführt worden sein. Ebenfalls noch verschollen sind die Aufzeichnungen des Jesuitenkollegiums in Wien von 1734–73.

Die älteste, ununterbrochene Klimamessreihe Österreichs

Lohnender waren die Messungen des Benediktinermönches Plazidus Fixlmillner im oberösterreichischen Kremsmünster, dessen Wetterchronik den Anfang der längsten erhaltenen österreichischen Temperaturreihe ab 1767 bildet (Abb. 1 links). Die seit 1775 erhaltene Wiener Temperaturreihe wurde an der Universität eingerichtet. Franz Zallinger, Universitätsprofessor für Physik und Mathematik in Innsbruck, begründete 1777 die dortige Reihe. Diese drei Stationen waren in das internationale Messnetz der Societas Meteorologica Palatina, auch Mannheimer Meteorologische Gesellschaft genannt, eingebunden. Die Gesellschaft sorgte für eine internationale Standardisierung der meteorologischen Messpraxis und publizierte die gesammelten Ergebnisse in den so genannten Ephemeriden, welche von 1783–95 erschienen (Abb. 2).

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Abb. 1: Links: Der Standort der Kremsmünsterer Klimabeobachtung, der „mathematische Turm“, in einer Darstellung aus dem Jahr 1891 (Auer u.a. 2001). Rechts: Das Hann-Haus auf der Hohen Warte in Wien, seit 1872 Sitz der ZAMG (ZAMG).

Der älteste eigenständige Wetterdienst der Welt

Im Jahr 1848 begann Karl Kreil, damals Direktor der Sternwarte in Prag, mit der Errichtung des österreichischen Beobachtungsnetzes. 1851 konnte er die offizielle Gründung der k.k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus (ab 1904 Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, ZAMG), des ersten eigenständigen Wetterdiensts der Welt, erreichen (Abb. 1 rechts). In der Folge wuchs das Stationsnetz rasch an, von mehr als 20 Beobachtungsstationen mit Ende des Jahres 1852 auf mehr als 200 Stationen im Jahr 1896 (bezogen auf das heutige Bundesgebiet). Verheerende Auswirkungen auf die Dichte des Stationsnetzes hatten die beiden Weltkriege. Nach der Übermittlung der originalen Klimabögen an den Deutschen Reichswetterdienst in Berlin im Jahr 1944 wurden alle Klimabögen im Bombenhagel auf die Stadt unwiederbringlich zerstört. Angesichts dieser Tatsache beginnen fast alle täglichen Aufzeichnungen erst im Jahr 1948. Schon bald nahm die Zahl der meteorologischen Stationen in Österreich wieder zu. Seit den 1980er-Jahren wurden die herkömmlichen, manuellen Wetterstationen schrittweise durch (teil)automatische Stationen ersetzt. Durch den in der Übergangszeit erforderlichen Parallelbetrieb gipfelte die Anzahl im Jahr 1994 mit 308 Stationen.

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Abb. 2: Titelblatt der Ephemeriden 1793 (links) und Messungen von Luftdruck und Temperatur (rechts) an der Universitätssternwarte in Wien, durchgeführt vom 16. Oktober bis zum 16. November 1768, jeweils morgens (mane) und abends (vesp.) (Müller I., Institut für Astronomie, Universität Wien, persönliche Mitteilung).

Von der händischen zur automatischen Messung

Heute umfasst das Stationsnetz der ZAMG etwa 250 Stationen, die die meisten meteorologischen Größen automatisch in hoher zeitlicher Auflösung erfassen. Die Daten werden online an die Zentrale übertragen und in Datenbanken abgespeichert. Dadurch wächst die Zahl der für die Klimaforschung bereitstehenden Daten stündlich. Zusätzlich vermehren „Data Rescue“ -Aktivitäten die Möglichkeiten, das Klima der Vergangenheit und seine Variabilität zu studieren. Darunter versteht man die Sicherung von Klimadaten, die in Papierform in Archiven ruhen, auf elektronischen Medien.

Meist sind die rohen Klimaaufzeichnungen nicht sogleich für die Analyse von Klimaänderungen, Trends und Extremwerte geeignet. Messfehler, Lücken und Inhomogenitäten stören die Messreihen. Es ist höchstes Gebot, nur qualitätsgeprüfte Klimareihen für die Klimaforschung zu verwenden.

 

Literatur:

Auer I., Böhm R., Schöner W. (2001): Austrian long-term climate 1767–2000. Multiple instrumental climate time series from Central Europe. Österreichische Beiträge zu Meteorologie und Geophysik 25. Wien: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, doi:10.1002/joc.754

Tan L.S., Burton S., Crouthamel R., van Engelen A., Hutchinson R., Nicodemus L., Peterson T.C., Rahimzadeh F. (2004): Guidelines on Climate Data Rescue. WMO/TD No. 1210, 11 Seiten (PDF-Datei; 1,9 MB)

von Rudloff H. (1967): Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Europa seit dem Beginn der regelmäßigen Instrumentenbeobachtungen (1670). Braunschweig: Vieweg Verlag, 370 Seiten

WMO (2010): Data Rescue (DARE) Project. http://www.wmo.int/pages/prog/wcp/wcdmp/dare/index_en.html, abgerufen am 2.7.2010

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