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17.05.2021

Geophysikalische Messungen "Unter Gusen"

Geophysikalische Messungen "Unter Gusen"

Messung in Gusen

 

Im Jahr 2019 lief im ZDF eine Dokumentation, die behauptete, dass sich südlich vom bekannten Konzentrationslager ein weiterer unterirdischer Lagerteil befinden könnte. Dieser These gingen zwei Journalisten der ehemaligen Rechercheplattform Addendum nach. Sie beauftragten die Fachabteilung Angewandte Geophysik 2020 mit der Untersuchung einer, durch Luftbilder aus dem Jahre 1945, bekannten Fläche, die mögliche Schachtstrukturen, Splitterschutzgräben, sowie ein Wasser-Pumphaus mit Brunnen zeigt.

Durch die Bodenuntersuchung sollte geklärt werden, ob diese Schachtstrukturen / Aushübe tiefer in den Untergrund reichen, denn die ZDF-Dokumentation vermutete unter diesen vermeintlichen Lüftungsschächten eine unterirdische Anlage. So wurde im November 2020 und März 2021 auf einem ca. 8 - 10 m breiten Streifen rund um genau diese Auffälligkeiten flächig mittels Magnetik und Georadar, sowie linienhaft darüber mittels Geoelektrik und Seismik gemessen (Abb. 1).

Geophysikalische Messungen

Abbildung 1: US - Aufnahmen Luftbild 1945; deutlich sind 13 kreisrunde Aushubstellen zu sehen sowie eine Splitterschutzanlage und ein Gebäude mit mehreren Zubauten (Brunnen). Darüber dargestellt in Grün sind die Messflächen.

Die beiden Journalisten Michael Mayrhofer und David Freudenthaler haben uns während der Messung und Auswertung begleitet. Die Stellungnahme zu den Ergebnissen sowie die Vorgeschichte der Bodenuntersuchung sind online als Podcast veröffentlicht. Ihre zweiteilige Podcast-Serie „Unter Gusen“ können Sie sich hier anhören.

Die Ergebnisse

Magnetik und Georadar

Magnetische Messungen zeigen im Allgemeinen metallische Einbauten (etwa bewehrter Beton oder metallische Rohre) im Untergrund. Das Messbild ergab eindeutig, dass die Fundamte des alten Wasser-Pumphauses des ehemaligen Konzentrationslagers und auch ein Brunnen selbst noch im Untergrund liegen.

Geophysikalische Messungen

Abbildung 2: Ausschnitt Messbild Magnetik (-4 bis +6 nT); es sind sehr deutlich die Fundamente bzw. Reste des Pumphauses und der Brunnenanlage erkennbar.

Das hochauflösende Georadar zeigt mehrere Schichtungen / Sedimentschichten im Untergrund und lässt auch auf einen Grundwasserspiegel in 3,5 – 4 m Tiefe an genannter Stelle schließen. Auch die Splitterschutzgräben in 1,5m Tiefe zeigten sich in den Messungen.

Bei den vermeintlichen Luftschächten zeigten sich aber bei beiden Messmethoden keine Auffälligkeiten.

Geoelektrik und Seismik

Die beiden geophysikalischen Methoden der Geoelektrik und Seismik liefern ein Abbild der genannten Bodenfläche, das mehrere Zehnermeter tief ist. Beide Methoden reagieren sensibel auf unterschiedliche Gesteine und Sedimente. Ein großes, massiv betoniertes und bewährtes Stollensystem würde sich also klar in den gemessenen Daten widerspiegeln.

Die folgende Abbildung 3 zeigt farblich flächig kodiert die Verteilung des spezifischen elektrischen Widerstandes und als Isolinien dargestellt darüber die seismischen Geschwindigkeiten aus der tomografischen Auswertung.

Geophysikalische Messungen

Abbildung 3: Messbild Geoelektrik (farblich kodiert) und Seismik (Isolinien), die blaue Linie stellt den Grundwasserspiegel dar.

Es ist, wie auch in der damaligen Dokumentation von 2019, in der Geoelektrik ein hochohmiger Körper (rote Bereiche) im Untergrund erkennbar. Die seismischen Geschwindigkeiten geben jedoch in dem Bereich keine Hinweise auf anthropogene Strukturen. Es handelt sich hierbei höchstwahrscheinlich um grobkörnige Sedimente (etwa eine Sand-/Schotterbank eines ehemaligen Flusslaufes).

Das Gerücht um ein unterirdisches Stollensystem konnte durch die umfangreiche Bodenuntersuchung also nicht bestätigt werden. „Aufgrund unserer Messungen kann ich nicht darauf schließen, dass sich hier eine unterirdische Anlage in größerem Ausmaß befindet.“ so die Leiterin der Bodenuntersuchung Dr. Ingrid Schlögel. Damals im Herbst 2019 haben die in der ZDF-Doku aufgebrachten Spekulationen zu massiver Verunsicherung in der lokalen Bevölkerung geführt. Das Ergebnis dieser Untersuchung setzt dem nun ein Ende.

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