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02.03.2021

In die Atmosphäre hineinhören: neue Infraschall-Messanlage

In die Atmosphäre hineinhören: neue Infraschall-Messanlage

©ZAMG

Die ZAMG installierte am Gelände des Conrad Observatoriums, am Trafelberg im südlichen Niederösterreich, eine Infraschall-Messanlage, die künftig auch Teil des Central Eastern European Infrasound Network (CEEIN) ist. Mittels Infraschall können über tausende Kilometer heftige Explosionen, wie sie bei atmosphärischen Nukleartests vorkommen, Vulkanausbrüche und Boliden gemessen werden.

Infraschall ist ein Frequenzbereich (0,01 bis 16 Hertz), der für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar ist. Sehr heftige Explosionen in der Atmosphäre können über weite Entfernungen mit Infraschall-Arrays gemessen werden. So registrierte die ZAMG im Februar 2013 bei Testmessungen im Waldviertel unter anderem Eruptionen des 1200 Kilometer entfernten Vulkans Ätna und den Einschlag eines Meteoriten im 3000 Kilometer entfernten Ort Tscheljabinsk, im russischen Ural.

Weltweit Atomtests erkennen

Infraschall-Messung ist neben der Messung von seismischen Wellen (Bodenschwingungen) und Radioaktivität in der Luft auch eine der Technologien, die zum weltweiten Erkennen von Atomwaffentests verwendet wird, koordiniert von der Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO, Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization). Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamics (ZAMG) betreut in Österreich das nationale Datenzentrum, unter der Leitung der Seismologin Ulrike Mitterbauer. Diesem obliegt die Verifikation von Nukleartests. „Seismische Wellen von Atomtests, wie 2017 in Nordkorea, erkennen wir mit den Erdbebensensoren am Conrad Observatorium bereits wenige Minuten nach der Explosion. Infraschall-Messungen haben wir bisher nicht verwendet und werden sie künftig speziell für die Besonderheiten im gebirgigen Umfeld des Alpenraums untersuchen."

Ein Quadratkilometer Messfläche am Conrad Observatorium

Dafür wurde am Gelände des Conrad Observatoriums der ZAMG, am Trafelberg im südlichen Niederösterreich, Anfang 2021 eine Infraschall-Messanlage installiert. Hier wurden auf einer Fläche von rund einem Quadratkilometer vier Messeinheiten installiert. „Eine Messeinheit besteht aus einem hochsensiblen Mikrobarometer und mehreren porösen Schläuchen, die Luftschwingungen aufnehmen und an den Sensor leiten. Aus den zeitlichen Unterschieden der an den einzelnen Messeinheiten registrierten Signale lässt sich die Richtung, aus der das Signal stammt, ermitteln. So können dann Explosionen in der Atmosphäre lokalisiert werden", erklärt Ulrike Mitterbauer, „alle Messdaten sind auch in Echtzeit in der Zentrale der ZAMG auf der Hohen Warte in Wien abrufbar."

Mittel- und osteuropäischer Messverbund

Die neue Infraschall-Messanlage der ZAMG ist auch Teil des Central Eastern European Infrasound Network (CEEIN), das 2018 von Rumänien, Tschechien, Ungarn, der Ukraine und Österreich gegründet wurde.

„Der ständige Vergleich mit den Messsystemen anderer Länder ist sehr wichtig, da die Qualität von Infraschall-Messungen stark vom aktuellen Zustand der Atmosphäre abhängt, wie zum Beispiel von der Windgeschwindigkeit in höheren Luftschichten. Durch unsere Lage im Alpenraum ergeben sich noch zusätzliche Einflüsse, die es in den nächsten Jahren zu erforschen gilt", sagt Ulrike Mitterbauer von der ZAMG.

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Bilder

(bei Nennung der Quelle kostenlos nutzbar)

Messung von Infraschall am Conrad Observatorium der ZAMG in Niederösterreich. Die gesamte Messanlage besteht aus vier solcher Einheiten, die heftige Explosionen in der Atmosphäre in einer Entfernung von hunderten bis tausend Kilometern messen. Sie wurde Anfang 2021 installiert. Quelle ZAMG. –>volle Auflösung

Test der Infraschall-Messanlage im Sommer 2020 am Gelände der ZAMG auf der Hohen Warte in Wien. Quelle: ZAMG –>volle Auflösung

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Weitere Informationen

Nationales Datenzentrum NDC-AT: www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/Nationales_Datenzentrum

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