Geophysik / News / Präsentation der Erdbebengefährdungskarte für Österreich bei der EGU

08.05.2020

Präsentation der Erdbebengefährdungskarte für Österreich bei der EGU

Die ZAMG zeigte auf der Konferenz der „European Geosciences Union (EGU)“ am 5. Mai 2020 den aktuellen Stand einer neuen Erdbebengefährdungskarte für Österreich. Ziel war die Neubewertung der Erdbebengefährdung durch Verwendung des aktuellen Wissensstandes und durch Anwendung neuer Berechnungsstandards. Unter Erdbebengefährdung versteht man die Wahrscheinlichkeit mit der an einem bestimmten Standort eine gewisse Bodenbeschleunigung innerhalb eines definierten Zeitraums erreicht oder überschritten wird. Laut EUROCODE 8 ist diese Überschreitenswahrscheinlichkeit mit 10 % in 50 Jahren festgelegt. Das bedeutet, dass ein erbebengerecht gebautes Gebäude auf eine Erschütterung ausgelegt ist, die durchschnittlich einmal innerhalb von 500 Jahren zu erwarten ist. Das Wissen kann zur Risikoverminderung genutzt werden, indem in gefährdeten Gebieten eine erdbebensichere Bauweise angewendet wird.

Wo gibt es die größte Erdbebengefährdung in Österreich?

Grundsätzlich können beinahe überall in Österreich Erdbeben vorkommen. Die meisten Erdbeben liegen jedoch im Bereich bedeutender tektonisch aktiver Zonen. Die größten Gefährdungswerte wurden im Mur-Mürztal, dem Semmeringgebiet und im Wiener Becken ermittelt. Der Wert am Semmering blieb im Vergleich zur aktuellen Karte weitgehend unverändert. Weitere seismisch aktive Zonen sind das Rheintal in Vorarlberg sowie das Inntal und seine Seitentäler. Im Süden von Kärnten sind die Auswirkungen der Erdbeben aus dem Friaul hauptbestimmend.

Worin liegen die Verbesserungen?

Die Verbesserungen basieren auf dem überarbeiteten österreichischen Erdbebenkatalog und zusätzlichen Messdaten aus den letzten 25 Jahren mit einem stark verdichteten seismischen Messnetz. Das Messnetz besteht aktuell aus über 45 Stationen und wird laufend erweitert. Das aktuelle Netzwerk erlaubt eine verbesserte Lokalisierung der Erdbeben sowie die genauere Bestimmung der Bebentiefe und des Bebenmechanismus. Die Karte beruht maßgeblich auf dem österreichischen Erdbebenkatalog der vom Erdbebendienst der ZAMG seit über 100 Jahren erstellt und laufend erweitert und verbessert wird. So werden auch die Ergebnisse der historischen Erdbebenforschung, die vorwiegend auf der Erforschung zeitgenössischer historischer Quellen beruht, laufend berücksichtigt.

Warum unterscheiden sich manche Regionen in der neuen Gefährdungskarte im Vergleich zur alten Karte?

Die nun vorgestellte Karte beinhaltet 25 Jahre neuer Messdaten und einen erweiterten Erdbebenkatalog. Für die distanzabhängige Amplitudenabnahme bei der Ausbreitung der seismischen Wellen wurde ein für Österreich angepasstes Modell entwickelt, während in der alten Karte noch auf Abnahmegesetze aus Kalifornien zurück gegriffen werden musste. Die Änderungen sind weiters bedingt durch eine Neuberechnung der Magnitudenwerte und geänderter Berechnungsmethoden. Die Berechnung wird hauptsächlich von der regionalen seismischen Aktivität geprägt und ist weniger von starken Einzelereignissen abhängig.

Alte Karte und Norm weiterhin gültig

Die neue Erdbebengefährdungskarte (siehe Abbildung) stellt nun eine Grundlage für die Normungsgremien der ÖNORM dar. Die Gremien können damit eine neue Norm für erdbebensicheres Bauen in Österreich erarbeiten und diese wird dann von der ÖNORM (Austrian Standards International) herausgegeben.
Bis dahin ist die aktuelle Version der ÖNORM EN 1998-1 weiterhin voll gültig.

Präsentation der Erdbebengefährdungskarte für Österreich bei der EGU

Die neue Erdbebengefährdungskarte zeigt die maximale horizontale Bodenbeschleunigung mit einer Überschreitungswahrscheinlichkeit von 10% in 50 Jahren.

Weiterführende links:

Derzeit gültige NORM:
https://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/produkte-und-services-1/erdbebenbemessungswerte

Verhaltensratgeber bei Erdbeben:
https://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/erdbeben/verhaltensratgeber


Teaserportlet Bebenkarte groß
Karten und Listen seismischer Aktivität

Aktuelle Erdbeben… mehr  •••

Umfeld eines Stollens © ZAMG
Angewandte Geophysik

Angewandte Geophysik… mehr  •••

Live-Seismogramm
Historische Erdbeben
Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
Magnetik
Willkommen bei der Magnetik der geophysikalischen Abteilung der ZAMG. © ZAMG Geophysik
Conrad Observatorium
Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner