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05.08.2020

75 Jahre Hiroshima: Österreich Teil der internationalen Zusammenarbeit zum Erkennen von Atomwaffentests

75 Jahre Hiroshima: Österreich Teil der internationalen Zusammenarbeit zum Erkennen von Atomwaffentests

©ZAMG

Der Erdbebendienst der ZAMG trägt dazu bei, weltweit Tests von nuklearen Waffen zu erkennen. Die ZAMG betreut das nationale Datenzentrum der Atomteststop-Organisation (Comprehensive Test Ban Treaty Organisation, CTBTO), die ihren Sitz in Wien hat. Der bisher letzte Atomwaffentest wurde im September 2017 von Nordkorea durchgeführt und auch von Seismometern in Österreich gemessen .

Vor 75 Jahren fanden der erste Nukleartest (16. Juli 1945) und die ersten und bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg statt (6. August 1945 Hiroshima und 9. August 1945 Nagasaki). In den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg begann die nukleare Aufrüstung und acht Staaten führten insgesamt 2000 Nukleartests durch. Gleichzeitig begannen internationale Bestrebungen für ein Verbot von Atomwaffen.

Internationales Überwachungssystem mit Basis in Wien

Seit 1997 hat das Provisorische Technische Sekretariat der Atomteststopp-Organisation (Comprehensive Test Ban Treaty Organisation, CTBTO) seinen Sitz in Wien. Der Auftrag der CTBTO ist, weltweit Tests von nuklearen Waffen zu identifizieren. Sie betreibt ein internationales Überwachungssystem und arbeitet eng mit nationalen Datenzentren zusammen. Österreichs nationales Datenzentrum (NDC-AT) wird von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) betreut und ist auch die offizielle Verfikationsstelle für das Außenministerium (BMEIA).

Gemeinsame Spurensuche unterschiedlicher Disziplinen

Findet auf der Erde ein Test von Atomwaffen statt, können innerhalb von kurzer Zeit Ort und Heftigkeit genau bestimmt werden. „Dabei kommen vier verschiedene Technologien zum Einsatz: Seismik, Hydroakustik, Infraschall und Radionuklide", erklärt ZAMG-Geophysikerin Ulrike Mitterbauer, die das nationale Datenzentrum NDC-AT betreut. „Mit diesen Technologien werden Erschütterungen des Bodens, der Atmosphäre und in den Ozeanen gemessen. In Österreich zum Beispiel wird das nationale Datenzentrum über ein Alarmsystem sofort informiert, wenn der Erdbebendienst der ZAMG irgendwo auf der Erde Bodenschwingungen misst, die von einer heftigen Explosion stammen könnten. Dann folgen weitere Analysen auf nationaler und internationaler Ebene."

Seismische Wellen: in 12 Minuten von Nordkorea nach Österreich

Die bisher letzten Atomtests führte die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) durch. Alle sechs Tests im Zeitraum von 2006 bis 2017 konnten dem Testgelände Punggye-ri zugeordnet werden. „Auch die Erdbebensensoren im Conrad Observatorium der ZAMG registrierten die Explosionen und unterstützten die internationale Zusammenarbeit, um den Ort des Atomtests zu identifizieren.", sagt ZAMG-Geophysikerin Mitterbauer. „Eine seismische Welle benötigt für die 8000 Kilometer von Nordkorea bis Österreich rund zwölf Minuten. Die Art des Seismogramms zeigt, ob es sich um ein Erdbeben, eine von Menschen verursachte Explosion oder um eine andere Ursache handelt."

Das Conrad Observatorium der ZAMG zählt zu den weltweit modernsten geophysikalischen Einrichtungen. Es befindet sich im Trafelberg in Niederösterreich, rund 50 Kilometer südwestlich von Wien und ist großteils unterirdisch angelegt, um möglichst störungsfreie Messungen zu garantieren.

Vertrag zum Verbot von Atomwaffentests noch nicht in Kraft

Die ZAMG engagiert sich seit rund 40 Jahren in den internationalen Gremien zum Erkennen von Atomtests. In den 1980er Jahren wurde bei einer Abrüstungskonferenz die Group of Scientific Experts (GSE) gegründet. Diese Gruppe befasste sich mit Möglichkeiten zur seismischen Verifikation von Nukleartests. Zu den Österreichischen Delegierten der GSE zählten Julius Drimmel und Gerald Duma aus der Abteilung Geophysik der ZAMG. Bereits in den Sitzungen der GSE kam es zu Sondierungen über einen möglichen Standort Wien für eine internationale Atomteststop-Organisation.

Seit 1997 befindet sich das Technische Sekretariat der CTBTO im Vienna International Centre in Wien. Der Vertrag über das „Umfassende Verbot von Nukleartests" wurde bisher von 184 Staaten unterschrieben, 168 haben ratifiziert. Noch nicht ratifiziert haben Ägypten, China, Iran, Israel und die USA. Die Demokratische Volksrepublik Korea, Indien und Pakistan haben den Vertrag nicht unterzeichnet.

Weitere Informationen zur Geschichte der Atomwaffentest und zu den Abrüstungsbestrebungen finden Sie ->hier

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Bilder

(bei Nennung der Quelle kostenlos nutzbar)

Seismogramm eines Atomtests in Nordkorea im September 2016, gemessen vom Erdbebendienst der ZAMG in Österreich. Quelle: ZAMG –>zum Download in voller Auflösung

Der seismische Stollen des Conrad-Observatoriums zur weltweiten Messung von Erdbeben. Quelle: ZAMG/Lammerhuber. –>zum Download in voller Auflösung

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Web-Links

Nationales Datenzentrum NDC-AT: www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/Nationales_Datenzentrum

Wettervorhersage: www.zamg.at/prognose

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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Umfeld eines Stollens © ZAMG
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Historische Erdbeben
Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
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Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner