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30.03.2016

Die Garde des Statthalters: Sensationsfund in Carnuntum

Die Garde des Statthalters: Sensationsfund in Carnuntum

©7reasons/IKAnt/LBI ArchPro

Für das Projekt „Gesamtprospektion Kernzone Carnuntum“ durchleuchten LBI ArchPro, ZAMG und ÖAW das Areal rund um Carnuntum mit Magnetfeldsensoren und Bodenradar. So können ohne Ausgrabungen ehemalige Bauwerke sichtbar gemacht werden. Nach der Entdeckung der Gladiatorenschule und den frühesten Marschlagern kam jetzt ein neuer Sensationsfund zutage. Am westlichen Ortsrand von Bad Deutsch-Altenburg konnten die unmittelbar an den Statthalterpalast angrenzenden Gardequartiere der Leibgarde des Statthalters identifiziert werden. Es ist dies der einzige in dieser Eindeutigkeit und Dimension nachweisbare Fund im gesamten Gebiet des ehemaligen Imperium Romanum.

Carnuntum, rund 40 Kilometer östlich von Wien gelegen, ist die mit Abstand größte archäologische Landschaft Mittel- und Südosteuropas. Beinahe die gesamte römische Stadt, die einst über 10 Quadratkilometer bedeckte, ist heute noch unter den Feldern und Weingärten der Orte Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch-Altenburg erhalten.

lm Auftrag des Landes Niederösterreich wurde für das Projekt „Gesamtprospektion Kernzone Carnuntum“ das gesamte Gebiet durch das Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) in enger Zusammenarbeit mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und dem Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Magnetfeldsensoren und Bodenradar durchleuchtet. Derzeit wird der riesige Datensatz wissenschaftlich ausgewertet.

Neuer Sensationsfund

Die Auswertungen der Messergebnisse haben nach der Entdeckung der Gladiatorenschule im Jahr 2011 und den frühesten Marschlagern im Jahr 2014 als nächstes wissenschaftlich ausgewertetes Fallbeispiel einen bislang völlig unbekannten Befund an der westlichen Peripherie von Bad Deutsch-Altenburg kenntlich gemacht. Im Südbereich des (bereits bekannten) Statthalterpalastes von Carnuntum konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass hier im direkten funktionalen Zusammenhang die Kasernen der Statthaltergarde (equites und pedites singulares) dem Statthalter der Provinz Pannonía Superior zur Verfügung standen.

Dies ist, wenn man das Imperium Romanum überblickt, bislang der einzige Standort, wo Statthaltersitz und seine „Bewachungstruppe“ verortet werden können und als Sensationsfund zu bezeichnen. Von keinem Limesort gibt es diesbezüglich archäologische Befunde, selbst in Rom sind die Hinweise auf die Prätorianergarde des Kaisers sehr mager.

Einzig eine kleine bauliche Struktur in Lambaesis (Algerien) könnte auf einen ähnlichen Komplex für den dortigen Statthalter hindeuten. Durch die Entdeckung der neuen Quartiere ist nunmehr auch klar, warum der Statthalter der Provinz Pannonia Superior sehr sicher agieren konnte. Er war zu seinem Schutz nicht auf die ständig im benachbarten Legionslager stationierten Soldaten der 14. Legion angewiesen, sondern konnte voll auf die von allen Limesstandorten der Provinz temporär abgestellten Truppeneinheiten vertrauen. Diese funktionierende Organisation mit ihrer Multikulturalität auf sehr hoher Ebene ringt auch heute noch Respekt ab.

„Dieser neuerliche Sensationsfund unterstreicht einmal mehr die historische Bedeutung des Kulturerbes Carnuntum und ist eine Bestätigung für das Land Niederösterreich, in die Erforschung und Präsentation der ehemaligen römischen Metropole zu investieren. Befunde wie dieser tragen dazu bei, Carnuntum noch mehr einem internationalen touristischen Publikum bekannt zu machen und die Bedeutung als kulturtouristischen Magnet weiter auszubauen“, zeigt sich die NÖ-Landesrätin Petra Bohuslav begeistert.

Der wissenschaftliche Leiter der Römerstadt Carnuntum, Franz Humer, meint dazu: “Ich bin seit beinahe 30 Jahren in Carnuntum tätig. Durch die konsequente Grundlagenforschung des Landes Niederösterreich mit wissenschaftlichen Partnern erschließen sich fast jedes Jahr neue wissenschaftliche Highlights, die wir trotz fast 170-iähriger archäologischer Forschung nicht für möglich gehalten haben. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass historisch gesehen die Römerstadt Carnuntum, abgesehen vom mediterranen Raum, ein absoluter Hotspot der römischen Antike war.“

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Quartiere der Garde des Statthalters: Aus den geophysikalischen Messungen wurden die ehemaligen Bauwerke rekonstruiert. Quelle: 7reasons / IKAnt / LBI ArchPro

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Geophysik im Dienste der Archäologie: Geophysikalische Messungen von ZAMG und LBI ArchPro machen die ehemaligen römischen Bauwerke in Canruntum sichtbar. Quelle: 7reasons / IKAnt / LBI ArchPro

Web-Links

Video zum neuen Fund in Carnuntum: https://youtu.be/S5JMvmOymkg

Bilder der Carnuntum-Rekonstruktionen: http://carnuntum.7reasons.net

ZAMG Bodenuntersuchungen:
www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/angewandte-geophysik

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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