Kapitel 6: Aus der Sicht des Vorhersageraumes

Bild 1 von 3: Vorhersage vom Dienstag den 23.02. fuer Samstag den 27.02.
     
Aus der Sicht der Vorhersagemeteorologen der ZAMG war das gesamte Ereignis der Xynthia bereits etwa 5 Tage vorher in den Vorhersagekarten sehr gut enthalten. Es war klar, dass sich ein sehr gefährlicher, kräftiger Tiefdruckwirbel westlich von Portugal entwickeln und nach Nordosten ziehen würde. Aus diesen Vorhersagekarten war aber auch ersichtlich, dass Österreich eher im Randbereich dieses Tiefs liegen würde, und nicht im Einflussbereich der gefährlich hohen Windgeschwindigkeiten.

Die Vorhersagekarten der Ausgangslage vom 23. Februar zeigen die prognostizierte Lage des Tiefs für Samstag, 27.2., für Sonntag, 28.2. und für Montag, 1.3. Die Vorhersage der Intensität des Tiefs wurde zu diesem Zeitpunkt bereits hervorragend getroffen. Lediglich die Verlagerungsgeschwindigkeit des Tiefs Xynthia war etwas zu langsam. Am Sonntag, 28.2. hat das Tief zu Mittag die deutsche Nordseeküste erreicht und lag am Montag, 1.3. bereits über Südschweden-Ostsee.

Für die Wettervorhersage für Österreich war abzuschätzen, wie stark die Windgeschwindigkeiten in Österreich sein würden, ob Warnungen ausgesprochen werden müssen und wenn ja für welche Bezirke. Bei solchen Wetterlagen, nämlich einer mit einem Tiefdruckzentrum in Nord/Nordwesteuropa verbundenen Wetterfront wird für das Alpenland Österreich das Phänomen des Föhns bedeutsam. Föhn tritt bekanntlich vor der Wetterfront innerhalb der dort vorhandenen süd- bis südwestlichen Strömung nördlich des Alpenhauptkammes auf und kann sehr hohe Windgeschwindigkeiten erreichen. Diese mit Föhn verbundenen kräftigen Windgeschwindkeiten haben jedoch nichts mit den Geschwindigkeiten im Tiefzentrum zu tun. Im Falle von Xynthia mussten sich die Vorhersagemeteorologen daher mehr mit dem Föhnphänomen und einer damit verbunden Sturmwarnung befassen, als mit den Windgeschwindigkeiten in den Ausläufern der Xynthia, die zwar den Nordosten und Osten Österreichs am Montag erreicht haben, aber vergleichsweise geringe Windgeschwindigkeiten aufwiesen.

Trotz aller Gemeinsamkeiten einer typischen meteorologischen Entwicklung, die meist in einem größeren räumlichen und zeitlichen Rahmen abläuft, hat jedes Einzelereignis in einem viel kleineren räumlichen und zeitlichen Rahmen meist auch ein spezifisches "Eigenleben". Im Falle der Xynthia etwa wurde noch am Freitag den 26. Februar befürchtet, dass der Sturm bei der Überquerung von Madeira die bereits von den Ereignissen des Vortages schwer betroffene Insel weiter gefährden könnte. Tatsächlich konnte man wenige Stunden später erkennen, dass sich die gefährliche Tiefdruckentwicklung mit der Zunahme der Windgeschwindigkeiten erst weiter nordöstlich ereignen würde.