17.03.2017
Frühlingsblüte „klettert“ rund 100 Meter in drei Tagen
Die erste Blüte typischer Frühlingspflanzen ist stark von der Höhenlage abhängig. Eine Auswertung der ZAMG zeigt, dass sich die Blüte der Schneeglöckchen im Frühling durchschnittlich in 3,5 Tagen um 100 Meter Seehöhe nach oben verlagert, die Blüte der Forsythie benötigt dafür 3,8 Tage und die Blüte des Buschwindröschens arbeitet sich alle 2,8 Tage um 100 Höhenmeter ins Bergland vor. Die erste Blüte „zieht" außerdem in den meisten Jahren deutlich von Süd nach Nord.
Pflanzen reagieren stark auf das Wetter und Änderungen im Klima. Die Wissenschaft der Phänologie untersucht diese Zusammenhänge. Beispielsweise hängt die erste Blüte vieler Frühlingspflanzen nicht nur von der aktuellen Temperatur sondern vom Verlauf der Temperatur in den letzten Monaten ab, erklärt Helfried Scheifinger, Phänologe an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Heuer zum Beispiel haben wir einen sehr milden Februar und einen bisher sehr milden März erlebt. Trotzdem blühen die ersten Frühlingsboten heuer in etwa wie in einem durchschnittlichen Jahr. Denn der Jänner war sehr kalt und das wirkt sich immer noch aus."
Blüte von Forsythie und Buschwindröschen beginnt derzeit
In den tiefen Lagen Österreichs, bei etwa 200 Meter Seehöhe, blühen Schneeglöckchen im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte ab dem 19. Februar. Heuer meldeten die ehrenamtlichen phänologischen Beobachter der ZAMG die ersten blühenden Schneeglöckchen in den tiefen Lagen ab Mitte Februar aus allen Teilen Österreichs. Die erste Blüte von Buschwindröschen (im Mittel am 19. März) und Forsythie (im Mittel am 21. März) beginnt in diesen Tagen.
Blühzeiten „wandern" stark
Der Zeitpunkt der ersten Blüte schwankt nicht nur von Jahr zu Jahr deutlich, sondern hat auch starke regionale Unterschiede, sagt ZAMG-Phänologe Scheifinger: „Untersucht man die Blühzeiten der letzten 70 Jahre von Schneeglöckchen, Forsythie und Buschwindröschen, zeigen sich drei - teils zu erwartende - Eigenschaften: Sie blühen in tiefen Lagen früher als im Bergland, sie blühen in den meisten Jahren im Süden Österreichs früher als im Norden und oft im Westen Österreichs etwas früher als im Osten."
Schneeglöckchen-Blüte: alle dreieinhalb Tage um 100 Meter weiter oben
Die spätere Blühzeit in der Höhe ist darauf zurückzuführen, dass es auf den Bergen noch länger kalt ist und vor allem der Schnee zuerst wegschmelzen muss, bevor die Pflanzen zu sprießen beginnen können.
Die Blühzeit des Schneeglöckchens verlagert sich im Durchschnitt alle 3,5 Tage um 100 Höhenmeter nach oben. Je nach Witterung gibt es aber große Schwankungen, zwischen einem und sieben Tage. „Je länger sich Kälte und Schnee auch in tiefen Lagen halten und je später die Vegetation aus der Winterruhe erwacht, desto rascher schreitet die Blühzeit dann bis in höhere Lagen voran", sagt ZAMG-Experte Scheifinger.
Buschwindröschen-Blüte: in knapp zwei Monaten bis ins Hochgebirge
Das Buschwindröschen, das in Österreich bis in 2000 Meter Seehöhe vorkommt, blüht im Flachland im Mittel zwei Monate früher als im Hochgebirge. Beginnt der Frühling im Tiefland schon früh, während auf den Bergen noch eine dicke Schneedecke liegt, kann es bis zu drei Monate dauern, bis der Blühbeginn von den tiefsten zu den höchsten Lagen „hinaufgewandert" ist. Zieht hingegen der Frühling in allen Höhenlagen fast gleichzeitig ein, dann durchwandert der Blühbeginn alle Höhenlagen sehr rasch, unter Umständen schon in rund 20 Tagen vom Burgenland bis zu den höchsten bewohnten Orten in Tirol. Der von Jahr zu Jahr recht unterschiedliche Witterungsverlauf in den verschiedenen Höhenstufen und seine Wirkung auf die Pflanzenphänologie bedarf aber noch einer genaueren Untersuchung.
Änderung der Blühzeit mit der Seehöhe |
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Mittelwert |
Minimum |
Maximum |
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Schneeglöckchen |
3,5 Tage / 100 Meter |
1 Tag / 100 Meter |
7 Tage / 100 Meter |
Buschwindröschen |
2,8 Tage / 100 Meter |
1 Tag / 100 Meter |
5 Tage / 100 Meter |
Forsythie |
3,8 Tage / 100 Meter |
1,5 Tage / 100 Meter |
7 Tage / 100 Meter |
Forsythienblüte: in vier Tagen um 111 km von Süd nach Nord
Der zweite Unterschied im Eintritt der Blühzeit hängt mit der Nord-Süd-Verteilung zusammen. In gleicher Höhenlage verlagert sich beispielsweise die erste Blüte der Forsythie im Durchschnitt um vier Tage pro Breitengrad (rund 111 Kilometer) von Süd nach Nord. Der Grund ist das mildere Klima südlich des Alpenhauptkammes. „Je nach Witterung kann sich das aber auch völlig umdrehen", sagt Phänologe Scheifinger, „es gibt Jahre, da blühen die Schneeglöckchen pro Breitenkreis um bis zu drei Tage früher im Norden als im Süden."
Änderung der Blühzeit von Süd nach Nord |
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Mittelwert |
Minimum |
Maximum |
|
Schneeglöckchen |
2,5 Tage / Breitengrad |
von Nord nach Süd in 3 Tagen / Breitengrad |
12 Tage / Breitengrad |
Buschwindröschen |
2,5 Tage / Breitengrad |
von Nord nach Süd in 4 Tagen / Breitengrad |
10 Tage / Breitengrad |
Forsythie |
4 Tage / Breitengrad |
von Nord nach Süd in 2 Tagen / Breitengrad |
12 Tage / Breitengrad |
Schneeglöckchen: in weniger als einem Tag um 73 km von West nach Ost
Der dritte Unterschied im Eintritt der Blühzeit hat den Grund in der West-Ost-Verteilung. Die erste Blüte typischer Frühlingspflanzen startet auf gleicher Seehöhe im Westen oft etwas früher als im Osten, da die Winter im Osten Österreichs im Mittel kontinentaler und daher kälter sind. „Man muss aber sagen, dass dieser Zusammenhang nur sehr schwach ausgeprägt ist", sagt ZAMG-Phänologe Helfried Scheifinger, „die Blüte des Schneeglöckchens zum Beispiel verlagert sich im Durchschnitt um weniger als einen Tag pro Längenkreis - also um etwa 73 Kilometer - von West nach Ost. Es gab aber auch Jahre, da blühten die Schneeglöckchen schon um bis zu drei Tage pro 73 Kilometer früher im Osten als im Westen."
Änderung der Blühzeit von West nach Ost |
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Mittelwert |
Minimum |
Maximum |
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Schneeglöckchen |
< 1 Tag / Längengrad |
von Ost nach West in 3 Tagen / Längengrad |
3 Tage / Längengrad |
Buschwindröschen |
1,7 Tage / Längengrad |
von Ost nach West in 2 Tagen / Längengrad |
4 Tage / Längengrad |
Forsythie |
1 Tag / Längengrad |
von Ost nach West in 2 Tagen / Längengrad |
3 Tage / Längengrad |
Citizen Science: Die Bevölkerung forscht mit
Die Wissenschaft der Phänologie erforscht, wie Pflanzen und Tiere auf das Klima reagieren. Die Daten und Auswertungen nutzen unter anderem der Klimafolgenforschung. Die ZAMG betreibt seit 1928 (mit Unterbrechungen während der Kriegszeit) ein phänologisches Messnetz mit rund 100 Beobachtungsorten und erweitert derzeit das Beobachtungsnetz mit Hilfe neuer Technologien wie Smartphone-Apps. Somit können künftig alle Interessierten schnell und einfach ihre Beobachtungen melden und die Forschung unterstützen. Die erhobenen Daten gehen in die österreichische und die europäische Phänologie-Datenbank ein und stehen weltweit der Forschung zur Verfügung. Außerdem werden aus den einzelnen Daten Karten und Grafiken erstellt, die auf der Website www.phenowatch.at frei zugänglich sind.
Phänologischer Garten an der ZAMG
Auch im Rahmen von angemeldeten Führungen in den Wissensparks der ZAMG in Wien, Salzburg und Graz kann man sich über Theorie und Praxis der Phänologie informieren. In der Zentrale der ZAMG, auf der Hohen Warte in Wien, wurde im letzten Jahr außerdem ein phänologischer Garten errichtet. Hier können Besucherinnen und Besucher in den Jahreszeitenbeeten unterschiedliche Pflanzen in ihrer jeweiligen Entwicklungsphase sehen, angreifen und riechen.
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Die erste Blüte des Buschwindröschens verlagert sich durchschnittlich in rund zwei Monaten vom Burgenland bis in die höchsten bewohnten Regionen Tirols.
Quelle: Moonwalker74/commons.wikimedia.org
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Web-Links
Phänologie-Website: www.phenowatch.at
Führungen an der ZAMG: www.zamg.at/fuehrungen
ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at