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20.06.2018

Österreich im Zentrum der internationalen Erdmagnetfeld-Forschung

Österreich im Zentrum der internationalen Erdmagnetfeld-Forschung

©ZAMG/Lammerhuber

In den nächsten zwei Wochen treffen sich rund 100 internationale Expertinnen und Experten bei Tagungen und Workshops zum Thema Erdmagnetfeld in der ZAMG-Zentrale in Wien und am Conrad-Observatorium der ZAMG am Trafelberg in Niederösterreich. Themen sind unter anderem die Erforschung des Magnetfelds, das die Erde vor schädlichen Strahlen aus dem Weltall schützt und sich ständig ändert, sowie Geomagnetik-Anwendungen in Technik und Ingenieurswesen.

Das Magnetfeld der Erde schützt seit mindestens drei Milliarden Jahren alle Lebewesen vor gefährlicher Strahlung der Sonne und aus dem Weltraum. Gegenwärtig wird das Magnetfeld global schwächer, um etwa zehn Prozent in den letzten 100 Jahren. In der Erdgeschichte gab es schon mehrmals völlige Umpolungen zwischen Nord- und Südpol, die letzte vor rund 780.000 Jahren. Aber auch schon kleinere Schwankungen des Magnetfeldes können große Auswirkungen haben. Als Spaceweather (Weltraumwetter) werden zum Beispiel Sonnenstürme bezeichnet, die Störungen an Satelliten und in Stromnetzen verursachen können. Die ZAMG betreibt mit dem Conrad-Observatorium eines der weltweit modernsten geophysikalischen Observatorien, wo unter anderem das Erdmagnetfeld gemessen und erforscht wird. Sowohl hier als auch an der Zentrale der ZAMG auf der Hohen Warte in Wien finden in den nächsten zwei Wochen drei hochkarätig besetzte Veranstaltungen zum Thema Erdmagnetfeld statt.

21. bis 24. Juni: Summerschool am Conrad-Observatorium

Aus einer Vielzahl von internationalen Bewerbungen wurden 20 Nachwuchsexpertinnen und -experten ausgewählt, die an der „Observatory Summer School 2018" teilnehmen. Die Summer School wird direkt am Conrad-Observatorium abgehalten. Dabei geht es unter anderem um die Bedienung der hochsensiblen Messgeräte in den Stollen des größtenteils unterirdisch angelegten Observatoriums und um die Bearbeitung und Auswertung der Messdaten. Betreut wird die Summer School von international führenden Magnetfeld-Experten aus den USA, aus Großbritannien und dem Team der ZAMG.

24. bis 29. Juni: Workshop der Internationalen Organisation für Geomagnetismus (IAGA)

Rund 100 Expertinnen und Experten werden zum XVIII Workshop der Internationalen Organisation für Geomagnetismus und Atmosphärenforschung (IAGA) am Conrad-Observatorium erwartet. Dieser Workshop findet alle zwei Jahre statt, dieses Jahr erstmals in Österreich. Die Schwerpunkte der IAGA sind die Erforschung des Erdinneren, der hohen Atmosphärenschichten (wie Ionosphäre und Magnetosphäre) sowie der Sonne und des solaren Windes. Beim Workshop im Conrad-Observatorium geht es besonders um Messmethoden in großen Observatorien, die Datenaufbereitung sowie um Anwendungen wie zum Beispiel in den Bereichen Weltraumwetter, Vermessungswesen und Navigation.

(Information für Medien: Die Eröffnungsfeier findet am 25. Juni um 19 Uhr im Schloß Hernstein, 2560 Hernstein, statt. Anmeldung unter iaga2018@zamg.ac.at)

2. bis 4. Juli: Tagung von INTERMAGNET (Verbund der weltweit hochwertigsten Observatorien)

An der ZAMG in Wien kommen rund 25 Vertreterinnen und Vertreter der weltweit wichtigsten geophysikalischen Observatorien zusammen, unter anderem aus dem Weltdatenzentrum in Kyoto (Japan), aus der Zentrale des United States Geological Survey in Boulder (Colorado, USA) und vom British Geological Survey in Edinburgh.

Hier geht es besonders um die neuesten Messmethoden, die erdumspannende Zusammenarbeit bei Projekten, Kriterien für die Aufbereitung und Qualität von Messdaten sowie um gemeinsame Standards für Datenprodukte für weltweite Forschungen und Anwendungen.

Das Conrad-Observatorium der ZAMG ist seit 2016 als INTERMAGNET-Station eingestuft und zählt damit zu den wichtigsten internationalen Orten zur Messung des Erdmagnetfelds. Große internationale Forschungsprojekte, wie etwa von den Weltraumorganisationen NASA und ESA, arbeiten fast ausschließlich mit Daten dieser höchsten Qualitätsstufe.

Eine der weltweit längsten geomagnetischen Messreihen

In Österreich werden seit rund 170 Jahren Messungen des Erdmagnetfelds durchgeführt. Das ist eine der weltweit längsten geomagnetischen Messreihen. Ab dem Jahr 1852 ließ der erste Direktor der ZAMG Karl Kreil geomagnetische Messungen im Theresianum in Wien durchführen (gegenüber dem damaligen Standort der ZAMG). Wegen der immer größer werdenden Störeinflüsse durch die Stadt wurden die Messungen ab 1872 auf die Hohe Warte verlegt, ab 1928 an den Nordrand des Lainzer Tiergartens in Wien-Auhof. Die beginnende Elektrifizierung von Wien machte dann eine neuerliche Verlegung notwendig: 1955 wurde am Cobenzl in Wien-Döbling ein geomagnetisches Observatorium errichtet. In den letzten Jahren wurden auch hier die Störungen durch die Stadt immer stärker, etwa durch die U-Bahn und andere elektrische Effekte. Daher war ein neuerlicher Umzug erforderlich.

Conrad-Observatorium: zwei Kilometer Stollen und Schächte

Seit Mai 2014 erfolgen die Messungen des Erdmagnetfelds im Conrad-Observatorium der ZAMG am Trafelberg bei Pernitz in Niederösterreich, rund 50 Kilometer südwestlich von Wien. Die abgeschiedene und größtenteils unterirdische Lage, mit mehr als zwei Kilometer Stollen und Schächten, garantiert nahezu störungsfreie Messungen. Seit 2002 besteht bereits der seismisch-gravimetrische Teil des Conrad-Observatoriums. Er dient unter anderem der Messung und Erforschung von Erdbeben, Erdschwere und Erdmasse und der weltweiten Erfassung von Atomtests für die CTBTO (Comprehensive Test Ban Treaty Organization). Eine der internationalen Besonderheiten des Observatoriums ist auch, dass an einem Standort fachübergreifend geomagnetische und seismisch-gravimetrische Forschung am neuesten Stand der Technik möglich ist.

Derzeit Aufbau einer Messumgebung für Satelliten-Magnetik-Sensoren

Anfang Juni 2018 wurde am Conrad-Observatorium ein drei Meter hohes Spulensystem aufgebaut. Mit diesen Spulen ist in Zukunft eine hochpräzise Kalibrierung von Magnetfeldsensoren möglich, wie sie bei jedem Satelliten zum Einsatz kommen. Diese Sensoren sind unter anderem für die Lagebestimmung von Satelliten erforderlich. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Institut für Weltraumforschung (IWF Graz) und der spanischen Serviciencia SLU statt.

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Das Conrad-Observatorium (NÖ) zählt zu den weltweit modernsten geophysikalischen Observatorien: Das Bild zeigt die Vorbereitungen zu einer Messung des Erdmagnetfeldes im 400 Meter langen Hauptstollen des geomagnetischen Bereichs. Quelle ZAMG/Lammerhuber. –>Link zum Bild in Originalgröße

Magnetfeldmessung im Conrad-Observatorium am Trafelberg in Niederösterreich: Testphase einer Kalibriermessung der Magnetometer im Stollen. Die Anpeilung einer Zieltafel zur automatischen Kalibrierung erfolgt mittels Laser. Quelle ZAMG/Lammerhuber. –>Link zum Bild in Originalgröße

Weitere Fotos aus dem Conrad-Observatorium finden Sie auf –>www.flickr.com/zamg

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Web-Links

ZAMG Geomagnetik: www.zamg.at/cms/de/geophysik/magnetik

Conrad Observatorium: www.zamg.at/cms/de/geophysik/conrad-observatorium und www.conrad-observatory.at

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
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Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner