Geophysik / News / Neues Modell zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Thermalwasser

04.12.2024

Neues Modell zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Thermalwasser

Neues Modell zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Thermalwasser

©Expertengruppe Thermalwasser

Die GeoSphere Austria entwickelte ein neues 3D-Modell für die Bewirtschaftung des Thermalwasservorkommens im Gebiet Niederbayern-Oberösterreich. Damit werden künftig die Auswirkungen geplanter Entnahmen berechnet, um eine nachhaltige Bewirtschaftung zu garantieren.

Im Gebiet Niederbayern-Oberösterreich erstreckt sich ein wasserwirtschaftlich bedeutendes Vorkommen an Thermalwasser. Es reicht von Regensburg bis in den Bereich westlich von Linz. Seit vielen Jahren wird dieses Thermalwasser genutzt, als Heilwasser und für Badezwecke in Thermen sowie geothermisch zur Energiegewinnung.

Da sich Entnahmen des Thermalwassers auf das Vorkommen der gesamten Region auswirken, ließ Ende der 1990er-Jahre die „Ständige Gewässerkommission nach dem Regensburger Vertrag“ ein 2D-Modell entwickeln, um die Auswirkungen von geplanten Nutzungen zu prognostizieren.

Neue technische Möglichkeiten der Berechnung

Da mit dem bisherigen Modell nicht alle Anwendungen optimal berechnet werden konnten und sich die technischen Möglichkeiten mittlerweile deutlich weiterentwickelt haben, wurde 2017 das Projekt „Erstellung eines 3D Thermalwasser-Strömungsmodells im niederbayerisch–oberösterreichischen Molassebecken“ beauftragt. Durchgeführt hat das Projekt eine Arbeitsgemeinschaft bestehend aus GeoSphere Austria, Erdwerk GmbH, Montanuniversität Leoben, RAG Austria AG und Technischer Universität München.

Aufttraggeber waren aus Österreich das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung und das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft sowie aus Deutschland das Bayerische Landesamt für Umwelt.

Ziel: Schutz und nachhaltige Bewirtschaftung

Generelles Ziel des Projekts war die Erstellung eines bilateral abgestimmten Instruments zur Planung und Beurteilung wasserwirtschaftlicher Fragestellungen. Damit soll weiterhin in einer grenzüberschreitend einheitlichen Vorgangsweise der Schutz und die nachhaltige Nutzung dieses begrenzten Thermalwasservorkommens gesichert werden.

Hydrogeologisches 3D-Modell der Region

„Im ersten Schritt haben wir ein dreidimensionales hydrogeologisches Modell entwickelt, das die Verhältnisse der Region möglichst detailgetreu darstellt“, sagt Hydrogeologe Gerhard Schubert von der GeoSphere Austria, „basierend auf diesem konzeptionellen Modell entstand im zweiten Schritt ein numerisches Modell, um künftig die Auswirkungen von Wasserentnahmen schnell und realistisch zu berechnen.“

Daten aus 138 Publikationen und 1.449 Bohrungen

Das Modellgebiet umfasst einen etwa 180 Kilometer langen und 20 bis 50 Kilometer breiten Streifen im Grenzgebiet von Oberösterreich und Bayern.

Die Datengrundlage für die Ausarbeitungen war sehr umfangreich: „Wir nutzten Informationen aus 138 Publikationen sowie die Auswertungen von 1.449 Bohrungen, von denen einige bis in mehr als 2.000 Meter Tiefe reichten“, erklärt Hydrogeologe Schubert, „darüber hinaus wurde umfangreiches Material aus den Datenbanken des Bayerischen Landesamtes für Umwelt und des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung verarbeitet und von der RAG Austria AG standen die Ergebnisse reflexionsseismischer Untersuchungen und Testergebnisse zum Thermalgrundwasser für die Interpretation der geologischen Strukturen zur Verfügung.“

Spezieller Test durch Covid-Lockdown

2024 wurden die Arbeiten abgeschlossen. Das neue Modell stellte bei ersten Tests seine gute Prognosefähigkeit bezüglich der Auswirkung von Entnahmeänderungen auf das Thermalwasservorkommen unter Beweis.

Eine besondere Möglichkeit zu einem sehr realistischen Test ergab sich durch den Lockdown während der Covid-Pandemie im Jahr 2020. „Viele Thermalbäder waren damals für einige Zeit geschlossen und hatten die Förderung des Thermalwassers deutlich reduziert“, sagt Gerhard Schubert von der GeoSphere Austria, „dazu lagen umfangreiche Wasserdaten vor, die in die Kalibrierung des numerischen Modells noch nicht eingegangen waren. Mit diesen Daten konnte gezeigt werden, wie realistisch mit dem neuen Prognosemodell die verursachten Druckänderungen in der Region berechnet werden können.“

Verweilzeit des Thermalwassers viel länger als angenommen

Das Projekt brachte auch einige neue hydrogeologische Erkenntnisse. Ursprünglich wurde die Fließzeit des Thermalwassers vom Einzugsgebiet in Bayern bis Bad Schallerbach in Oberösterreich auf rund 5.000 Jahre geschätzt. Neuere Untersuchungen zeigten nun eine deutlich höhere Verweilzeit des Wassers im Thermalgrundwasserleiter von einigen zehntausend Jahren auf.

Diese Ergebnisse bestätigten die Begrenztheit der vorhandenen nutzbaren Ressourcen an Thermalwasser. Sie machen deutlich, dass die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse und damit die Nutzungsmöglichkeiten nur erhalten werden können, wenn das Thermalwasser sparsam und im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung verwendet wird.

---

Weitere Informationen

->Bericht "Das Thermalwasservorkommen im niederbayerisch-oberösterreichischenMolassebecken" (PDF)

-----

Blockbild_klein.png

3D-Thermalwassermodell Niederbayern-Oberösterreich: Basierend auf einem konzeptionellen Modell wurde ein numerisches Modell entwickelt, mit dem am Computer die Auswirkung einer geplanten Entnahme auf die bestehenden Nutzungen prognostiziert werden kann. Quelle: Expertengruppe Thermalwasser (Hrsg.), 2024, Anlage 17. ->volle Auflösung

Teaserportlet Bebenkarte groß
Karten und Listen seismischer Aktivität

Aktuelle Erdbeben… mehr  •••

Umfeld eines Stollens © ZAMG
Angewandte Geophysik

Angewandte Geophysik… mehr  •••

Live-Seismogramm
Historische Erdbeben
Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
Magnetik
Willkommen bei der Magnetik der geophysikalischen Abteilung der ZAMG. © ZAMG Geophysik
Conrad Observatorium
Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner