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01.10.2021

Ein Pionier der Klimaforschung: Julius Hann (1839-1921)

Ein Pionier der Klimaforschung: Julius Hann (1839-1921)

©ZAMG

Julius Hann von Aistprugg wurde am 23. März 1839 in Schloss Haus im Mühlkreis / Oberösterreich geboren. Julius Hann entstammt einer kinderreichen Familie. Sein Vater war, als Hann geboren wurde, Pfleger und Distriktskommissär der gräflich Starhembergschen Herrschaft Haus im Mühlkreis und wohnte auf Schloss Haus, wo Hann die ersten 13 Jahre seiner Kindheit verbrachte und von einem Hauslehrer unterrichtet wurde. Am 10. Juli 1852 starb der Vater, die Mutter Hanns zog mit ihren Kindern nach Linz und bald darauf nach Kremsmünster, wo sie ein Kosthaus für Schüler des dortigen Gymnasiums eröffnete um die Familie zu erhalten. Hann besuchte ab 1852 das Gymnasium in Kremsmünster. Seine Vorliebe für die Erscheinungen des Himmels, die Wolken, Gewitter, gehen auf diese Zeit zurück. 1860 legte er in Kremsmünster die Matura mit Auszeichnung ab.

Studium u.a. bei Eduard Sueß und Friedrich Simony

Noch im selben Jahr übersiedelte Hann nach Wien, um Mathematik und Physik für das Lehrfach zu studieren. Nach sechs Semestern der Mathematik, Chemie und Physik, dann auch der Geologie und Paläontologie bei Eduard Sueß und der physischen Geographie bei Friedrich Simony, legte er 1864 die Lehramtsprüfung ab.

Hann begann nun seine erste meteorologische Arbeit, für die er den Stoff schon während der Gymnasialzeit in Kremsmünster gesammelt hatte. Aus finanziellen Gründen nahm er eine Supplentur für Physik am Wiener Schottenfeldgymnasium an. Schon 1865 wurde er durch den damaligen Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, Carl Jelinek, aufgefordert, sich an der Redaktion der eben begründeten Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie zu beteiligen; damit begann seine Redaktionstätigkeit, die er bis kurz vor seinem Tode durch 55 Jahre hindurch innehatte. Durch Hann wurde die Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie auf diesem Wissensgebiet führend im deutschen Sprachgebiet.

1867 übernahm Hann die Adjunktenstelle an der Zentralanstalt. Kurz darauf wurde er zum Doctor philosophiae promoviert und im Jahre 1868 habilitierte er sich an der Universität Wien.

Dozent an der BOKU, Professor an der Haupt-Uni Wien, Direktor der ZAMG

Schon im Herbst 1872 übernahm er auch die Dozentur für Klimatologie an der damals gerade gegründeten Hochschule für Bodenkultur, die er bis 1875 behielt. Als im September 1873 der erste internationale meteorologische Kongress in Wien tagte, entsandte man Hann zusammen mit dem Direktor der Zentralanstalt, Jelinek, als Delegierte Österreichs in den Kongress.

1874 wurde Julius Hann außerordentlicher Professor der physikalischen Geographie an der Wiener Universität, drei Jahre später, 1877 als Nachfolger Jelineks, zum Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus und zum ordentlichen Professor für Physik an der Universität Wien ernannt.

Erste internationale Aufmerksamkeit

Hanns wissenschaftliche Tätigkeit war umfassend, bereits im ersten Jahrgang der österreichischen Zeitschrift für Meteorologie findet sich die erste seiner Publikationen über den Föhn, die international auf ihn aufmerksam machte. Diesem Thema folgte das Problem der warmen Antizyklone, das deshalb Wichtigkeit hatte, weil Hanns, auf den Tatsachen beruhende, Schlüsse mit den damaligen Theorien nicht in Einklang zu bringen waren. Erst Jahrzehnte später konnten seine Ergebnisse, auf Grund neuer Erkenntnisse, verstanden werden.

Besondere Aufmerksamkeit widmete Hann den meteorologischen Beobachtungen auf Höhenstationen, für deren Ausbau er sich wiederholt einsetzte. Seine weltweiten klimatologischen Arbeiten waren, zum damaligen Zeitpunkt, einzigartig. Er schuf die allgemeine und die spezielle Klimatologie und gab dadurch dieser Wissenschaft die Grundlage für ihre spätere Entwicklung.

Standardwerke der Meteorologie und Klimatologie

Das erste zusammenfassende Werk Hanns, „Die Erde als Ganzes, ihre Atmosphäre und Hydrosphäre“ [Wien, 1. Auflage 1972, 3., stark erweiterte Auflage 1880, 5. Auflage 1897], behandelte die Geophysik umfassend. 1883 entstand sein bekanntestes Werk, das „Handbuch der Klimatologie“, zunächst einbändig, später 1908, in 3. Auflage dreibändig und sehr erweitert. Es bildete die Grundlage der damaligen klimatologischen Kenntnisse. Hanns zweites großes Werk stellte das „Lehrbuch der Meteorologie“ dar.

Als er im Jahre 1897 durch 20 Jahre lang Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus gewesen war, entschloss er sich, die administrativen Arbeiten zu Gunsten der Forschung aufzugeben, und legte seine Stelle als Direktor nieder. Ihm wurde daraufhin eine ordentliche Professur der Meteorologie an der Universität Graz verliehen. Dort blieb Hann aber nur drei Jahre und kehrte schon 1900 als Ordinarius nach Wien zurück, wo er noch zehn Jahre Vorlesungen hielt. Als er mit 71 Jahren, 1908, in den Ruhestand trat, führte er die Redaktion der meteorologischen Zeitschrift noch bis 1920 gemeinsam mit Reinhard Süring weiter.

Hochdekoriert: vom Adelstitel bis zur Hann-Medaille

Die Akademie der Wissenschaften ernannte Hann 1873 zum korrespondierenden und wählte ihn 1877 zum wirklichen Mitglied. Von 1893 an bis zu seiner Übersiedlung nach Graz war er Sekretär der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien. Hann war Mitglied vieler ausländischer Akademien und gelehrter Gesellschaften und erhielt die für ihn geschaffene Hann-Medaille, die Buys-Ballot- und die Symons-Medaille. Im Jahre 1893 wurde ihm das österreichische Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft, 1906 der Rote-Adler-Orden, 1909 der preussische Kronenorden mit dem Stern und 1913 der preußische Orden pour le mérite für Wissenschaft und Kunst verliehen. Der österreichische Kaiser verlieh ihm den erblichen Adel. Die Österreichische Gesellschaft für Meteorologie hat Hann zu Ehren im Jahre 1898 die Hann-Medaille gestiftet. Zu seinem 40-jährigen Redaktionsjubiläum, 1906 wurde von der Meteorologischen Zeitschrift ein eigener „Hann-Band“ herausgegeben und zu seinem 80. Geburtstag widmeten Gelehrte des In- und Auslandes eine Geldsumme, deren Ertrag zur Verteilung von „Hann-Preisen“ durch die Wiener Akademie der Wissenschaften bestimmt war.

Erfolg und Fortschritt durch „... rein sachliche Arbeit ...“

Felix Maria Exner, späterer Direktor der Zentralanstalt charakterisierte Hanns internationalen hervorragenden Ruf folgendermaßen: „…Seine Ruhe, Objektivität und Menschenfreundlichkeit verschafften ihm überall Freunde, gaben ihm überall Einfluss. Hann war im Leben äußerst einfach und bescheiden, die Arbeit war ihm alles, nur die Natur hat ihn bisweilen vom Schreibtisch abgezogen. Er hatte viel Humor und war von größter Güte und Rücksicht für seine Umgebung. Die Meteorologen Österreichs verdanken ihm unendlich viel. Er war es, der den Ruf der österreichischen Meteorologie begründete, ihm ist es zuzuschreiben, dass in Österreich an allen Universitäten Lehrstühle für Meteorologie und Geophysik errichtet wurden. Blickt man auf die Folgen seiner Tätigkeit, was Wissenschaft und Organisation betrifft, zurück, so kann man die Freude nicht unterdrücken, dass dies alles durch rein sachliche Arbeit erreicht wurde. So fußt der durch Hann bedingte Fortschritt auf der haltbarsten Grundlage, die sich denken lässt.“

Hann verstarb am 1. Oktober 1921 in Wien.