Mon, 27 Dec 2004 00:32:24 GMT
Der Oesterreichische Erdbebendienst meldet:
Am 26.Dezember 2004 hat sich um 1:58 Mitteleuropäischer
Zeit (MEZ) ein schweres Erdbeben vor der Küste von
Indonesien ereignet. Die Magnitude, die mit Hilfe der
Stationen der ZAMG in Österreich bestimmt werden konnte,
betrug 8.8.
Wie kam zu der Diskrepanz zwischen dem indonesischen
Erdbebendienst (Magnitude 6.4) und dem amerikanischen Erdbebendienst (USGS),
der eine viel größere Magnitude (8,5 und später 8,9)
vberichtete? Die Antwort ist einfach:
Im Nahbereich vom Epizentrum sind solche Messgeräte meist überfordert
d.h. die Messgeräte können die starken Bodenbewegungen
nicht mehr voll erfassen. Daraus resultieren dann
Abschätzungen, die in zu geringen Magnituden enden.
Zudem kommt, dass bei einem so starken Beben, das
relativ selten auftritt, inzwischen viel mehr ausländische
Stationen zur Verfügung - wenn auch später - stehen,
von denen man besser die freigesetzte Energie abschätzen
kann, als von den wenigen, die in dem betroffenen Land
- in diesem Fall Indonesien - vorhanden sind.
Die erste Welle von den Beben traf naturgemäss
12 Minuten nach dem Ereignis an den Stationen
in Österreich ein. Um zu beurteilen, ob es sich wirklich
um eine schweres Erdbeben - d.h. mit katastrophalen
Auswirkungen an der Oberfläche - gehandelt hat, muß man
zusätzlich auf Grund der Distanz vom Epizentrum -
noch ein Stunde abwarten bis die Oberflächenwelle
vollständig registriert worden ist.
Eines ist sicher, dieses Erdbeben war das Schwerste in den
letzten 40 Jahren, welches gemessen wurde. Ähnlich starke Beben gab es zuletzt
1960 und 1964 in Alaska und in Chile, die aber weniger
Menschenleben - insbesondere durch Tsunami - forderten.
Vor 1890 gibt es keine genauen Messungen der Bodenbewegungen
hervorgerufen durch Erdbeben.
Das Wort Tsunami ist japanischen Ursprungs und bedeutet
"große Hafenwelle". Solche Effekte treten hauptsächlich
in Flachwasserbereichen, Buchten, Strände und dergleichen
auf, - aber nur wenn ein Erdbeben genug seismische Energie
aufweist. Das logarithmische Mass dieser Energie ist
die Magnitude. Ab einer Magnitude von 7 wird im
pazifischen Raum grundsätzlich "Tsunami"-Warnung
gegeben. Im Raum des indischen Ozeans fehlt noch
solch ein Warnsystem.
Das massive Erdbeben, welches einen Tsunami im Indischen
Ozean verursachte und dem so viele Menschen zum Opfer fielen,
wurde an allen Erdbebenstationen in Österreich deutlich
registriert. Fühlbar war das Erdbeben in Österreich jedoch
nicht.
Hauptsächlich betroffen waren die Küstenregionen des
Indischen Ozeans von Sumatra über Thailand, Myanmar (Burma),
Bangladesh, Indien, Sri Lanka und die Malediven.
Hilfskräfte vom Bundesheer und des Roten Kreuzes wurden
seitens des Erdbebendienstes informiert.
Mit Nachbeben in dieser Region muss in den nächsten Wochen
gerechnet werden, die zu weiteren Tsunami -
wenn auch geringeren Ausmasses - führen können.
Der katastrophale Tsunami kam durch ein Erdbeben zu Stande,
das sich an der Plattengrenze der Indischen Platte
und der Eurasischen Platte ereignete. Die dabei aktivierte
Nord-Süd orientierter Bruchzone war mindestens 1000 km lang und erstreckte sich
von Sumatra über die Nicobarischen Inseln bis an das
Ende der Andamanen. Durch den plötzlichen Schub der indischen
Platte nach Osten unterhalb des asiatischen Kontinents kam
es durch die vertikale Bewegung zu einer plötzlichen
fast senkrechten Verschiebung
der Wassermassen, die nur dann besonders auftritt, wenn
in senkrechter Richtung - also in- oder entgegen der Erdanziehung
Massen in Bewegung geraten sind.
Bei einem Erdbeben, das sich an einer Plattengrenzen ereignet, wo
sich die Platten horizontal gegeneinander verschieben
(San Franzisco Beben 1906), wäre es nicht zu diesen Auswirkungen
gekommen.
Mehr über Erdbeben und Tsunami finden Sie unter:
www.zamg.ac.at und dann in der linken Spalte "Fachbereiche"
und dann "Geophysik" wählen und dann rechts oben unter
"Bitte wählen Sie" den Bereich "Was Sie über Erdbeben wissen
sollten" anklicken. Dort finden Sie alles Wissenswerte
über Erdbeben. Sollten Sie Fragen haben, so findet sich
dort unter dem Thema "Fragen und Antworten" eine Fülle
von Informationen.
Erst unlängst hat die ZAMG neue Informationsplakate zum
Erdbebenschutz ins Internet gestellt, die sowohl dort, als
auch unter der NEWS-Seite der ZAMG abgerufen werden können.
Ein vergleichbares Erdbeben kann es in Österreich übrigens nicht
geben, da die geologischen Voraussetzungen dafür nicht vorhanden
sind. Pro Jahr werden jedoch in Österreich bis 60 "kleine" Erdbeben von
der Bevölkerung in den verschiedenen Bundesländern wahrgenommen.
Zehnmal mehr werden mit Hilfe der
österreichischen Erdbebenstationen registriert, wovon jedoch
die Hälfte auf der beobachteten Erschütterungen auf
kommerzielle Sprengungen zurückzuführen ist.
Die Erforschung der anderen "wirklichen Erdbeben" ist für die
Gestaltung von Bauwerken von großer Bedeutung, ob nun historische
Gebäude und oder Schäden durch historische Erdbeben gemeint sind, oder
"aktuelle" Beben und deren Auswirkungen.
Dies ist die Kernaufgabe des Österreichischen Erdbebendienstes an der ZAMG,
dessen Resultate in die ÖNORM zur erdbebensicheren Bauweise eingehen
(siehe auch www.oge.or.at), da dadurch grosse volkswirtschaftliche Schäden
abgewendet werden können.
Zusätzlich beobachtet der Erdbebendienst die Einhaltung des
Nuleartestverbots und Erdbeben in der Nähe von Atomkraftwerken,
um eine sichere Einschätzung der diesbezüglichen Gefahren denen
die Bevölkerung ausgesetzt sein könnte, zu ermöglichen und
entsprechende Massnahmen durch das Bundesministerium für
Inneres zu unterstützen.
Wie kann ich Meldungen über Erdbeben in Österreich an die ZAMG senden?
Bitte nutzen Sie unsere Internet-Seite www.zamg.ac.at/bebenmeldung
Verfasser: Univ.Doz.Dr.Wolfgang Lenhardt/Seismologe
"Erdbeben im Indischen Ozean"