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09.10.2017

Neuer Umweltsatellit misst weltweit Luftschadstoffe

Neuer Umweltsatellit misst weltweit Luftschadstoffe

©ESA/ATG medialab

Für Freitag, 13. Oktober 2017, ist der Start des neuen europäischen Umweltsatelliten Sentinel-5P geplant. Er wird in extrem hoher Genauigkeit weltweit Spurengase in der Atmosphäre messen. Die Daten werden in Österreich unter anderem von der ZAMG verwendet, um die Analyse und Vorhersage von Luftschadstoffen weiter zu verbessern. Sentinel-5P ist Teil des Copernicus-Programms, mit dem Europa in den nächsten Jahrzehnten eine weltweit führende Rolle in der Erdbeobachtung einnehmen wird.

Österreich gehört zu den wenigen Ländern, in denen bereits ein öffentlicher und kostenloser Zugang zu den Daten der Sentinel-Satelliten eingerichtet wurde. Der Datenzugang „Sentinel National Mirror Austria" auf www.sentinel.zamg.ac.at wurde 2016 von der ZAMG umgesetzt.

Am Montag (9.Oktober) fand in Graz eine Podiumsdiskussion zu „30 Jahre Österreich bei der Europäischen Weltraumbehörde ESA" statt. Michael Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gab dabei auch einen Ausblick auf den breiten Nutzen des neuen Umweltsatelliten aus dem Copernicus-Programm, Sentinel-5P, der am 13. Oktober 2017 gestartet wird: „Mit den Daten der Schadstoffsensoren von Sentinel-5P werden wir in Österreich die Analyse und Vorhersage der Luftgüte in den einzelnen Bundesländern weiter verbessern können. Außerdem gehen die Daten unter anderem in Warnungen vor Vulkanasche im Flugverkehr und in UV-Warnungen ein. Außerdem wird die Auswertung der Sentinel-5P-Daten neue Erkenntnisse über die chemischen und physikalischen Wechselwirkungen in verschiedenen Höhen der Atmosphäre und ihre Auswirkungen auf Wetter und Klima bringen."

Sentinel-5P: ein Vorreiter in der Umweltüberwachung

Der neue Satellit wird nach aktueller Planung am Freitag, dem 13. Oktober, um 11.27 Uhr MESZ vom Kosmodrom Plessezk in Nordrussland gestartet. Alle Informationen sowie eine Live-Übertragung des Starts zeigt die ESA auf www.esa.int/sentinel5p.

Das „P" in Sentinel-5P steht für „Precursor", übersetzt „Vorläufer", da er als erster Satellit der Copernicus-Mission der extrem genauen Schadstoffüberwachung der Atmosphäre dient. An Bord des Satelliten, der an die erfolgreiche Envisat-Mission der ESA anknüpft (2002-2012), befindet sich das hochentwickelte Instrument Tropomi, mit dem zahlreiche Spurengase wie Stickstoffdioxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid, Methan, Kohlenmonoxid und Aerosole kartiert werden, die Auswirkungen auf unsere Atemluft, unsere Gesundheit und unser Klima haben.

Bessere Analyse und Prognose von Schadstoffen in Österreich

In Österreich werden die Daten von Sentinel-5P unter anderem von der ZAMG genutzt um die flächendeckenden Informationen von Schadstoffen zu verbessern, sagt der Experte für Umweltmeteorologie Marcus Hirtl: „Bodenstationen messen zwar sehr gut an bestimmten Punkten rund um die Uhr Schadstoffe, aber zwischen den Stationen haben wir in vielen Gebieten nur wenige Informationen. Sentinel-5P umkreist die Erde und misst dabei ein Mal pro Tag flächendeckend die Schadstoffe über Österreich. Wir kombinieren in Computermodellen die Daten der Bodenstationen und des Satelliten und erhalten so künftig sehr genaue Analysen der Schadstoffverteilung, die zum Beispiel vom Umweltbundesamt und von den Bundesländern genutzt werden. Außerdem sind diese verbesserten Analysen die Ausgangsbasis für die Vorhersage der Luftqualität in den nächsten Stunden und Tagen."

„Rückwärtsrechnung": Wer verursacht Luftverschmutzung?

Die Schadstoffverteilung kann nicht nur in die Zukunft gerechnet werden, sondern auch in die Vergangenheit. „Wird zum Beispiel über Österreich oder anderen Teilen Europas eine hohe Konzentration bestimmter Schadstoffe gemessen, können wir die Modelle auch rückwärts laufen lassen", sagt ZAMG-Experte Hirtl, „so lässt sich feststellen, aus welcher Region diese Schadstoffe kommen. Durch die neuen Daten von Sentinel-5P können somit unter anderem die Verursacher von Luftverschmutzungen besser festgestellt werden und gezielte Maßnahmen zur Luftreinhaltung unternommen werden."

TAMP: Neue Methoden um mit enormen Datenmengen umzugehen

Außerdem werden die Daten des Umweltsatelliten Sentinel-5P auch in TAMP (Technology and Atmospheric Platform) eingehen, einem Projekt der ZAMG mit den Firmen Sistema (Projektleitung) und EOX. „Für viele Anwender ist es mittlerweile nicht mehr zweckmäßig, die enormen Datenmengen herunterzuladen und lokal weiterzuverarbeiten. Die Plattform TAMP bietet eine Möglichkeit, die Daten von Satelliten, Computermodellen und herkömmlichen Messungen darzustellen, zu prozessieren und auszuwerten. Anschließend müssen nur noch die Ergebnisse heruntergeladen werden, die vergleichsweise wenig Speicherplatz brauchen", erklärt Marcus Hirtl von der ZAMG.

Die Sentinel-Satelliten-Serie

Am 3. April 2014 eröffnete die Europäische Weltraumbehörde ESA mit dem Start des ersten Satelliten der Sentinel-Reihe (Sentinel 1A) ein neues Zeitalter in der Erdbeobachtung. Sie vermessen rund um die Uhr die Erdoberfläche, die Meere und die Atmosphäre, um Daten für Forschung und Anwendungen zu sammeln. Am Beginn des nächsten Jahrzehnts werden zwölf europäische Sentinel-Satelliten zeitnah und in hoher Auflösung Daten liefern.

Neben der Luftgüteüberwachung dienen Sentinel-Daten auch der Verbesserung von Wetterprognosen und der Überwachung von Eis und Schnee. Bodenfeuchtedaten von Sentinel-1 und Bodentemperaturdaten von Sentinel-3 sollen helfen, die Wetterprognosen weiter zu verbessern. Daten von Sentinel-1, 2 und 3 dienen zur Verbesserung des Gletscher-Monitorings, zur Verbesserung der Schneeanalysen und Schneeprognosen und gehen in die Modellierung der Sonneneinstrahlung ein.

Frei zugängliche Sentinel-Daten

Für die enormen Datenmengen müssen europaweit neue, leistungsstarke High-Tech-Infrastrukturen aufgebaut werden. Erst wenige Länder konnten bisher ein derartiges Datenzentrum in Betrieb nehmen. In Österreich richtetet die ZAMG bereits 2016 einen für alle Nutzerinnen und Nutzer frei verfügbaren und kostenlosen Zugang zu den Satelliten-Daten ein, den sogenannten „Sentinel National Mirror Austria" auf www.sentinel.zamg.ac.at . Der Auftrag für das Projekt kam im Rahmen einer Verwaltungsübereinkunft zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW). Seit 2017 setzt die ZAMG im Auftrag der ESA auch ein Sentinel Data Hub Relay um. Es dient der internationalen Vernetzung der einzelnen nationalen Datenzentralen des Copernicus-Programms.

Täglich mehrere Billionen Byte Satelliten-Daten

Im „Sentinel National Mirror Austria" treffen derzeit täglich fünf Tera-Byte an Daten der Sentinel-Satelliten ein. Sie werden von der ZAMG direkt von der Europäischen Weltraumbehörde empfangen, erstprozessiert und an der öffentlichen Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Nutzer sind unter anderem Anwender aus Wissenschaft, Technik, Behörden und Firmen. Damit ist die Erdbeobachtung - die noch vor wenigen Jahrzehnten unscharfe und grob aufgelöste Aufnahmen der Erde lieferte - endgültig im Big-Data Zeitalter angekommen.

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Sentinel-5P dient der Klimaforschung und der weltweiten Überwachung der Luftqualität: Zahlreiche Spurengase werden in extrem hoher Auflösung gemessen, wie Stickstoffdioxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid, Methan, Kohlenmonoxid und Aerosole. Quelle: ESA/ATG medialab –>Link zum Bild in Originalgröße

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Web-Links

ESA Mission Sentinel-5P: www.esa.int/sentinel5p

Copernicus National Mirror Austria (Website): www.sentinel.zamg.ac.at

Copernicus National Mirror Austria (direkter Datenzugang): http://data.sentinel.zamg.ac.at

ZAMG Europaweite Schadstoffvorhersagen: www.zamg.at/cms/de/umwelt/luftqualitaetsvorhersagen/schadstofftransport

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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