Klima / News / Wien wird heißer: Klimaforschung und Städtebau untersuchen Maßnahmen gegen Hitzebelastung

18.06.2013

Wien wird heißer: Klimaforschung und Städtebau untersuchen Maßnahmen gegen Hitzebelastung

Wien wird heißer: Klimaforschung und Städtebau untersuchen Maßnahmen gegen Hitzebelastung

©ZAMG

Die einen freuen sich, die anderen leiden: Die Tage über 30 Grad sind in Wien in den letzten Jahrzehnten um rund 50 Prozent häufiger geworden. Ähnliche Trends gelten auch für andere große Städte Österreichs. Berechnungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) lassen bis zum Jahr 2100 einen weiteren deutlichen Anstieg der Sommerhitze erwarten.

In einem Projekt mit der Stadt Wien untersucht die ZAMG mit Hilfe eines hochaufgelösten Stadtklima-Modells, welche Maßnahmen im Städtebau die Hitzebelastung dämpfen können, wie etwa die Anlage von Grün- und Wasserflächen.

Mit dem Stadtklimamodell der ZAMG werden Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und Windgeschwindigkeit auf einem Raster von 100 mal 100 Meter  im gewählten Stadtgebiet untersucht, unter Berücksichtigung der Geländeform und einer detaillierten Landnutzung. So erhält man nicht nur Informationen über klimatologische Trends sondern auch Aussagen über die Änderung des Stadtklimas in Abhängigkeit von der Stadtentwicklung.

In den Städten wird es immer heißer. Wien erlebte im Zeitraum 1961 bis 1990 durchschnittlich 9,6 Hitzetage (30 Grad und mehr) pro Jahr, im Zeitraum 1981 bis 2010 waren es bereits 15,2 Hitzetage pro Jahr. Ähnliche Trends gelten auch für die anderen großen Städte in Österreich.

Klimaerwärmung und Stadt-Effekt

Die Erwärmung hat zwei Gründe, sagt die Klimaforscherin der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Maja Zuvela-Aloise: „Zum einen wird unser Klima immer wärmer, die mittlere Temperatur im Alpenraum ist in den letzten 100 Jahren um rund zwei Grad gestiegen. Zum anderen steigt die Hitzebelastung in den Städten durch die Bebauung überdurchschnittlich stark. Zusätzlich wachsen die Städte und immer mehr Fläche wird bebaut. Eine besondere Belastung für die Menschen ist hier, dass es in Hitzeperioden auch in den Nächten nicht richtig abkühlt. Besonders für alte und kranke Menschen können längere Hitzewellen lebensbedrohlich sein.“

In den nächsten Jahre weitere Zunahme der Sommer- und Hitzetage

Die heißen Tage und Nächte in den Städten werden in den nächsten Jahrzehnten mit großer Wahrscheinlichkeit noch häufiger. „Wir arbeiten an der ZAMG mit einem hochaufgelösten Stadtklimamodell, um Szenarien für die nächsten Jahrzehnte zu entwickeln,“ erklärt Maja Zuvela-Aloise, Stadtklima-Expertin der ZAMG, „mit der Stadt Wien zum Beispiel haben wir mögliche Änderungen bei den Sommertagen untersucht, also 25 Grad und mehr. Die Ergebnisse sind natürlich mit großen Unsicherheiten verbunden, je nachdem welches regionale Klimaszenario man für die nächsten Jahrzehnte annimmt. Einige Modellläufe lassen in Wien bis zum Jahr 2100 einen Anstieg der Sommertage von 30 bis 50 Prozent erwarten.“

Ähnliches gilt für die anderen großen Städte Österreichs. Auch in den ländlichen Regionen wird eine Zunahme der Hitze erwartet. Die körperliche Belastung für die Menschen fällt hier aber nicht so massiv aus, da es in den Nächten stärker abkühlt als in den Städten.

Weniger Hitzebelastung durch Maßnahmen im Städtebau

Um die Hitze in den Städten deutlich zu dämpfen und die Lebensqualität für die Menschen zu steigern, sind Maßnahmen im Städtebau notwendig. Für eine effiziente Umsetzung ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Klimaforschung und Städtebau wichtig, erklärt Maja Zuvela-Aloise: „Jede Stadt hat ihr ganz spezielles Klima, das nicht nur mit dem Stadtgebiet sondern auch mit dem Klima des Umlandes zusammenhängt. Wie wirkungsvoll Maßnahmen gegen Hitzebelastung sind, lässt sich nur über Simulationen in einem Stadtklima-Modell realistisch abschätzen, weil es hier sehr viele komplexe Wechselwirkungen gibt. Zum Beispiel ermitteln wir an der ZAMG derzeit in einem Projekt mit der Stadt Wien die besonders belasteten Stadtgebiete von Wien. Über Computersimulationen kann man dann prüfen, welche Maßnahmen zur Reduktion der Hitzebelastung hier besonders effektiv sind.“

Wie kleine Parks große Wirkung haben können

Die einfache Formel ´weniger Beton plus mehr Grün- und Wasserflächen ergibt weniger Hitze´ ist nicht immer leicht umsetzbar, da zum Beispiel das Schaffen neuer Parks nur sehr eingeschränkt möglich ist. Außerdem bedeutet ein neuer Park nicht unbedingt deutlich weniger Hitzebelastung in der Umgebung, sagt die Stadtklima-Expertin der ZAMG Maja Zuvela-Aloise: „In kleinen Parks wirkt die Abkühlung vor allem im Bereich der Grünfläche selbst, aber nur wenig auf die Umgebung. Untersuchungen zeigen aber, dass mehrere kleine Grünflächen in einem Stadtteil wie ein großer Park wirken und die Kühlung dann weit in den bebauten Bereich hineinwirken kann. Ein durchdachter Städtebau in Zusammenarbeit mit der Klimaforschung kann somit den Auswirkungen des Klimawandels und der wachsenden Städte deutlich entgegenwirken und die Lebensqualität der Menschen merkbar steigern.“

Klimaforschung spezial: hochaufgelöste Modell-Simulationen für Städte

Städte sind allgemein empfindlich gegen extreme Wetter- und Klimaerscheinungen, da sehr viele Menschen und eine komplexe Infrastruktur betroffen sind. Um die Auswirkungen abzuschätzen und eine nachhaltige Stadtplanung zu unterstützen arbeitet die ZAMG seit 2010 mit dem dynamischen Stadtklimamodell MUKLIMO_3. Es wurde vom Deutschen Wetterdienst entwickelt und von der ZAMG an die speziellen Anforderungen angepasst.

Dieses Stadtklima-Modell berechnet die flächenhafte und zeitliche Verteilung von Temperatur, relativer Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und Windgeschwindigkeit auf einem Raster von 100 mal 100 Meter im gewählten Stadtgebiet unter Berücksichtigung der Geländeform und einer detaillierten Landnutzung.

An der ZAMG werden damit nicht nur klimatologische Trends in Großstädten untersucht sondern auch die Frage, wie sich das Stadtklima in Abhängigkeit von der Stadtentwicklung, wie etwa einer geänderten Bebauung und Flächennutzung, entwickelt.

-----

landnnutzung-1_vergangenheit_zamg.jpg

landnnutzung-2_gegenwart_zamg.jpg

landnnutzung-3_zukunft_zamg

Beeinflusst das Stadtklima: Die Landnutzung ändert sich markant.
Oben: Digitalisierte historische Landkarte der ersten Josephinischen Landesaufnahme (in Wien 1773-1781) aus dem Österreichischen Staatsarchiv.
Mitte: Heutige Landnutzung. Erstellt aus einer Kombination der Landnutzungsdaten der MA18 der Stadt Wien (Stadtentwicklung und Stadtplanung) und satellitenbasierter Landnutzungsdaten des Austrian Insitute of Technology.
Unten: Hypothetische Entwicklung von Wien mit neuer Bebauung in der Süd-Ost und Nord-Ost Region und Verdichtung der bestehende lockeren Bebauung.

Quelle: ZAMG

-----

Web-Links

Wetterwarnungen Österreich: www.zamg.at/warnungen

Wetterwarnungen Europa: www.meteoalarm.eu

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

© Meteopics P. Schuhbauer
Wettergutachten

Auskunft über vergangenes Wetter… mehr  •••

Gitterdatensätze

Räumliche Daten für Forschung und Planung… mehr  •••

© IG Windkraft Österreich
Windenergiegutachten

Berechnung der erwartbaren Energieproduktion… mehr  •••

Sonnblick-Observatorium
zur Sonnblick-Website (© ZAMG)
Phänologie-PhenoWatch
zum Phänologie-Portal (© ZAMG)
HISTALP
zur HISTALP-Website (© ZAMG)