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18.08.2016

Neuer Umweltsatellit zeigt Ausmaß der Muren im Gasteiner Kötschachtal

Neuer Umweltsatellit zeigt Ausmaß der Muren im Gasteiner Kötschachtal

©ZAMG/ESA

Aufnahmen des ESA-Satelliten Sentinel-2 zeigen die Folgen des schweren Gewitters vom 31. Juli 2016.

Die mittlerweile vier Sentinel-Satelliten der Europäischen Weltraumbehörde ESA vermessen rund um die Uhr die Erdoberfläche, die Meere und die Atmosphäre, um Daten für Forschung und Anwendungen zu sammeln. Die Satelliten-Aufnahmen nach den Vermurungen Ende Juli im Großraum Bad Gastein (Salzburg) geben einen kleinen Einblick in die Möglichkeiten der Arbeit mit den neuen hoch aufgelösten Satellitendaten.

Moränenmaterial des Gletschers schoss ins Tal

Schwere Gewitter brachten am 31. Juli 2016 im Bereich der Hohen Tauern enorme Wassermassen innerhalb von nur wenigen Stunden. Bäche wurden zu reißenden Flüssen und Muren gingen ab. Teile von Straßen und Brücken wurden weggerissen (->Bericht auf salzburg.orf.at). Ein noch nicht abzuschätzender Teil des Murenmaterials hatte seinen Ursprung im Gletschervorfeld des Tischlerkarkees, der in den letzten 20-30 Jahren auch einen Rückgang seiner Eismassen verzeichnete. Allgemein sind Gletschervorfelder geprägt von losem Moränenmaterial. Moränenmaterial zeichnet sich durch unsortierte Sedimente unterschiedlicher Korngrößen, von Felsbrocken bis Feinmaterial, aus. Besonders erst kürzlich eisfrei gewordene Gletschervorfelder zeigen spärliche, nur sehr oberflächliche Vegetation, ohne einer den Boden stabilisierenden Verwurzelung. Aus diesen Gründen können die glazialen Sedimente von rezenten Gletschervorfeldern relativ leicht mobilisiert und erodiert werden. Die Flächen unkonsolidierter (ungefestigter/instabiler) Gletscherablagerungen bergen daher ein Gefahrenpotential, dass sich z.B. bei lokalen Starkniederschlägen in Form von Murgängen entladen kann. Dieser Umstand stellt eine reale Naturgefahr für angrenzende Gebiete (z.B. 'Kötschachtal') und Ortschaften (z.B. 'Bad Gastein - Badbruck') dar, sagt Daniel Binder von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Ein Foto vom 14.08. zeigt klar die frischen Moränenabbrüche und das Hervortreten des 'frisch polierten' Felsuntergrunds in den leergeräumten Abflussbahnen.

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Gletschervorfeld des Tischlerkarkees mit frischen Moränenabbrüchen und das Hervortreten des 'frisch polierten' Felsuntergrunds in den leergeräumten Abflussbahnen. Quelle: ZAMG/Binder

Folgen klar sichtbar in Satelliten Daten

Der Vergleich von Sentinel-2 Daten aus August 2015 und August 2016 veranschaulicht klar die Folgen des Starkniederschlags am 31.07. 2016. Vor allem die Bahnen des Murgangs und flächige Sediment- und Geröllablagerungen sind sehr gut zu erkennen. Basierend auf den neuen Sentinel-Satellitendaten lassen sich solch kleinräumigen Veränderungen zeitnah veranschaulichen und bieten somit ein wertvolles Werkzeug für räumliche Analysen um z.B. Gefahrenpotentiale zu erkennen und abzuschätzen. „Durch die systematische Auswertung unterschiedlichster Satellitendaten kann man in Zukunft besonders heikle Gebiete ermitteln und die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Verbauungen, Rückhaltebecken und Bausperren bewerten“, sagt Annett Bartsch von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und ergänzt, „in Zeiten des Klimawandels finden Veränderungen vor allem im Hochgebirge sehr schnell statt. Die neuen Satellitendaten liefern uns eine zeitnahe Bestandsaufnahme.“

Kostenlose Satellitendaten beim „Sentinel National Mirror Austria“

Österreich ist eines der wenigen Länder mit einem öffentlichen und kostenlosen Zugang zu den Daten der neuen Sentinel-Satelliten. Die Satelliten, die im Rahmen der Europäischen Initiative Copernicus entwickelt und betrieben werden, sind Teil eines ambitionierten Programms, mit dem Europa in den nächsten Jahrzehnten eine weltweit führende Rolle in der Erdbeobachtung einnehmen wird. Der Datenzugang „Sentinel National Mirror Austria“ wurde im Rahmen einer Verwaltungsübereinkunft von Wissenschafts- und Infrastrukturministerium beauftragt und von der ZAMG aufWebsite www.sentinel.zamg.ac.at umgesetzt. Hier treffen täglich drei Billionen Byte Daten ein, welche die ZAMG direkt von der Europäischen Weltraumbehörde bezieht und erstprozessiert. Mehr dazu auf ->Daten der Sentinel-Erdbeobachtung-Satelliten in Österreich kostenfrei abrufbar.

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Aufnahmen des Sentinel-2-Satelliten: Im Bild unten die Aufnahme nach dem Murenabgang Ende Juli 2016. Im Bild oben zum Vergleich eine Aufnahme aus dem Sommer 2015. Im Bild links sieht man in hellblau die Abflussbahnen aus dem Gletschervorfeld des Tischlerkarkees. Die einzelnen Bahnen vereinigten sich im Kötschachtal zu einer massiven Schlamm- und Gerölllawine. Das hellblaue Feld im unteren Bild links oben ist eine vollständig mit Sediment und Geröll bedeckte Wiese. Die Distanz zwischen Gletschervorfeld und der Sediment-bedeckten Wiese ist ca. 5 km. Quelle: ZAMG/ESA.

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Web-Links

Copernicus National Mirror Austria (Website): www.sentinel.zamg.ac.at

ZAMG allgemein: www.zamg.ac.at und www.facebook.com/zamg.at

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