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16.10.2012

Die Grenzen regionaler Klimamodelle

Die Grenzen regionaler Klimamodelle

© Meteopics J. Gusenbauer

Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien haben die Stärken und Schwächen eines regionalen Klimamodells im Alpenraum untersucht. Die Ergebnisse wurden vor kurzem im angesehenen Fachmagazin Climate Dynamics (Springer Verlag) veröffentlicht.

Zusammenfassung

Klimamodelle werden verwendet, um Klimaszenarien für die Zukunft zu berechnen. Dabei geht man in der Klimaforschung immer mehr von globalen zu regionalen Klimamodellen über, um noch detailliertere Aussagen über kleinräumige Veränderungen zu erhalten. An der ZAMG wurde jetzt ein in Europa häufig verwendetes regionales Klimamodell für das klimatologisch hoch komplexe Gebiet des Alpenraumes auf Stärken und Schwächen überprüft. Dazu verglich man die Modellsimulationen für die letzten 40 Jahre mit Beobachtungsdaten. Das Ergebnis: Die Berechnungen für die Randregionen der Alpen sind sehr zuverlässig. Besonders aber in den inneralpinen Regionen stößt selbst das hochauflösende Klimamodell an seine Grenzen.

Details

Globale Klimamodelle berechnen das Klima der Erde mit einer horizontalen Auflösung von 100 bis 150 Kilometer. Darauf aufbauend, werden in Europa für viele Anwendungen regionale Klimamodelle in einer Auflösung von 12 bis 50 Kilometer verwendet. Das ist für Fragestellungen in gebirgigen Regionen aber noch immer nicht ausreichend. Klaus Haslinger, Klimaforscher an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Sinnvolle Klimasimulationen für den Alpenraum beginnen bei einer Auflösung von zehn Kilometer. Denn erst dann können die regionalen Einflüsse der komplexen Berg- und Talstrukturen gut abgebildet werden.“

Vom Mittelmeer bis ins Hochgebirge: extreme Testumgebung Alpenraum

An der ZAMG wurde daher das regionale Klimamodell COSMO-CLM einem sehr intensiven Test unterzogen. Das Modell wurde für den Alpenraum in einer Auflösung von nur zehn Kilometer getestet.

Dafür wurden Berechnungen des Modells für den Zeitraum 1961 bis 2000 mit Beobachtungsdaten verglichen. Die Frage war, wie gut kann das Klimamodell für fünf typische Klimaregionen in den Alpen in Bezug auf Temperatur und Niederschlag folgende Eigenschaften simulieren: Verlauf der Jahreszeiten, Schwankungen von Jahr zu Jahr, Anzahl der Niederschlagstage, Intensität des Niederschlags, Unterschiede in verschiedenen Höhenlagen sowie langjährige Trends.

Grenzen der Klimamodelle werden sichtbar

Die Ergebnisse zeigen deutlich, wo derzeit die Grenzen der Klimasimulationen liegen. Klaus Haslinger von der ZAMG: „Grob kann man sagen: An den Rändern der Alpen sind die Ergebnisse wirklich gut. Da liegen die Modellberechnungen von Temperatur und Niederschlag nahe an den in der Realität gemessenen Werten. Aber je weiter man in die Alpen hineingeht, desto größer werden die Abweichungen. Um die inneralpinen Regionen brauchbar zu simulieren, müssen wir mit der Auflösung eindeutig noch mehr ins Detail gehen und auch einige physikalische Prozesse noch stärker berücksichtigen, wie zum Beispiel die Bildung von Wolken und Gewitterzellen, die Wechselwirkungen mit der Bodenfeuchte oder dem Bewuchs sowie den Einfluss des Mittelmeeres.“

Einige der Ergebnisse im Detail: Temperatur

Insgesamt berechnet das Modell das Klima der letzten Jahrzehnte über den gesamten Alpenraum gemittelt um knapp 1 °C zu kalt. Das ist prinzipiell ein sehr guter Wert. Geht man aber ins Detail, zeigen sich größere Differenzen. Der Klimaforscher Klaus Haslinger: „Die Winter etwa rechnet das Modell in Höhenlagen über 1000 Meter um 1,5 bis 4 °C zu kalt. Mit derartigen Abweichungen können zum Beispiel detaillierte Aussagen über die zukünftige Massenbilanz der Gletscher nicht direkt aus dem Modell heraus abgeleitet werden.“

Einige der Ergebnisse im Detail: Niederschlag

Die Modell-Simulationen von Regen und Schneefall im geprüften Zeitraum 1961 bis 2000 sind um acht bis 23 Prozent höher als die in der Realität gemessenen Werte. Wobei vor allem Winter und Frühling in der Simulation zu nass sind. Außerdem sind die Ergebnisse in den Randbereichen der Alpen deutlich besser als in inneralpinen Regionen. Und auch beim Niederschlag zeigt sich, wie wichtig derartige Untersuchungen sind, um die Eigenheiten eines Klimamodells zu verstehen. Klaus Haslinger von der ZAMG: „Interessant ist zum Beispiel, dass die Regenmengen über den gesamten Sommer gemittelt sehr gut simuliert werden. Im Detail betrachtet, erkennt man die Grenzen des Modells, denn dieser Mittelwert setzt sich aus zu wenigen Regentagen und jeweils zu hohen Regenmengen zusammen.“

Fazit: Vorsichtig verwenden und weiter verbessern

Der Schluss der Klimaforscher der ZAMG aus den Tests des Klimamodells ist klar. Klaus Haslinger: „Kurzfristig gilt: Wenn wir spezielle kleinräumige Fragen im Alpenraum mit Hilfe der regionalen Klimamodelle bearbeiten wollen, müssen wir sehr genau aufpassen, welche Parameter wir für welche Anwendung verwenden. Nicht alle haben die gleiche Vorhersagegenauigkeit. Langfristig gilt: Die geografische Auflösung der regionalen Klimamodelle muss noch detaillierter werden und die Modellphysik muss noch genauer modelliert werden. Zum Beispiel gibt es bereits erste vielversprechende Ergebnisse aus Italien, wo für Berechnungen im Alpenraum die Wechselwirkungen mit dem Mittelmeer viel stärker berücksichtigt werden.“

Die Erkenntnisse dieser Untersuchung sind somit auf zweierlei Art für die Klimaforschung wichtig: Die aufgezeigten Schwächen des regionalen Klimamodells helfen, nächste Klimamodellgenerationen noch zuverlässiger zu machen. Die erkannten Stärken helfen einzuschätzen, welche Aussagen für Veränderungen in der Klimazukunft gut abgesichert sind.

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Web-Links

Zusammenfassung der Studie in Climate Dynamics:
http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00382-012-1452-7

Projekt-Beschreibung:
www.zamg.ac.at/cms/de/forschung/klima/klimamodellierung/evaclim

ZAMG allgemein:
www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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