Anthropogene Aerosole

Menschlich verursachte Klimaabkühlung

Nicht nur explosive Vulkanausbrüche verursachen kurzfristige abkühlende Klimaimpulse, auch die ständige Zufuhr von Aerosolen aus anthropogenen (vom Menschen verursachten) Quellen hat vor allem in der Zeit der rasanten Wirtschaftsentwicklung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem enormen Anstieg dieses anthropogenen Klimaeinflusses gesorgt.

Der abkühlende Klimaantrieb durch Aerosole aus Industrie, Verkehr und Haushalt (z. B. schwefelhaltiges Heizöl) funktioniert über denselben Mechanismus wie jener über die vulkanischen Aerosole. Stellvertretend für das breite Spektrum an künstlich in die Atmosphäre emittierten Aerosolen zeigt Abbildung 1 die in einem Langzeit-Klimakalender der Hochalpen abgelagerten Sulfataerosole von 1800 bis 1990. Aktualisiert ist der Verlauf durch die saisonalen Sulfatkalender, die seit den 1980er-Jahren in der Winterschneedecke in der Nähe des Sonnblick-Observatoriums regelmäßig ergraben werden (Abb. 2).

Abkühlung als Nebenwirkung des Wirtschaftswunders

Die geglättete Langzeitkurve des Eisbohrkerns in den Westalpen zeigt einen zunächst schwachen, nach dem Zweiten Weltkrieg rasanten Anstieg bis beinahe zum Zwanzigfachen des vorindustriellen Wertes. Seit etwa 1980 erreichten die Bemühungen zur Reinhaltung der Luft, zusammen mit dem Zusammenbruch der Schwerindustrie im früheren Ostblock, eine Trendumkehr.

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Abb. 1: Sulfatkonzentration im Schnee und Eis der Hochalpen in Relativwerten zum vorindustriellen Sulfatgehalt des Jahres 1800 (= 1) (Wagenbach 2007).

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Abb. 2: Erarbeitung von Sulfatkalendern in den Hochalpen. Links: Eine Bohrstelle auf den Colle Gnifetti (Ruth U., Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven). Rechts: Graben eines Winterschneeprofils in der Nähe des Sonnblick-Observatoriums (Hynek B., ZAMG).

Das war günstig für die Gesundheit der Menschen und Wälder Europas, es reduzierte jedoch einen anthropogenen Klimaantrieb, der in den Jahrzehnten von 1950 bis 1980 den erwärmenden Effekt der Treibhausgase maskierte. Die anthropogenen Aerosole wurden zwar nur in die Troposphäre emittiert, durch den dauernden Nachschub wurde jedoch – trotz ihrer kurzen Verweildauer in der Atmosphäre von nur einigen Tagen – ein nachhaltiger Effekt erzielt. Nach erfolgreicher Reduktion der Schadstoffquellen ging die Aerosolkonzentration rasch wieder zurück.

Aerosolemissionen erfolgreich eingedämmt

Die Zukunft der anthropogenen Aerosole ist unsicher. Ob dieser abkühlende Faktor in Zukunft wieder ansteigen wird, hängt weitgehend davon ab, auf welche Art die aufstrebenden Industrien von Ländern wie China und Indien ihren Energiebedarf decken werden – nicht nur im Hinblick auf fossile Energieträger, sondern auch auf andere Emissionen wie Schwefeldioxid. Auch manche im Zusammenhang mit „Geo-Engineering“ diskutierte Lösungen erwägen ernsthaft künstliche Emissionen von Aerosolen in die Stratosphäre, welche die Erderwärmung durch künstliche Reduktion der kurzwelligen Einstrahlung vermindern sollen.

 

Literatur:

Schöner W. (1995): Schadstoffdepositionen in einer hochalpinen winterlichen Schneedecke am Beispiel von Wurtenkees und Goldbergkees (Hohe Tauern). Salzburg: Universität Salzburg, 130 Seiten, Dissertation

Wagenbach D. (2007), Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg, persönliche Mitteilung

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