5 Mio. Jahre

Der Übergang ins Eiszeitalter

Vom Pliozän zum Pleistozän wurde das Erdklima kontinuierlich kälter und variabler. Von einem letzten Abschnitt eines ausgeglichenen, relativ warmen Klimas mit geringen Schwankungen stürzte das Klimasystem in den letzten 5 Mio. Jahren endgültig in das derzeitige Eiszeitalter ab. Es ist dabei von den Antrieben gesteuert, die es durch die zyklischen Pendelungen der astronomischen Erdbahnparameter erfährt.

Das Pliozän brachte noch einmal für einige Millionen Jahre den letzten relativ warmen Zeitabschnitt der Erdgeschichte. Der antarktische Eisschild wies eine geringere Ausdehnung als heute auf, in der Arktis kam es zumindest im Winter zur Bildung von Meereseis. Von den späteren mächtigen Inlandvereisungen Kanadas und Eurasiens war aber selbst im späten Pliozän noch nichts zu bemerken.

Antartkischer Eisschild kleiner als heute

Die Lage der Kontinente entsprach mit wenigen Ausnahmen bereits dem heutigen Bild. Die Antarktis hatte sich längst isoliert, der antarktische Zirkumpolarstrom war voll etabliert. Auf der Nordhalbkugel schaltete sich durch die Trennung von Atlantik und Pazifik an der mittelamerikanischen Landbrücke (endgültig vor 2,4 Mio. Jahren) der Golfstrom ein. Seither spielen seine Ausläufer eine herausragende Rolle als Wärme- und Feuchtelieferant in Richtung Nordosten. Als Folge dieses Feuchteschubes konnten die zuvor einzelnen Gletscher in Grönland zum zusammenhängenden Inlandeisschild heranwachsen.

Das Klima wird kühler und variabler

Die Ursache für den langfristigen Abkühlungstrend liegt wahrscheinlich im parallelen Rückgang des Treibhausgasgehalts der Atmosphäre. Eine Hypothese geht davon aus, dass unruhige erdgeschichtliche Phasen mit Gebirgsbildung und Vulkanismus (wie zuletzt die alpidische Orogenese in Paläogen und Neogen) große Mengen von CO2 aus dem Erdinneren lieferten. Diese wurden sehr langsam durch Verwitterungsprozesse aus der Atmosphäre über Biosphäre und Ozeane in den Langfristspeicher der Lithosphäre (Gesteine) rückgeführt. An einem Punkt der gleichzeitigen Abkühlung wurde offenbar ein Schwellwert unterschritten, der einen wesentlichen Rückkopplungsprozess eingeschalten hat, die Eis-Albedo-Rückkopplung. Sie wurde deshalb besonders wirksam, weil große Landmassen in höheren geografischen Breiten lagen. Dieser Selbstverstärkungseffekt konnte die geringen Anstöße, die die Zyklen der astronomischen Erdbahnparameter immer verursachen, zu den tiefgreifenden globalen Klimaschwankungen von Eiszeiten und Zwischeneiszeiten aufschaukeln: Das quartäre Eiszeitalter, auch Pleistozän genannt, nahm seinen Lauf.

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Abb. 1: Die aus den Kalkschalen von Foraminiferen in 57 Tiefseebohrkernen der Weltozeane abgeleitete Klimakurve der letzten 5 Mio. Jahre. Die Skala zeigt die relative Abweichung des Sauerstoffisotopenverhältnisses zum aktuellen Wert (Lisiecki und Raimo 2005).

Im frühen Pleistozän waren es eher die 23.000 bis 41.000-jährigen Zyklen der Schiefe und der Präzession der Erdachse, die die klimatischen Ausschläge verursachten. Intensiver wurden die Pendelungen in den letzten vier Jahrhunderttausenden, in denen der 100.000-Jahres-Zyklus der Exzentrizität regierte (Abb. 1). Warum das geschah, darüber teilen sich zurzeit noch die Meinungen.

Verschiedene Hypothesen zur Länge von Eiszeitzyklen

Eine weitere Hypothese nimmt ein Mitwirken eines Langfristeffekts der Isostasie an: Das Eindrücken des Untergrundes durch das Eisgewicht führt mit steigendem Druck schließlich zum Schmelzen an der Grenzfläche zwischen Eis und Gestein. Diese Eigenfrequenz soll bei rund 100.000 Jahren liegen. Andere Hypothesen verwenden eine ähnliche Dynamik zur Erklärung, warum dieses regelmäßige Ausfließen der Inlandeiskörper im frühen Pleistozän keine lang dauernden Vereisungen Kanadas und Fennoskandiens zuließ. Und schließlich wird mit derartigen Überlegungen über die Eisdynamik auch auf den viel kürzeren Zeitskalen von wenigen Jahrtausenden operiert.

Es besteht somit noch viel Forschungsbedarf um den Übergang des Erdklimas von einer stabilen Langzeit-Warmphase, wie jener, die die meiste Zeit des Mesozoikums bestimmt hatte, zu einem Eiszeitalter, das nicht nur kälter sondern auch instabiler ist, zu verstehen.

 

Literatur:

Wir danken Dr. Jürgen Reitner von der Geologischen Bundesanstalt in Wien, der zu diesem Beitrag mit seiner Fachexpertise wesentlich beigetragen hat.

Gerhard L.C, Harrison W.E. (2001): Distribution of oceans and continents. A geological constraint on global climate variability. In: Gerhard L.C., Harrison W.E. (Hg.): Geological perspectives of global climate change. AAPG Studies in Geology 47, ISBN 978-0891810544, 35–49

Huber B.T., MacLeod K.G., Wing S.L. (Hg.) (2000): Warm climates in Earth history. Cambridge: Cambridge University Press, 480 Seiten, ISBN 9780521641425

Klostermann J. (2009): Das Klima im Eiszeitalter. 2. Aufl. Stuttgart: Schweizerbart, 260 Seiten, ISBN 978-3-510-65248-8

Lisiecki L.E., Raymo M.E. (2005): A Pliocene-Pleistocene stack of 57 globally distributed benthic δ18O records. Paleoceanography 20, PA1003, doi:10.1029/2004PA001071

Nilsson T. (1983): The Pleistocene. Geology and life in the Quaternary ice age. Stuttgart: Ferdinand Enke, 651 Seiten, ISBN 978-9027714664

Ruddiman W.F. (2008): Earth’s climate. Past and future. 2. Aufl. New York: Freeman, 465 Seiten, ISBN 978-0-7167-8490-6

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