Regionale Klimamodelle

Für genauere Abschätzungen bezüglich der Klimaentwicklung von Regionen, werden globale Klimamodelle nachbearbeitet.

„Downscaling“ ins Alpental

Für die Klimafolgenforschung sind Simulationen mittels regionaler Klimamodelle von wesentlicher Bedeutung. Sie bieten durch ihre hohe räumliche Auflösung von wenigen Kilometern die Möglichkeit, Klimaänderungen zu untersuchen, die durch globale Klimamodelle nicht aufgelöst werden.

Das regionale Klima wird durch eine Vielzahl an Wechselwirkungen zwischen dem großräumigen Zustand des Klimasystems und den regionalen Gegebenheiten bestimmt. Es wird angenommen, dass man durch eine geeignete Nachbearbeitung der Ergebnisse aus globalen Klimamodellen zusätzliche, kleinräumigere, anwendungsorientierte Informationen erhalten kann. Für diese Nachbearbeitung sind zwei Arten an Methoden entwickelt worden, welche mit dem englischen Ausdruck „Downscaling“ zusammengefasst werden. Während globale Zirkulationsmodelle typischer Weise mit einer Gitterpunktsweite von 100 bis 150 km arbeiten, erreichen regionale Klimamodelle mittlerweile eine Auflösung von unter einem Kilometer.

Dynamisches Downscaling („Nesting“)

Dynamische Klimamodelle basieren auf mathematischen Formulierungen der Naturgesetze, die wesentliche Prozesse im Klimasystem steuern. Dazu gehören physikalische Gleichungen, die etwa Luftbewegungen in der Atmosphäre, den Feuchtetransport oder thermodynamische Abläufe beschreiben. Da diese Berechnungen eine hohe Komplexität aufweisen und die momentane Computerleistung globale Klimasimulationen mit wenigen Kilometern Auflösung nicht zulässt, werden regionale Klimamodelle eingesetzt, die den globalen Klimamodellen in ihrer Funktionsweise sehr ähnlich sind, aber nur einen begrenzten Ausschnitt der Atmosphäre rechnen. Daher müssen die hoch aufgelösten Regionalmodelle in die grobmaschigen Globalmodelle eingebettet werden. Dieser Vorgang wird als „Nesting“ bezeichnet und beschreibt eine Methode, bei der die Ränder des regionalen Modells mit Werten des globalen Modells angetrieben werden. In manchen Fällen wird ein zweifaches Nesting durchgeführt, um den Maßstabssprung der horizontalen Auflösung zwischen dem antreibenden globalen Zirkulationsmodell (100–150 km) und dem regionalen Klimamodell (<10 km) nicht zu groß werden zu lassen (Abb. 1).

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Abb. 1: Schematische Darstellung der Nesting-Technik: Die Abbildung zeigt die Verfeinerung von Topographie und Küstenlinien des Regionalmodells (RCM) im Vergleich zum Globalmodell (aus: Giorgi und Gutowski Jr (2015), bearbeitet).

 

Die höhere Auflösung ermöglicht es regionalen Klimamodellen kleinräumigere Prozesse zu simulieren, die grobmaschige Modelle nicht auflösen können. Dynamische Modelle mit Gitterweiten von unter 4km werden als „konvektionserlaubend“ bezeichnet, da sie hochreichende Konvektion,

eine wichtige Vorbedingung zur Wolken- und Niederschlagsbildung, explizit beschreiben können. Dennoch haben auch hochaufgelöste Modelle das prinzipielle Problem, dass sie ihrerseits eine kleinste interpretierbare Skala aufweisen.

Statistisches Downscaling

Eine gänzlich andere Klasse von Downscaling-Ansätzen wird durch den Einsatz empirisch-statistischer Methoden ermöglicht. Dabei werden zwei Datensätze von Messungen herangezogen. Zum einen Daten für eine Ziel-Variable (z.B. Temperatur) auf der regionalen Skala, zum anderen Daten auf der großräumigen Skala (sog. Prädiktor-Variablen), die in globalen Zirkulationsmodellen hinreichend gut simuliert werden. Zwischen diesen wird ein statistischer Zusammenhang gesucht, der dann genutzt werden kann, um die Simulationen der globalen Klimamodelle, wie sie auf der großräumigen Skala erscheinen, für die regionale Skala zu interpretieren. Die Grundannahme der empirisch-statistischen Methoden ist, dass die Zusammenhänge zwischen der großräumigen Skala und der regionalen Skala über lange Zeit stabil bleiben. So können durch statistische Erkenntnisse aus Messreihen der Vergangenheit auch Aussagen über zukünftige Entwicklungen gemacht werden.

Aufgelöst heißt noch nicht interpretierbar

Ein gutes Beispiel für das Anwendungsgebiet regionaler Klimamodelle bildet der Alpenraum. Durch die grobe räumliche Auflösung von globalen Modellen werden die Alpen im besten Fall durch 15 bis 20 Gitterpunkte repräsentiert, die Seehöhe des Gebirges wird durch die Mittelung auf etwas mehr als 1000 m reduziert. Selbst große Täler wie das Inn- oder Salzachtal werden nicht aufgelöst. Die Abbildung orografischer Eigenschaften gelingt mit feineren regionalen Klimamodellen wesentlich besser. Aber auch hier müssen Einschränkungen in Kauf genommen werden, da kleinere Alpentäler die Modellauflösung von einigen Kilometern unterschreiten. Regionale Klimasimulationen bieten trotzdem ansatzweise die Möglichkeit, kleinskalige Prozesse nachzubilden und so realistischere Ergebnisse in topografisch stark gegliedertem Gelände zu erzielen. Als Faustregel gilt, dass ein Modell kleinskalige Phänomene auflösen kann, deren räumliche Ausmaße mindestens das 3- bis 5-fache der Gitterweite des Modells betragen. Dieser Unterschied zwischen der nominellen Auflösung (technische Auflösung der Gitterdaten) und der effektiven Auflösung (kleinste Skala simulierbarer Prozesse) muss bei der Interpretation der Daten immer mitberücksichtigt werden.

 

Literatur:

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Schönwiese C.D. (2020): Klimatologie. 5. Aufl. Stuttgart: Ulmer, 492 Seiten, ISBN: 978-3-8252-5387-5

von Storch H., Güss S., Heimann M. (1999): Das Klimasystem und seine Modellierung. Eine Einführung. Berlin: Springer, 255 Seiten, ISBN 978-3-540-65830-6

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