Geschichte

Klimamessung von Galilei bis Meteosat

Großflächige klimatologische Aufzeichnungen nahmen in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Ausgang. Allerdings begann die Vorgeschichte etwa 250 Jahre zuvor mit der Erfindung geeigneter Instrumente im italienischen Florenz. Heute werden die weltweit über 10.000 täglich messenden Bodenstationen von Radiosonden, Niederschlagsradaren und Wettersatelliten ergänzt.

Es waren Galileo Galileis Konstruktion eines Temperaturmessgerätes (Flüssigkeitsdichte-Thermometer) 1592 und Evangelista Torricellis Bau eines Luftdruckmessgerätes (Barometer) 1643, die den Startschuss in das Zeitalter der direkten Klimamessung, die instrumentelle Periode, gaben. Saussure maß erstmals 1783 mit einem Haarhygrometer die Luftfeuchtigkeit, Poulliet 1838 mit einem Pyrheliometer die Strahlungsstärke der Sonne und Campbell 1853 mit einem Heliograf die Sonnenscheindauer. Die Erfindung dieser Messgeräte erlaubte die zahlenmäßige Erfassung des gegenwärtigen Zustandes der Atmosphäre. In den letzten vier Jahrhunderten lassen sich vier Abschnitte der Entwicklung der Klimamessung unterscheiden (Abb. 1, vgl. auch Abb. 1 im Artikel zu Klimarekonstruktion):

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Abb. 1: Schematische Übersicht der zeitlichen Entwicklung der Klimamessung mit wichtigen Meilensteinen und Erfindungen.

Vier Abschnitte der Geschichte der Klimamessung

  • Experimentelle Messungen (1592–1700)
    Schon bald wurde der Bedarf einheitlicher Methoden erkannt, sollten Messungen in Raum und Zeit einigermaßen vergleichbar sein. Als die allerersten klimatologischen Beobachtungen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts angeregt wurden, war der Alpenraum bereits betroffen. In Florenz gründeten Galileis Schüler ein erstes experimentelles Messnetz, die Accademia del Cimento, die von 1654–67 bestand. Als längste und meist untersuchte „instrumentelle“ Klimareihe der Welt gilt die Central England Temperature, die bis ins Jahr 1659 zurückreicht.
  • Erste regelmäßige Messungen (1700–1850)
    Die folgenden anderthalb Jahrhunderte können als die Epoche weitsichtiger, idealistischer Einzelpersonen, die ihre Beobachtungen oft über Jahrzehnte betrieben, betrachtet werden. In Berlin führte ab August des Jahres 1700 der Astronom Gottfried Kirch für einige Jahre regelmäßige Wetterbeobachtungen durch. Durchgehende Temperaturreihen sind aus Uppsala (1722), Turin (1753), Basel (1755), Stockholm (1756) und Genf (1760) bewahrt. Die längste erhaltene österreichische Temperaturreihe stammt aus dem Benediktinerkloster Kremsmünster (1767).
  • Frühe Messnetze (1780–1850)
    Im Gegensatz zu diesen lokalen Initiativen kam es 1780–92 zum ersten erfolgreichen Versuch eines internationalen Stationsnetzes. Die Mannheimer Societas Meteorologica Palatina sammelte Daten von 39 Stationen von Neuengland bis zum Ural. Die wirkliche Neuheit war aber der Anspruch einheitlicher Messmethoden, was Vorbild für nachfolgende regionale Messnetze war.
  • Moderne Messnetze (seit 1850)
    Eine für globale Aussagen ausreichende Abdeckung besteht seit dem starken Anstieg an Klimareihen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als überall regionale und staatliche Wetterdienste gegründet wurden. Als weltweit erster eigenständiger Wetterdienst wurde für das Kaisertum Österreich 1851 die Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus (später ZAMG) gegründet. 1873 fand der Gründungskongress der Internationalen meteorologischen Organisation in Wien statt, die heute als World Meteorological Organization (WMO) eine Teilorganisation der Vereinten Nationen ist.

Nicht bodengebundene Messsysteme kommen hinzu

Heute regelt die WMO den internationalen Austausch der Daten eines Messnetzes von mehr als 10.000 Bodenstationen, von denen über 1.000 mehrmals täglich Wetterballone mit Radiosonden aufsteigen lassen. Eine neue Ära der Meteorologie begann in den 1960er-Jahren mit der Wetterbeobachtung durch Niederschlagsradare und Wettersatelliten (in Europa Meteosat-Reihe) zur Gewinnung räumlich und zeitlich hoch aufgelöster Flächendaten von Bewölkung und Niederschlag.

 

Literatur:

Auer I., Böhm R., Schöner W. (2001): Austrian long-term climate 1767–2000. Multiple instrumental climate time series from Central Europe. Österreichische Beiträge zu Meteorologie und Geophysik 25. Wien: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, doi:10.1002/joc.754

Auer I., Böhm R., Jurkovic A., Lipa W., Orlik A., Potzmann R., Schöner W., Ungersböck M., Matulla C., Briffa K., Jones P.D., Efthymiadis D., Brunetti M., Nanni T., Maugeri M., Mercalli L., Mestre O., Moisselin J.M., Begert M., Müller-Westermeier G., Kveton V., Bochnicek O., Stastny P., Lapin M., Szalai S., Szentimrey T., Cegnar T., Dolinar M., Gajic-Capka M., Zaninovic K., Majstorovic Z., Nieplova E. (2007): HISTALP historical instrumental climatological surface time series of the greater Alpine region 1760–2003. International Journal of Climatology 27, 17–46, doi:10.1002/joc.1377

Brunetti N., Maugeri M., Monti F., Nanni T. (2006): Temperature and precipitation variability in Italy in the last two centuries from homogenised instrumental time series. International Journal of Climatology 26, 345–381, doi:10.1002/joc.1251

Manley G. (1974): Central England temperatures. Monthly means 1659 to 1973. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society 100, 389–405, doi:10.1002/qj.49710042511

Moberg A. (1998): Meteorological observations in Sweden made before A.D. 1860. Paleoclimate Research 23, 99–119

Strangeways I. (2010): Measuring global temperatures. Their analysis and interpretation. Cambridge: Cambridge University Press, 252 Seiten, ISBN 9780521898485

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