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16.01.2015

Jahrestage zweier Katastrophenbeben: Kobe in Japan (1995) und Haiti (2010)

Vor 20 Jahren: Das Kōbe-Erdbeben in Japan 1995

Das Kobe-Erdbeben oder das große Hanshin-Beben, wie es auch genannt wird, ereignete sich am 16. Jänner 1995 um 20:46 Uhr Weltzeit (= 17. Jänner 05:46 Uhr Lokalzeit) mit einer Magnitude von 6,9. Der Bebenherd (34.58°N, 135,01°O) lag im Norden der Insel Awaji, etwa 20 km entfernt von der 1,5 Millionen Stadt Kobe. Die Herdtiefe betrug 22 km. Die betroffene Nojima-Bruchzone querte direkt die Stadt Kobe, wobei es auf einer Länge von 9 km zu horizontalen Versetzungen bis zu 1,5 m kam.
6.434 Todesopfer waren zu beklagen, 310.000  Personen wurden evakuiert. Über 200.000 Gebäude wurden beschädigt oder zerstört. Durch gebrochene Gasleitungen gab es zahlreiche Brandherde. Viele Verkehrsverbindungen waren unterbrochen, die auf einer Länge von 5 km gekippte Hochautobahn von Kobe zeugte von den Grenzen moderner erdbebensicherer Bauweise. Der entstandene Schaden wurde mit 100 Milliarden US Dollar beziffert. Das Beben war neben dem großen Kantō-Erdbeben in Tokio 1923 das schlimmste in Japan des 20. Jahrhunderts (zum Vergleich hatte aber das Tōhoku-Seebeben 2011 mit einer Magnitude von 9,0 die tausendfache Energie ausgestrahlt).

Jahrestage zweier Katastrophenbeben: Kobe in Japan (1995) und Haiti (2010)

 

Vor 5 Jahren: Das Haiti-Erdbeben 2010

Am 12. Jänner 2010 erschütterte um 21:53 Uhr Weltzeit (16:53 Uhr Ortszeit) ein Erdbeben der Magnitude 7,0 den verarmten Karibikstaat Haiti. Das Epizentrum (18.44°N, 72.57°W) lag nur 25 Kilometer von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt, die damals etwa 1,3 Millionen Einwohner hatte. Aufgrund des niedrigen Baustandards und  einer geringen Herdtiefe von 13 km waren die Auswirkungen verheerend. Eine genaue Erfassung und Identifizierung der Todesopfer war wegen der chaotischen Verhältnisse kaum möglich, sodass die Opferzahlen nur geschätzt werden könnten. Nach Angaben der Regierung beläuft sich die Zahl der Todesopfer auf etwa 316.000, obdachlos wurden Millionen von Menschen. 100.000 Häuser wurden zerstört und 190.000 beschädigt. Damit handelte sich um das folgenschwerste Beben in der Geschichte Nord- und Südamerikas sowie um das weltweit verheerendste Beben des 21. Jahrhunderts. Auch heute, fünf Jahr danach, schreiten die Wiederaufbauarbeiten nur schleppend voran (Alle Zahlenwerte laut USGS - United States Geological Survey).

Jahrestage zweier Katastrophenbeben: Kobe in Japan (1995) und Haiti (2010)

 

Zwei vergleichbare Naturereignisse – aber dennoch Unterschiede in den Auswirkungen

Den beiden Inselbeben war gemeinsam, dass sie etwa die gleiche Stärke hatten, der Bebenherd in geringer Tiefe lag und sich in stark gefährdeten Bebenregionen nahe von Hafenstädten mit mehr als 1,3 Millionen Einwohner befanden.

Im hoch entwickelten Industrieland Japan reagiert man schon im Vorfeld auf das hohe Risiko präventiv mit endbebensicheren Bauwerken, die den Erdbebennormen Rechnung tragen. Im Vergleich dazu konnte Haiti, das zu den am wenigsten entwickelten Ländern gezählt wird, durch die schwache Wirtschaft und eine instabile politische Lage solche Vorkehrungen nicht treffen.

Vergleicht man die Fotodokumentationen der Verwüstung zum Katastrophenzeitpunkt, so ähnelten einander die Bilder des Kobe-Bebens und des Haiti-Bebens: Verzweifelte Menschen suchen ihre Angehörigen unter den Trümmern, Häuser in Schutt und Asche, Tod und Zerstörung. Betrachtet man aber die Opferzahlen, so fällt einem ins Auge, dass beim Haiti-Beben etwa 50 mal so viele Menschen uns Leben kamen.
Nach dem Kobe-Beben war zwar das Vertrauen in die erdbebensichere Bauweise zutiefst erschüttert. Horizontalen Versetzungen von 1,5 Metern waren etwa die Brückenpfeiler der Hochautobahn nicht gewachsen. Aber neben gekippten Hochhäusern und eingestürzten Gebäuden blieben viele Häuser unversehrt.

Im Vergleich dazu glichen Teile von Port au Prince einem einzigen Trümmerfeld. Am schwersten war die Stadt Léogâne betroffen, der Zerstörungsgrad lag bei 90 Prozent. Der Wiederaufbau in Haiti geht langsam voran, allmählich nimmt das Antlitz von Port-au-Prince wieder Formen an. Aus den Straßen sind die Schuttberge wieder allmählich verschwunden. Zehntausende Menschen sind aber noch immer von der Hilfe des Auslandes angewiesen und leben immer noch in großer Not in behelfsmäßigen Zeltlagern.

Nach dem schleppenden Wiederaufbau in Haiti ist Kobe ein ermutigendes Beispiel dafür, wie eine Erdbebenkatastrophe in relativ kurzer Zeit überwunden werden kann, wenn die wirtschaftlichen und politischen Ausgangsbedingungen gegeben sind. Durch die Katastrophe kam es zu neuen wirtschaftlichen Impulsen, die Stadt ist heute wieder aufgebaut und strahlt im neuen Licht.

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Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
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