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25.02.2015

Gravimetrie: Blick ins Innere der Erde

Gravimetrie: Blick ins Innere der Erde

©ZAMG/Blaumoser

Eines von weltweit 50 hochpräzisen Gravimetern zur Messung des Schwerefeldes der Erde steht im Conrad-Observatorium der ZAMG in Niederösterreich. Nach einer Reparatur wurde das Gerät wieder auf die für Supraleitung notwendige Arbeitstemperatur gebracht: minus 269 °C.

Es steht in völlig abgeschiedener Lage in einem Stollen des Conrad-Observatoriums am Trafelberg in Niederösterreich und misst minimale Veränderungen in der Erdkruste und im Erdkern: Das supraleitende Gravimeter GWR-CT025 der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) ist eines von weltweit rund 50 hochpräzisen Gravimetern zur Bestimmung von zeitlichen Veränderungen des Schwerefeldes der Erde.

Temperatur nahe am absoluten Nullpunkt

Nach einem Defekt musste im Sommer 2014 das Gerät wieder auf die für die Supraleitung notwendige Temperatur nahe am absoluten Nullpunkt (0 Kelvin = minus 273,15° Celsius) gebracht werden. Mit Hilfe von 100 Liter flüssigem Stickstoff und 206 Liter flüssigem Helium wird dabei eine Temperatur von minus 269 °C erreicht.

Derzeit führen US-Experten am Gravimeter eine Neukalibrierung durch, bei der die im Magnetfeld schwebende Testmasse neu eingestellt wird. Alleine das Einstellen des hochgenauen Neigungsmesser-Systems, welches das Gravimeter horizontiert, benötigt sechs Stunden.

Die Supraleitung erzeugt ein starkes und konstantes Magnetfeld, das eine Testmasse in Schwebe hält. Wird die Testmasse durch Schwereänderungen aus der Ausgangsposition geholt, sorgt ein Spulensystem für die Rückholung der Testmasse. So werden Änderungen im Schwerefeld der Erde gemessen.

Genauigkeit: unter einem Millionstel Millimeter

„Supraleitende Gravimeter sind die derzeit präzisesten und leistungsfähigsten Instrumente zur Untersuchung zeitlicher Schwereänderungen der Erde", erklärt ZAMG-Mitarbeiter Norbert Blaumoser, „sie messen Schwingungen der Erde, die zum Beispiel durch Erdbeben, die Gezeiten, Änderungen im Erdkern ausgelöst werden. Gemessen wird die Erdbeschleunigung mit einer Genauigkeit von 0,1 Nanometer pro Quadratsekunde. Ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter."

Die Daten über Verteilung und Änderungen der Dichte im Inneren der Erde helfen unter anderem, den Aufbau der Erde zu verstehen. Sie gehen auch als Ausgangsdaten in die Berechnungen genauer Erdgezeitenparameter ein. Interessant ist auch, die Veränderung der Rotationsachse der Erde zu bestimmen. Für die Forschung über die Veränderung der Erdkruste durch tektonische Krustenbewegungen wie nacheiszeitliche Hebungen liefern die langfristigen Messungen dieses Gravimeters ebenfalls wichtige Informationen.

Conrad-Observatorium: weltweit herausragender Forschungs- und Entwicklungsstandort

Das Conrad-Observatorium der ZAMG befindet sich ca. 50 Kilometer südwestlich von Wien auf dem Trafelberg (N), knapp über 1000 Meter Meereshöhe. Es ist fast zur Gänze unterirdisch angelegt, mit rund zwei Kilometern an Stollen und Schächten. Es garantiert störungsfreie Bedingungen bei konstanter Temperatur für alle eingesetzten Messtechniken. Der seismisch-gravimetrische Teil ist seit 2002 in Betrieb. Der geomagnetische Teil wurde 2014 eröffnet. Das Observatorium dient unter anderem der Messung und Erforschung von Erdbeben, Erdschwere, Erdmasse, Magnetfeld, geodätischen Parametern, atmosphärischen Wellen und meteorologischen Daten. Die Bandbreite an unterstützten Messverfahren, die Instrumentierung und die Lage der Messstollen macht das Conrad Observatorium zu einem weltweit herausragenden Forschungs- und Entwicklungsstandort für Erdwissenschaften aller Fachrichtungen.

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Nach der Wartung des Gravimeters: Die Kühlprozesse bis minus 269 °C werden gestartet. Quelle ZAMG/Blaumoser.
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Gravimeter-Wartung: Mit flüssigem Stickstoff und Helium wird die Betriebstemperatur von minus 269 °C erreicht. Quelle ZAMG/Blaumoser.
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Fotos zum Conrad-Observatorium: http://www.zamg.ac.at/cms/de/topmenu/ueber-uns/download/conrad

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Web-Links

Live-Daten des Gravimeters: www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/gravimetrie/gravimetrie-am-cobs

Österreichische Schwerekarte des Bundeamtes für Eich- und Vermessungswesen: –>hier

Conrad-Observatorium der ZAMG: www.conrad-observatory.at

ZAMG allgemein: www.zamg.at und www.facebook.com/zamg.at

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