Die Sonne sendet ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Bei einer Sonneneruption ist dieser Teilchenstrom (Sonnenwind) in einem begrenzten Gebiet der Sonne für kurze Zeit deutlich stärker (Sonnensturm). Treffen Magnetfelder und Teilchen eines Sonnensturms auf das Magnetfeld der Erde, sind Polarlichter möglich und können im seltenen Extremfall sogar zu Störungen in Navigationssystemen und Stromnetzen führen.
Die Vorhersage von Sonnenstürmen war bisher nur begrenzt möglich, ist aber eine Schlüsseltechnologie, die Auswirkungen auf viele Bereiche der Technik hat. Das Space Weather Office der GeoSphere Austria in Graz hat die weltweit erste Methode zu einer relativ genauen Vorhersage für die nächsten zwei bis drei Tage entwickelt. Diese Methode, die auf früheren Erkenntnissen über die Physik von Sonnenstürmen aufbaut, wird derzeit in Echtzeit getestet.
„Der momentane Sonnensturm kam genau zur richtigen Zeit, um eine neue Methode für unser Vorhersagesystem zu testen“, sagt Christian Möstl, Leiter des Space Weather Office der GeoSphere Austria, „denn wir arbeiten mit Messdaten der Raumsonde Solar Orbiter der Europäischen Weltraumorganisation ESA, und diese Raumsonde befindet sich derzeit in einer optimalen Position, genau zwischen Sonne und Erde. Die Raumsonde lieferte mit ihrem Magnetfeldmessgerät Daten vom magnetischen Kern des Sonnensturms schon zwei Tage vor dessen Auftreffen auf die Erde. So hatten wir eine ausgezeichnete Datengrundlage, um mit unserem Vorhersagemodell zu berechnen, wie sich der Sonnensturm auf das Magnetfeld der Erde auswirken wird.“
In etwas fernerer Zukunft könnten mehrere Raumsonden, die um die Sonne kreisen, solche Daten liefern, wenn sich eine davon immer in der Nähe der Linie zwischen Sonne und Erde befindet. „Bis dahin sind wir auf glückliche Umstände wie im aktuellen Fall angewiesen, um diese Methoden zu entwickeln und zu testen“, meint Christian Möstl.
Die ersten Messungen des Sonnensturms auf der Erde von letzter Nacht sind in guter Übereinstimmung mit den Vorhersagen, die nur geringe Auswirkungen auf das Erdmagnetfeld erwarten ließen. „Die ersten Ergebnisse bestätigen die Vorhersagen, sowohl was den zeitlichen Verlauf des Sonnensturms betrifft als auch in Bezug auf die schwache Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld“, sagt Christian Möstl.
Die Chancen auf Polarlichter über Österreich sind im Zuge des aktuellen Sonnensturms nicht allzu hoch, weil die Stärke des geomagnetischen Sturms dazu wahrscheinlich nicht ausreichen wird. Auch das Wetter spielt nicht mit. In der Nacht auf Freitag liegt über dem Großteil Österreichs eine dichte Wolkendecke. Ein zeitweise freier Blick auf den Sternenhimmel ist vor Mitternacht am ehesten in Teilen Ost- und Südösterreichs möglich, nach Mitternacht dann stellenweise im Westen und Süden.
---
->Website Austrian Space Weather Office (ASWO)
---
(bei Nennung der Quelle kostenlos nutzbar)
Der Sonnensturm vom 17. März 2024. Credit: NASA SDO, ESA SOHO.
->volle Auflösung
Sonnensturm Modell des Space Weather Office der GeoSphere Austria zur Visualisierung des Sonnensturms vom 17. März 2024 in 3D, basierend auf ESA Solar Orbiter Magnetfeld-Daten. Credit: GeoSphere Austria
->volle Auflösung
Auch im Feber 2024 waren in Österreich überdurchschnittlich viele Erdbeben für die Bevölkerung spürbar, an der Zahl waren es 16 Erdbeben. Davon ereigneten sich 7 in der Steiermark, 5 in Tirol, jeweils 2 in Kärnten und Niederösterreich. Es wurden 106 weitere Erdbeben in Österreich instrumentell lokalisiert.
Epizentren der im Feber 2024 in Österreich verspürten Erdbeben.
Ein starkes Erdbeben erschütterte am 1. Feber in der Nacht um 02:59 Uhr MEZ weite Teile Ostösterreichs. Das Epizentrum lag einen Kilometer östlich des Kurortes Semmering (47,64°N, 15,84°O) in Niederösterreich, der relativ seichte Bebenherd wird mit einer Tiefe von fünf Kilometern angegeben. Mit einer Magnitude von 4,5 war es das stärkste Beben, das in Österreich seit knapp drei Jahren stattfand (30. März 2021, Breitenau am Steinfelde im Wiener Becken, Magnitude 4,6).
Aufgrund der niedrigen Herdtiefe waren die heftigen Erschütterungen, die von lauten Bebengeräuschen begleitet waren, in der Umgebung des Epizentrums beängstigend. Viele Personen schreckten aus dem Schlaf hoch, einige flüchteten sogar vor ihre Häuser. Es wurden zahlreiche Gegenstände verschoben oder sind umgefallen, es fielen Bücher und Gegenstände aus den Regalen, Lampen pendelten stark. Dem Österreichischen Erdbebendienst wurden leichte Schäden an Gebäuden gemeldet, dabei handelt es sich vor allem um Risse im Verputz an Innen- und Außenwänden, teils fielen kleine Verputzteile herab. Vereinzelt gab es leichte Schäden an Dächern und Rauchfängen. Strukturelle Schäden an Gebäuden wurden nicht gemeldet.
Es sind 3.400 Meldungen über das online-Formular und über die App „QuakeWatch Austria“ beim Erdbebendienst aus den Bundesländern Niederösterreich, Steiermark, Burgenland, Wien und Oberösterreich eingegangen.
Die Epizentralintensität dieses Erdbebens betrug 6 Grad auf der 12-stufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98).
Es fanden nur wenige, schwache Nachbeben statt, die von der Bevölkerung aber nicht verspürt wurden.
Mit drei, nur vereinzelt schwach verspürten Beben, wurde die Serie in Tirol, die sich im Jänner 2024 westlich vom Pillersee ereignete, fortgesetzt (47,55°N, 12,56°O). Sie fanden statt am 1. Feber um 10:28 Uhr (Magnitude 1,7, Intensität 2-3 Grad), am 2. Feber um 13:20 Uhr (Magnitude 1,1, Intensität 2 Grad) und am 12. Feber um 07:07 Uhr (Magnitude 1,5, Intensität 2-3 Grad).
Auch im Feber war das Sulmtal bei Heimschuh, westlich von Leibnitz in der Südsteiermark (46,76°N, 15,49°O), Epizentrum von vier gespürten Erdbeben, die alle einen seichten Bebenherd von 4 km aufwiesen. Am 1. Feber um 17:20 Uhr ereignete sich das stärkste Beben dieser Serie, die Mitte Jänner 2024 ihren Anfang nahm. Es war bei einer Magnitude von 2,5 aufgrund des seichten Bebenherdes stark zu spüren, knapp 800 Personen meldeten ihre Beobachtungen. Auch bei diesem Beben fielen Gegenstände aus den Regalen, wenn auch in einem geringeren Ausmaß. Es wurden leichte Schäden wie Haarrisse im Verputz festgestellt. Die Intensität betrug 5 Grad auf der EMS-98.
Eine knappe Stunde später um 18:10 Uhr wurden schwache Erschütterungen eines Nachbebens der Magnitude 1,1 mit einer Intensität von 3 Grad bemerkt. Es folgten zwei Beben am 2. Feber, um 03:04 (Magnitude 0,6) und 07:48 Uhr (Magnitude 1,7), sie wurden mit Intensitäten von 2 und 3-4 Grad gespürt.
In der Nacht am 5. Feber um 02:09 Uhr wurde in Tirol in Kelchsau (47,38°N, 12,14°O) ein Erdbeben der Magnitude 2,5 von nur wenigen Personen wahrgenommen. Aufgrund des relativ tiefen Bebenherdes (12 km) wurde es nur mit einer Intensität von 3 Grad gespürt.
Ein Erdbeben der Magnitude 1,8 wurde am 10. Feber um 08:25 Uhr in Seebenstein in Niederösterreich (47,68°N, 16,11°O) mit einer Intensität von 3 Grad vereinzelt schwach verspürt.
Östlich von Unzmarkt in der Steiermark (47,18°N, 14,50°O) wurden im Feber vier Beben von der Bevölkerung beobachtet:
Am 18. Feber um 23:16 Uhr wurde das Beben der Magnitude 2,5 von knapp 60 Personen gemeldet. Es wurde mit einer Intensität von 4 Grad deutlich verspürt, genauso wie das Beben vom 24. Feber um 12:33 Uhr (Magnitude 2,6).
Das Beben eine gute halbe Stunde später um 13:09 Uhr (Magnitude 2,3) hatte eine Intensität von 3-4 Grad. Etwas schwächer wurde das Beben vom 25. Feber um 08:57 Uhr (Magnitude 2,1) von einigen Personen mit einer Intensität von 3 Grad beobachtet.
Eine weitere Serie von Erdbeben, die sich in Kärnten im Jänner 2024 am Nordabfall der Karawanken bei Zell-Pfarre (46,46°N, 14,35°O) ereignete, setzte sich am 23. Feber mit zwei verspürten Erdbeben fort: um 11:11 und 11:21 Uhr mit Magnituden von 2,90 und 2,3, die Beben wurden mit insgesamt 80 Wahrnehmungsberichten gemeldet. Sie hatten Intensitäten von 4 und 3 Grad auf der EMS-98.
Der Österreichische Erdbebendienst dankt der Bevölkerung für ihre Wahrnehmungsberichte, mit deren Hilfe die Intensität der Erdbeben bestimmt wurde.
Intensitätsskala ( EMS-98 )
Auszug aus Kurzform der 12-stufigen Europ. Makroseismischen Skala 1998, basierend auf Mercalli-Sieberg
2 Grad | Kaum fühlbar: Erschütterungen werden nur in einzelnen Fällen von Personen in völliger Ruhe in Gebäuden wahrgenommen. |
3 Grad | Schwach fühlbar: Von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Ruhende Personen empfinden ein leichtes Schaukeln oder Rütteln. |
4 Grad | Deutlich fühlbar: In Gebäuden von vielen Personen und im Freien vereinzelt wahrgenommen. Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren, Türen rütteln. |
5 Grad | Stark fühlbar: In Gebäuden von den meisten Personen, im Freien von einigen wahrgenommen. Viele Schlafende erwachen. Einige Personen erschrecken. Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände pendeln stark. Kleine Objekte werden verschoben. Türen und Fenster schlagen auf und zu. An wenigen, vor allem schadensanfälligen Gebäuden treten Haarrisse auf. |
6 Grad | Leichte Gebäudeschäden: Viele Menschen erschrecken und flüchten ins Freie. Gegenstände fallen um, Geschirr und Gläser können zerbrechen. An vielen Häusern entstehen geringe Schäden, wie Risse im Verputz, in einigen Fällen treten auch tiefe Mauerrisse auf. |
Datum | Zeit | M | Epizentrum | Kommentar |
---|---|---|---|---|
03.02.2024 | 05:24 |
5,1 | USA, Oklahoma 35,53°N 96,76°W |
Gebäudeschäden in Prague; geringe Herdtiefe (3 km) |
13.02.2024 | 01:22 | 4,9 | Indonesien 3,29°S 115,02°O |
S-Borneo; einige Schäden in Banjar |
15.02.2024 | 20:53 | 5,2 | Peru 11,48°S 77,35°W |
NW von Lima; einige eingestürzte Häuser in Rimac, Straßenblockaden durch Erdrutsche |
23.02.2024 | 01:51 | 6,3 | Ostpazif.Rücken 35,12°S110,79°W |
Seebeben, unbewohnte Region |
25.02.2024 | 13:07 | 5,6 | Indonesien 7,36°S 105,93°O |
Vor W-Java; einige schwere Gebäudeschäden |
Zeit - Herdzeit in Weltzeit UTC bzw. Greenwich Mean Time GMT
M - Magnitude (logarithmisches Energiemaß)
Die Herdparameter der Weltbeben stammen von USGS
Angaben ohne Gewähr
Österreichischer Erdbebendienst - Geosphere Austria
Hohe Warte 38, A-1190 Wien
T. +43 1 36026 2508
Besuchen Sie uns auch in den sozialen Netzwerken
Facebook | X (Twitter) | Instagram | LinkedIn
Ein folgenschweres Erdbeben der Magnitude Mw 5.94 ± 0.36 (EPICAv1.1- European PreInstrumental Earthquake Catalogue) erschütterte am 14. April 1895 Laibach (Ljubljana), die Hauptstadt des Kronlandes Herzogtum Krain in Österreich-Ungarn. Die höchsten beobachteten Intensitäten im Epizentralgebiet lagen zwischen VIII° und IX° EMS-98.
Unter dem Eindruck dieses Ereignisses setzte die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse der k. Akademie der Wissenschaften in Wien bereits elf Tage nach dem Beben zum Zwecke der Förderung eines intensiveren Studiums der seismischen Erscheinungen in den österreichischen Ländern eine eigene Erdbebenkommission ein.
Das Ziel der Kommission war u.a. die Einrichtung eines Erdbebendienstes in den österreichischen Ländern der Habsburger Monarchie; dazu gehörte die Aufstellung von Seismografen und die Bildung eines Netzes von permanenten Beobachtern.
Vorerst plante man Stationen in Pola, Wien, Triest, Graz, Innsbruck, Kremsmünster, Prag und Lemberg und stattete die Observatorien mit den damals besten Geräten, den Rebeur-Ehlertschen Pendeln aus. 1897 wurde die Erdbebenwarte in Laibach gegründet und ein Beobachtungsnetz für die jeweiligen Kronländer eingerichtet. Die verantwortlichen Referenten sammelten nach einem Erdbeben Berichte aller Beobachter und sendeten diese an die Zentralstelle an der k. Akademie in Wien.
Links: Der erste Leiter des Österreichischen Erdbebendienstes: Victor Conrad, Mitte: Mitarbeiter der ZAMG um 1910 vor dem Institut mit der ehemaligen Aufschrift „k. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus“, Rechts: Aufzeichnung des „Tauernbebens“ von 1923 an der Ost-West Komponente des Wiechert Seismographen.
Da der Akademie für die Einrichtung eines regelmäßigen Erdbebendienstes die Mitarbeiter fehlten, wurde der gesamte seismische Dienst für Österreich mit Erlass des Unterrichtsministeriums vom 23. Februar 1904 an die k.k. Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus übergeben. Ein weiterer Erlass vom 2. März 1904 regelte die Namensänderung in „k.k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“ (ZAMG). Bei der Übergabe des Erdbebendienstes überließ die k. Akademie auch die Seismografen die sie an den Erdbebenwarten in Triest, Laibach, Kremsmünster, Lemberg und Příbram aufgestellt hatte. Die Landesreferenten für den makroseismischen Beobachtungsdienst an den ca. 4000 makroseismischen Beobachtungsstellen arbeiteten nun mit der ZAMG zusammen.
Der Physiker Victor Conrad (1876–1962), zum Adjunkt an der ZAMG ernannt, wurde der erste Leiter des Österreichischen Erdbebendienstes.
Österreich weist eine moderate Seismizität auf, die in Zusammenhang mit der Gebirgsbildung der Alpen steht. So wurden beispielsweise im Jahr 2023 mit dem Stationsnetz des Erdbebendienstes der GeoSphere Austria weltweit über 10.000 seismische Ereignisse registriert und ausgewertet. Rund 1.300 Erdbeben wurden in Österreich lokalisiert, davon waren 77 für die Bevölkerung spürbar - dies entspricht im Mittel mehr als einem gespürten Erdbeben pro Woche. Die meisten Beben machen sich durch ein schwächeres Rütteln bemerkbar, doch etwa alle zwei bis drei Jahre muss in Österreich auch mit leichten Gebäudeschäden durch ein stärkeres Erdbeben gerechnet werden. Schwere Schäden an Gebäuden kommen bedeutend seltener vor, hier betrug die durchschnittliche Wiederkehrperiode in der Vergangenheit mehr als 75 Jahre.
Die älteste Erdbebenstation Österreichs hat ihren Dauerbetrieb bereits 1898 im Stift Kremsmünster aufgenommen. Ab dem Jahr 1903 konnten an der k.k. Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus erstmals instrumentelle Messungen mit Seismographen durchgeführt werden, wobei die Lokalisierung von Epizentren durch Methoden der Makroseismik (Analyse der Wahrnehmungsmeldungen) bis in die 1980-‐er Jahre auf Grund des nur aus wenigen Stationen bestehenden Messnetzes vorrangig war. Im Juni 1905 wurden in einem Keller der ZAMG das Wiechert‘sche Horizontalpendel – mit Unterbrechungen bis 3. März 1977 in Betrieb – mit einer Masse von 1000 Kilogramm installiert. Ab August 1908 verwendete man an der Hohen Warte ein von Victor Conrad entwickeltes, kleines und relativ unempfindliches Pendel – mit Unterbrechungen bis 4. Mai 1981 in Betrieb – zur Nahbebenregistrierung.
Beispiele für die zeitliche Entwicklung von Instrumenten zur Registrierung von Erdbeben. Links: Wiechert Seismograph (1904), Mitte oben: Streckeisen STS-2 Breitband-Seismometer mit einer Eigenperiode von 120 Sekunden (2000), Mitte unten: Kinemetrics Etna2 Beschleunigungsaufnehmer (2024), Rechts: Unser bestes Instrument, ein Nanometrics Bohrlochseismometer mit einer Eigenperiode von 360 Sekunden (2023).
Mit der digitalen Datenerfassung und einer stetigen Verdichtung des Messnetzes fand und findet eine kontinuierliche Verbesserung der Genauigkeit in der Bestimmung der Herdparameter (Lage, Tiefe, Magnitude) statt. Vorreiter eines modernen Messnetzes waren vier digitale Erdbebenstationen, die zwischen 1989 und 1991 in Tirol mit Hilfe der Tiroler Landesregierung errichtet wurden. Darauf aufbauend erfolgte der landesweite Ausbau des Messnetzes. Ab nun konnte an einigen Standorten eine kontinuierliche Übertragung von (Echtzeit‐) Daten an den Erdbebendienst in Wien stattfinden. Ab 1992 wurden auch Strong-Motion-Stationen installiert um in besiedelten Gebieten das dynamischen Boden- und Bauwerkverhalten (Struktur--‐Monitoring) sowie Bodenbewegungen mit besonders großer Amplitude zu erfassen. Bis 2020 wurden auch sämtliche Strong-Motion Stationen auf eine kontinuierliche Datenübertragung umgestellt. Die heutige Lokalisierungsgenauigkeit beträgt je nach Messnetzdichte für schwache Ereignisse mit einer Magnitude von ML=1,5 zwischen ±1,5 und ±3,0 km. Die höchste Messnetzdichte findet sich heute in Nordtirol, wo der mittlere Stationsabstand etwa 25 km beträgt.
Karte der derzeit vom Österreichischen Erdbebendienst betriebenen Erdbebenstationen.
Mit der Zeit wurde die Messstelle auf dem Wiener Cobenzl (vor allem die geomagnetische Registrierung) durch immer mehr Störungen beeinflußt. Als Ablöse wurde der ruhige Standort des Conrad-Observatoriums auf dem Trafelberg bei Pernitz/NÖ gewählt. Im Jahr 1998 fand der Stollenanschlag für das neue geophysikalische Observatorium statt. Die in zwei Baustufen ausgeführte Forschungseinrichtung dient heute der seismologischen, gravimetrischen und magnetischen Beobachtung (letztere ab 2014). Die ungestörte Lage des Observatoriums fernab von menschlichen Aktivitäten und elektromagnetischen Störungen ermöglicht es den Wissenschaftlern, die physikalischen Prozesse der Erde besser zu erfassen und zu verstehen. Gemeinsam mit dem Land Niederösterreich wurde in den letzten Jahren eines der modernsten Observatorien der Welt erbaut. Das Observatorium wurde Innerhalb kürzester Zeit als Top-Standort international zertifiziert und zieht zahlreiche Forschungsgruppen nach Niederösterreich u.a. ESA JUICE, Spitzenforschung der Quantenphysik. Für die Seismologie wurden hochpräzise Referenzseismometer an mehreren Instrumentensockeln eines 145 m langen Stollens bzw. in bis zu drei 100 m tiefen Bohrlöchern installiert. Seit 2021 wird auch eine eigene Infraschall-Messstation, bestehend aus vier Elementen, auf dem Trafelberg betrieben. Mit dieser Station können tieffrequente atmosphärische Ereignisse (z.B: Explosionen, Vulkanausbrüche, Meteoriten) über tausende Kilometer weit detektiert werden.
Das Conrad-Observatorium am Trafelberg auf 1044m Seehöhe nahe Pernitz/NÖ. Oben: Eingang zum seismischen Teil des Observatoriums und Blick in den 145 m langen Messstollen. Unten: Installation eines STS-2 Breitbandseismometers und eines Beschleunigungsaufnehmers (kleines Instrument) an einem Sockel sowie eine Führung für Besucher am Tag der offenen Tür.
Der staatliche Wetter-‐und Erdbebendienst, vormals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und der geologische Dienst, die Geologische Bundesanstalt (GBA), vereinen mit 1. Jänner 2023 ihre Expertise in der GeoSphere Austria. Diese Bundesanstalt leistet als nationaler geologischer, geophysikalischer, klimatologischer und meteorologischer Dienst einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der gesamtstaatlichen Resilienz und Krisenfestigkeit.
Gruppenfoto des Erdbebendiensts im Jahr 2010 sowie damalige Auskunftstätigkeiten bei Anfragen aus der Bevölkerung.
Der Österreichische Erdbebendienst betreibt das nationale Erdbebenmessnetz an über 60 Standorten und informiert das staatliche Krisenmanagement, die Öffentlichkeit und die Medien über die Auswirkungen von aktuellen Erdbeben. Durch internationalen Datenaustausch werden die Registrierungen von mehreren hundert seismischen Stationen in Echtzeit verarbeitet und bei starken Erdbeben automatische Alarmmeldungen per SMS und E‐Mail an den Rufbereitschaftsdienst (24/7) versendet. Zusätzlich ist die GeoSphere Austria die offizielle Stelle, welche Daten zur Erdbebengefährdung Österreichs erhebt und diese auch berechnet. Basierend auf diesen Informationen erfolgt die nationale Festlegung der Richtlinien für ein erdbebengerechtes Bauen (ÖNORM EN 1998-1). Zusätzlich zur Erfassung und Analyse von Erdbeben wird historische Erdbebenforschung betrieben, ein Erdbebenkatalog und ein Erdbebenarchiv für historische Seismogramme geführt, sowie Beratung bei größeren Bauvorhaben und die Erstellung von Gutachten angeboten.
Links: Aufzeichnung des Erdbebens bei Waidring/St. Ulrich am Pillersee vom 19.1.2024 (Magnitude ML 3.5) an den Vertikalkomponenten von Seismometern die nach der Herddistanz sortiert wurden. Mitte: Abschätzung der Auswirkungen kurz nach diesem Beben durch eine ShakeMap mit Darstellung der Bodenbeschleunigung. Rechts: Registrierung des Kernwaffentests in Nordkorea vom 3.9.2017 an Erdbebenstationen in Österreich.
Im Rahmen von Überwachungen wurden unter anderem seismische Stationen an der Feistritzbachsperre, der Kölnbreinsperre, im Bergbau Schwaz, und in 1220 Wien errichtet. In der Bundeshauptstadt wird auch ein eigenes Strong-Motion‐Messnetz betrieben. Im Zusammenhang mit Österreichs Bekenntnis zur CTBTO (Comprehensive Test Ban Treaty Organisation) wird an der GeoSphere Austria das Nationale Datenzentrum (NDC) zur Detektion von nuklearen Explosionen geführt.
Mit der Teilnahme am Projekt ARISTOTLE-eENHSP bieten wir eine wissenschaftlichen Beratung für das Emergency Response Coordination Center (ERCC) der EU bei weltweiten Katastrophenbeben an, sowie als nationale Dienstleistung das durch die Initiative der GeoSphere Austria initiierte AMAS (Austrian Multi-hazard Advice Service).
Die zahlreichen Aufgaben des Österreichischen Erdbebendienstes werden durch ein Team bestehend aus neun Seismologinnen, einer Historikerin und vier Seismologen bewerkstelligt. Die Erforschung der Ursache von Erdbeben und ihrer möglichen Auswirkungen dient der Gesellschaft, um der Gefährdung durch Erdbeben besser begegnen zu können. In zahlreichen nationalen und internationalen Projekten, an denen die GeoSphere Austria beteiligt ist, wird dem entsprochen.
Oben: Gruppenfoto nach der internen Krisenübung im Jahr 2018 mit der Leiterin des Erdbebendiensts (Dr. Yan Jia). Unten: Bei der Auswertung des fiktiven Erdbebens und Interview in der Erdbebenzentrale.
Um Anforderungen im Bereich der Erdbebenvorsorge und des Katastrophenschutzes zu entsprechen ist sowohl die stetige Verdichtung des Messnetzes erforderlich als auch die Wartung der Erdbebenstationen mit der Reparatur und Neuinstallation von hochwertigen Instrumenten. Ein dichtes Messnetz ist Voraussetzung für die rasche und präzise Erstellung von Schadensszenarien bei einem starken Erdbeben, da nur so die Herdtiefe als Schlüsselparameter mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden kann und ein flächenhafter Überblick der einwirkenden Bodenbewegungen gegeben ist. Gleichzeitig kann eine hohe Lokalisierungsgenauigkeit erreicht werden, die eine Zuordnung zu bekannten oder die Erkennung neuer tektonischer Störungssysteme ermöglicht. Die Konzepte zur Errichtung von zuverlässigen Erdbebenstationen haben sich in der Vergangenheit zwar bewährt, aber sollten dennoch laufend neubewertet und weiterentwickelt werden, um so vom aktuellen Stand der Technik zu profitieren. In Zukunft könnte man durch die Nutzung von tiefen Bohrlochstationen durch rauscharme Registrierungen profitieren. Die Aufzeichnung von starken Erdbeben mit low-cost Instrumenten durch die Bevölkerung im Rahmen von ‚Citizen Science‘ hätte das Potential lokale Standorteffekte zu erkennen. Einschränkungen ergeben sich dabei durch die Dynamik und den Frequenzbereich der Instrumente, die umgebenden Störsignale, die Ankopplung und die Wahl des Aufstellungsortes, das erforderliche hoch-präzise Zeitsignal, die Kenntnis über die Metadaten und schließlich bei der Dateneinbindung an den Erdbebendienst.
Bei der Bestimmung der Erdbebengefährdung wird es einerseits notwendig sein neue Methoden anzuwenden um den Stand der Wissenschaft zu gewährleisten und andererseits müssen zur Entwickelung aktueller Modelle neue Daten einbezogen werden. Durch die Dokumentation und Registrierung von aktuellen Erdbeben aber auch durch die Ergebnisse der historischen Erdbebenforschung werden laufend Daten erzeugt, die in den österreichischen Erdbebenkatalog einfließen. Besonders maßgebend für eine physikalische Beschreibung der Auswirkungen nach einem Erdbeben sind die Kenntnis der Ausbreitung der seismischen Wellen (Pfad & Amplitudenabnahme) und die lokale Verstärkung von Bodenbewegungen (z.B: bei Sedimentbecken). Dazu sind im Sinne einer Mikrozonierung weitere Messungen und Untersuchungen erforderlich. Eine wichtige Neuerung im operationellen Betrieb ist die rasche Berechnung der Ursache der Erdbeben (Herdmechanismus) durch den Momententensor und eine Bestimmung der Spannungsumverteilung. Beide Informationen unterstützen die Interpretation von Erdbebensequenzen und geben Hinweise über die Beeinflussung benachbarter Störungen. Unsere aktuellste Version der Gefährdungskarte (2019) soll in den nächsten Jahren Basis für die neue ÖNORM EN 1998 Richtlinie für erbebensicheres Bauen werden. Diese wird in Verbindung mit dem Eurocode 8 der zweiten Generation unter Einbindung der GeoSphere Austria erstellt werden.
In der Zentrale der GeoSphere Austria an der Hohen Warte in Wien werden enorme Datenmengen erzeugt und archiviert. Ursache ist die fortschreitende Digitalisierung im Erdbebendienst, der Betrieb von neuen Messstationen und die hohe Anzahl an Rückmeldungen von Wahrnehmungen aus der Bevölkerung bei stärkeren Erdbeben (Vielen Dank an alle Beitragenden!). Die Verarbeitung und Nutzung dieser großen Datenmengen ist sowohl technisch als auch wissenschaftlich eine Herausforderung. Hier wird in der Seismologie die Anwendung von Machine Learning als Teilbereich der Künstlichen Intelligenz erprobt. Jedoch muss sie für verlässliche Ergebnisse vor ihrem operativen Einsatz sorgfältig angepasst und getestet werden. Einsatzmöglichkeiten sind die Mustererkennung von seismischen Signalen zur Diskriminierung unterschiedlicher Ereignistypen (z.B: Erdbeben, Sprengung, Überschallknall, Felssturz, ..), die Signaloptimierung, die automatische Erkennung von schwachen Nachbeben, die Bewertung der Gleichartigkeit von Erdbeben während einer Bebensequenz und die Analyse von Schäden in Luftaufnahmen durch Satelliten oder Drohnen. Die Bewertung von Gebäudeschäden nach einem stärkeren Erdbeben ist in Österreich eine Tätigkeit, die glücklicherweise nicht jedes Jahr durchgeführt werden muss. Sie erfordert aber dennoch ein ständig einsatzbereites und gut ausgebildetes Team. Dadurch kann der Intensitätsgrad auf der 12-stufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98) bestimmt werden, den die Versicherungen als Kriterium bei Schadensbeurteilungen verwenden. Bei so starken Ereignissen tritt im Erdbebendienst eine besonders hohe Arbeitsbelastung auf, da personelle Ressourcen gleichzeitig auf Tätigkeiten im Büro als auch im Feld aufgeteilt werden müssen. Dabei werden in der Zentrale hunderte von Nachbeben analysiert und ausgewertet, Interviews und Auskünfte gegeben sowie Newsbeiträge verfasst. Die Arbeiten im Feld umfassen die Installation temporärer Stationen nahe dem Epizentrum (Erfassung Nachbebenaktivität) sowie die Dokumentation von Gebäudeschäden vor Ort.
Schadensbilder nach den Erdbeben von 1590 in Ried am Riederberg, bei Schwadorf von 1927, und dem Seebenstein Beben von 1972.
In den letzten Jahren zeigte sich, dass die Vibrationen durch Windkraftanlagen für die Seismologie stark störend sein kann. In Deutschland waren besonders viele Messstationen betroffen und es wurden Vorschriften erlassen, die bei Errichtung von Windkraftanlagen Schutzradien um Stationen oder die Beteiligung des Erdbebendiensts vorsehen. Eine Verlegung der Erdbebenstationen ist meist unmöglich, da keine beliebigen Orte gewählt werden können. Die Stationen sind Teil der kritischen Infrastruktur des SKKM. Die sich über den Turm und das Fundament der Windräder in den Untergrund übertragenen Schwingungen breiten sich in alle Richtungen aus und beeinträchtigen die Fähigkeit zur Detektion von Erdbeben oder nuklearen Explosionen. Dabei nimmt der Störeinfluss mit zunehmender Entfernung abhängig vom geologischen Untergrund ab.
Bodenbewegung kann nicht nur durch tektonische Erdbeben ausgelöst werden, sondern auch durch menschliche Quellen. Dabei wird zwischen induzierten und getriggerten Erdbeben unterschieden. Erstere werden direkt durch menschlichen Einfluss ausgelöst, während zweitere eine Aktivierung vorhandener Verwerfungen durch menschliche Einflüsse zur Folge haben. In Europa und auch in Österreich gibt es eine Vielzahl von menschlichen Quellen die Bodenerschütterungen ähnlich von Erdbeben auslösen. Für Zentraleuropa sind folgende Quellen anzuführen: Öl- und Gasexploration, Geothermieanlagen, Bergbau von Rohstoffen wie Eisen, Salz und Kohle, Steinbrüche sowie die Befüllung von Staudämmen.
Seit 120 Jahren sammelt der Erdbebendienst nicht nur Daten, sondern versorgt die österreichische Bevölkerung mit allen notwendigen Information zu Erdbeben und erweitert und verbessert dabei stetig seine Angebote.
Aktuelle Erdbeben in Österreich
Stärkste Erdbeben in Österreich
Interaktives Tool für Erdbeben-Bemessungswerte
Conrad, V. 1909. Beschreibung des seismischen Observatoriums der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. In: Mitteilungen der Erdbeben-Kommision der kaiserl. Akad. d. Wissensch. in Wien, Neue Folge, 1900-1912, No. XXXIII, 1-28.
Duma, G., Horn, N., Vogelmann, A., Seismisches Strong-Motion Messnetz in Wien, Projekt-Endbericht, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Wien, August 1996, 38pp.
Hammerl, Ch. 2001. Die Geschichte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1851–2001, In: Hammerl, Ch., Lenhardt, W., Steinacker, R. und P. Steinhauser (Hg.): Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1851 – 2001. 150 Jahre Meteorologie und Geophysik in Österreich, S. 17-297.
Hammerl, Ch., Hofmann, Th. und M. Krenn, 2015. Das Erdbeben von Laibach (Slowenien) am 14. April 1895: Chronologie des Krisenmanagements. In: Jb. Geol. B.-A. Band 155, Heft 1–4, S. 281–296. https://opac.geologie.ac.at/ais312/dokumente/JB1551_281_A.pdf
Lenhardt, W., Melichar, P., Steiner, R., und N. Horn, 2001 Erdbebenstationen in Österreich. In: Christa Hammerl, Wolfgang Lenhardt, Reinhold Steinacker, Peter Steinhauser (Hrsg.): Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik 1851 – 2001. Leykam.
Melichar, P. 1989. Der österreichische Erdbebenwarndienst im Großraum Innsbruck – Hall in Tirol. Festschrift anläßlich der Eröffnung des österreichischen Erdbebenwarndienstes ÖEW Tirol, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Publ. Nr. 330, 5-8.
Österreichischer Erdbebendienst - Geosphere Austria
Hohe Warte 38, A-1190 Wien
T. +43 1 36026 2508
Im Jänner 2024 waren in Österreich außergewöhnlich viele Erdbeben für die Bevölkerung spürbar, an der Zahl waren es 54 Erdbeben. Die meisten sind auf eine Erdbebenserie in Tirol zurückzuführen, die seit 9. Jänner mit zahlreichen Beben auf sich aufmerksam machte. Sieben Beben im Berichtsmonat hatten Magnituden größer 3.
In den Bundesländern ereigneten sich 43 verspürte Erdbeben in Tirol, 9 in Kärnten und 2 in der Steiermark. Mehr als 400 weitere Erdbeben in Österreich wurden instrumentell lokalisiert.
Epizentren der im Jänner 2024 in Österreich verspürten Erdbeben.
Am 5. Jänner um 03:20 Uhr MEZ wurde nordwestlich von Bad Eisenkappel in Kärnten (Epizentrum: 46,50°N, 14,55°O) ein Erdbeben der Magnitude 2,6 von mehreren Personen deutlich wahrgenommen, die Intensität betrug 4 Grad auf der 12-stufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98).
Eine Serie von Erdbeben ereignete sich in Kärnten am Nordabfall der Karawanken bei Zell-Pfarre, die am 9. Jänner um 01:02 Uhr MEZ mit einem Erdbeben der Magnitude 3,4 ihren Anfang nahm. Dieses Beben wurde dem Österreichischen Erdbebendienst mit über 500 Wahrnehmungsberichten über das online-Formular (https://www.zamg.ac.at/cms/de/aktuell/erdbeben) gemeldet. Viele Personen sind durch die Erschütterungen aufgewacht, manche kleinere Gegenstände wurden verschoben oder sind sogar umgefallen. Die Intensität hat einen Wert von 4-5 Grad. Sechs weitere schwächere Erdbeben wurden im Lauf des Jänners von der Bevölkerung verspürt (siehe untenstehende Liste).
Im Jänner fand in Tirol eine ungewöhnlich umfangreiche Erdbebenserie statt, die über 350 Ereignisse umfasste. 41 Beben davon wurden von der Bevölkerung wahrgenommen. Die Epizentren lagen im Bereich der Gebirgsgruppe Kirchbergstock, westlich des Pillersees (Epizentrum des Hauptbebens 47,54°N, 12,53°O).
Das stärkste Beben dieser Serie ereignete sich nachts am 23. Jänner um 04:50 Uhr mit einer Magnitude von 3,9. Über 2000 Wahrnehmungsberichte wurden versendet, darunter befanden sich auch Informationen über leichte Schäden in nahe dem Epizentrum gelegenen Orten. Diese betrafen in erster Linie Risse im Verputz. Auch dieses kräftige Erdbeben schreckte sehr viele Personen aus dem Schlaf, die starken Schwingungen wirkten teils beängstigend. Gegenstände wurden verschoben oder fielen um. Einige Bücher fielen aus Regalen. Die Intensität betrug 5-6 Grad.
Die Liste der 41 im Zuge der Bebenserie verspürten Erdbeben untenstehend.
Am 22. Jänner um 11:14 Uhr ereignete sich westlich von Leibnitz in der Steiermark (46,77°N, 15,49°O) ein Erdbeben der Magnitude 1,4, das von über zwei Dutzend Personen gemeldet wurde. Das schwache Beben der Magnitude 1,4 wurde aufgrund der geringen Herdtiefe teils deutlich mit einer Intensität von 3-4 Grad gespürt.
Ein weiteres Beben mit der Magnitude 1,1 gab es knapp fünf Stunden später um 16:03 Uhr. Es wurde von Bebengeräuschen begleitet und vereinzelt mit einer Intensität von 3 Grad wahrgenommen.
In Himmelberg, nordwestlich von Feldkirchen in Kärnten (46,76°N, 14,04°O) konnte man am 23. Jänner um 08:33 Uhr ein Erdbeben der Magnitude 2,0 schwach spüren. Die Intensität betrug 3 Grad.
Auch das schwache Beben der Magnitude 1,9, dessen Epizentrum in der Mieminger Kette (47,34°N, 10,95°O) in Tirol lag, wurde am 23. Jänner um 22:55 Uhr in Obsteig vereinzelt mit einer Intensität von 3 Grad verspürt.
Das kräftige Beben, das in der Nacht am 27. Jänner um 00:06 Uhr im Bereich des Fernpasses, 4 km nordöstlich von Nassereith in Tirol stattfand (47,35°N, 10,85°), hatte eine Magnitude von 3,6 und wurde von der Bevölkerung, die über 800 Berichte sendete, stark gespürt. Es wurden nur ganz vereinzelt sehr leichte Schäden gemeldet, die Epizentralintensität erreichte 5 Grad.
Der Österreichische Erdbebendienst dankt der Bevölkerung für ihre Wahrnehmungsberichte, mit deren Hilfe die Intensität der Erdbeben bestimmt wurde.
Intensitätsskala ( EMS-98 )
Auszug aus Kurzform der 12-stufigen Europ. Makroseismischen Skala 1998, basierend auf Mercalli-Sieberg
2 Grad | Kaum fühlbar: Erschütterungen werden nur in einzelnen Fällen von Personen in völliger Ruhe in Gebäuden wahrgenommen. |
3 Grad | Schwach fühlbar: Von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Ruhende Personen empfinden ein leichtes Schaukeln oder Rütteln. |
4 Grad | Deutlich fühlbar: In Gebäuden von vielen Personen und im Freien vereinzelt wahrgenommen. Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren, Türen rütteln. |
5 Grad | Stark fühlbar: In Gebäuden von den meisten Personen, im Freien von einigen wahrgenommen. Viele Schlafende erwachen. Einige Personen erschrecken. Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände pendeln stark. Kleine Objekte werden verschoben. Türen und Fenster schlagen auf und zu. An wenigen, vor allem schadensanfälligen Gebäuden treten Haarrisse auf. |
6 Grad | Leichte Gebäudeschäden: Viele Menschen erschrecken und flüchten ins Freie. Gegenstände fallen um, Geschirr und Gläser können zerbrechen. An vielen Häusern entstehen geringe Schäden, wie Risse im Verputz, in einigen Fällen treten auch tiefe Mauerrisse auf. |
Datum | Weltzeit | M | Epizentrum | Kommentar |
---|---|---|---|---|
01.01.2024 | 07:10 | 7,5 | Japan 37.49°N 137.26°O |
Region Ishikawa; 238 Todesopfer, über 1200 Verletzte, eingestürzte Häuser, in Shika rund 4 Meter hoher Tsunami |
08.01.2024 | 20:48 | 6,7 | Philippinen 4.91°N 126.16°O |
Leichte Gebäudeschäden auf Talaudinseln |
11.01.2024 | 09:20 | 6,4 | Afghanistan 36.51°N 70.60°O |
Region Badakhshan; Bebenherd in 206 km Tiefe, nur wenige Schäden |
19.01.2024 | 11:26 | 5,6 | Kolumbien 4.74°N 75.89°W |
Region Valle del Cauca; ein Todesopfer durch Herzinfarkt, einige Schäden |
22.01.2024 | 18:09 | 7,0 | China, Xinjiang 41.27°N 78.65°O |
Uqturpan-Erdbeben: 3 Todesopfer, 6 Verletzte, über 70 Verletzte, viele Gebäudeschäden |
25.01.2024 | 13:04 | 5,0 | Türkei, Adıyama 38.11°N 38.45°O |
Nachbeben zum 2023 Türkei – Syrien Erdbeben; ein Verletzter, mehrere Gebäudeschäden |
27.01.2024 | 05:52 | 6,1 | Guatemala 14.11°N 90.52°W |
Region Santa Rosa; 3 Verletzte durch Erdrutsch, einige Schäden; Bebenherd in 108 km Tiefe |
Zeit - Herdzeit in Weltzeit UTC bzw. Greenwich Mean Time GMT
M - Magnitude (logarithmisches Energiemaß)
Die Koordinaten der Weltbeben stammen von USGS
Angaben ohne Gewähr
Österreichischer Erdbebendienst - Geosphere Austria
Hohe Warte 38, A-1190 Wien
T. +43 1 36026 2508
Besuchen Sie uns auch in den sozialen Netzwerken
Facebook | X (Twitter) | Instagram | LinkedIn
Tausende Meldungen aus der Bevölkerung
Innerhalb der ersten Stunden sind beim Österreichischen Erdbebendienst über 3000 Meldungen der Bevölkerung eingetroffen.
Die Erschütterungen waren im Bereich des Epizentrums stark zu spüren, rissen sehr viele Personen aus dem Schlaf, viele sind erschrocken, ein paar Leute flüchteten ins Freie. Es wurde berichtet, dass viele kleine Gegenstände umgefallen und Möbel sich deutlich bewegt hätten.
Eine Betroffene aus Reichenau an der Rax schildert dem Erdbebendienst ihre Beobachtungen folgendermaßen: „Es schwankte praktisch alles. Gläser klirrten, bewegliche Teile wie Bücher fielen aus den Regalen. Als ich heute Morgen in der Küche Schränke öffnete, fielen mir auch Gegenstände entgegen.“
Chistiane Freudenthaler, Seismologin des Erdbebendienstes informiert über das weitere Geschehen: "Uns wurden über 100 Schadensmeldungen aus der Region um das Epizentrum zugesendet, es handelt sich vor allem um Risse im Verputz, aber auch kleinere Verputzteile lösten sich von den Wänden und kleine Risse taten sich auf. Auch auf Dächern gab es leichte Schäden. Man hat das Beben auch in den Bundesländern Steiermark, Burgenland und Wien gespürt, sogar in Oberösterreich konnte man noch in Wels ein leichtes Schwanken merken."
In der folgenden Stunde wurden um 03:43 und 04:03 zwei schwache Nachbeben mit Magnituden von 1,2 und 1,4 lokalisiert, zu diesen Erdbeben liegen keine Meldungen vor.
Wir bedanken uns für die Meldungen der Bevölkerung, die uns über die Auswirkungen des Erdbebens informierten.
Abbildung: Die Karte zeigt eine shakemap, die die erwartete Intensitätsverteilung der Erschütterungen nahezu in Echtzeit liefert. Es sind darin auch die Orte dargestellt, aus denen Fühlbarkeitsmeldungen gesendet wurden. Die manuelle Aufarbeitung der einzelnen Meldungen bedarf mitunter Wochen und ist für Schadensbeurteilungen für Versicherungen maßgebend.
Eine aktive Erdbebenregion
Die Region Semmering war auch in der Vergangenheit von Erdbeben betroffen, das stärkste ereignete sich am 27. Oktober 1964 mit einer Magnitude von 5,3. Aufgrund der relativ großen Herdtiefe von etwa 15 km gab es keine größeren Gebäudeschäden. Die Erschütterungen wurde damals auch in Wien stark verspürt, es kam sogar zu einer Unterbrechung der Vorstellung im Burgtheater.
Erst in den vergangenen drei Jahren war die Region Gloggnitz am Fuße des Semmerings von einer außergewöhnlich langen Erdbebenserie betroffen. Das stärkste Beben am 30. März 2023 hatte eine Magnitude von 4,2, mehr als 40 Beben in dieser Region wurden von der Bevölkerung gespürt.
In Niederösterreich gab es in den letzten drei Jahren drei kräftige Erdbeben, die Magnituden größer vier hatten, am 30. März 2021 (Magnitude 4,6), 19. April 2021 (Magnitude 4,4) und am 30. März 2023 (Magnitude 4,2).
Durchschnittlich alle 14 Jahre treten in Niederösterreich Erdbeben mit Magnituden größer 4,5 auf. Mit Beben, die Magnituden größer 5 aufweisen, ist grob alle 30 Jahre zu rechnen.
Bruchzonen in der Region des Semmerings
Die Region des Semmerings steht im Zusammenhang mit dem Mur-Mürztal Störungssystem und dem südlichen Wiener Becken. Die Mur-Mürztal-Störung besteht aus einer Vielzahl sich gegeneinander bewegender Störungen, die vom Murtal bis zum Semmering reichen. Dort teilt sich die Störungszone auf, ein Ast setzt sich in Richtung Osten am Südrand des Wiener Beckens fort, ein anderer Ast verläuft an dessen Westrand. Geodynamisch wird der südliche Teil des Mürztales gegen Nordosten verschoben, was zu einer Dehnung des Wiener Beckens führt.
Welches Teilstörungssystem als Ursache des Bebens in Betracht kommt, kann erst nach einer eingehenden Analyse der Daten durch die Seismolog:innen beurteilt werden.
Berechnungen zufolge weist das aktuelle Erdbeben mit einer Magnitude von 4,5 im Untergrund eine Bruchlänge von grob 1300 m bei einem relativen Verschiebungsbetrag von fünf Zentimetern auf.
Seismogramm
Das Erdbeben vom 1. Feber 2024 wurde am allen seismischen Breitbandstationen des Österreichischen Erdbebendienstes registriert. In der Abbildung ist die Registrierung an der Station CONA am Conrad-Observatorium am dem Trafelberg bei Muggendorf in Niederösterreich zu sehen (Zeitausschnitt 30 Sekunden).