Friaul 1348

Warum wird ein Erdbeben mit dem Epizentrum in Friaul unter dem Titel „Historische Erdbebenforschung in Österreich" besprochen?

Erdbeben in Friaul - Freitag, den 25. Jänner 1348, gegen 18:00 Uhr UTC (Io = 10°?) 

 

Diese Frage ist berechtigt, doch ist dieses Beben sicherlich vielen unter dem Namen „Das große Villacher Beben von 1348” ein Begriff.

Am 25. Jänner 1348 wurde das heutige Kärnten und der Norden Italiens von einem Erdbeben mit der Epizentralintensität 10° und einer  berechneten Magnitude von 6.8 schwer erschüttert.

Epizentrum Friaul 1348

Schüttergebiet des Erdbebens von 1348 © ZAMG Geophysik Hammerl

Eine umfangreiche Studie aus dem Jahre 1992 konnte nach kritischer Bearbeitung zahlreicher Originalberichte aus Klosterannalen, Stadtchroniken und Briefen von Kaufleuten – die entlang der alten Handelsstraßen die Schäden an Ort und Stelle sahen – zeigen, dass das Epizentrum nicht in Villach, sondern in Friaul gelegen haben muss.

Villach liegt an einer Biegung der Drau – nahe dem Mündungsgebiet der Gail – auf spätglazialen Schotterfluren. Dieser Drauübergang war strategisch wichtig, da hier der Verkehrsweg von Italien nach Norden verlief. Dadurch kamen auch viele Handelsleute in die Stadt, was sich auch „positiv” auf die Nachrichtenverteilung bezüglich des Erdbebens auswirkte.

 

Bericht über das Erdbeben vom Geistlichen Andreas von Regensburg (1380-1438)

Die Erdbebenschäden in Villach beschreibt am besten der Bericht des Geistlichen Andreas von Regensburg (1380-1438), der Augenzeugen – Kaufleute aus Regensburg und Prag – zitierte.

Handelsroute im 14. Jahrhunderts

Handelsroute im 14. Jahrhundert © ZAMG Geophysik Hammerl

Andreas von Regensburg beschrieb darin, „…dass das Erdbeben so stark war, dass Villach mitsamt der Burgmauer, dem Kloster und der(n) Kirche(n) zerstört wurde und alle Mauern und Türme bis auf 11 Zinnen einstürzten. Der Boden spaltete sich mitten in der Stadt und daraus kam nach Schwefel riechendes Wasser, das wieder abfloss. In Krain und Kärnten wurden die Burg Kellerberg, das Kloster Arnoldstein und weitere 36 Burgen zerstört. Es gab Bergstürze und durch das aufgestaute Wasser wurde im Umkreis von 10 Meilen alles verwüstet. Das Erdbeben dauerte 8 Tage und es entstanden so tiefe Bodenspalten, dass man bis zum Gürtel darin versunken wäre. Die Kaufleute überlebten das Beben, ihre vier Gesellen kamen um.”

Aus einer Vielzahl zeitgenössischer Berichte kann man herauslesen, dass die vermutlich unstabile Bauweise der alten St. Jakobs Kirche in Villach bereits einem schwächeren Erdbebenstoß nachgegeben haben könnte. Wir können darüber aber nur Vermutungen aufstellen, da die Berichte zu ungenau sind. Das Minoritenkloster wurde wahrscheinlich beschädigt oder sogar zerstört. Keine Quelle erwähnt aber ausdrücklich Schäden an der Burg bzw. deren Zerstörung.

 

Warum wurde früher ein Erdbeben mit der Pest in Verbindung gebracht?

Die in der Literatur wiederholt erwähnte vollkommene Zerstörung der Stadt Villach und die große Anzahl an Toten (bis zu 5000) ist auf Grund der zeitgenössischen Berichte nicht zu bestätigen. 1348 wurde Villach auch von der Pest, die durch Europa zog, heimgesucht. In vielen Berichten werden das Erdbeben und der „schwarze Tod” in einem Atemzug genannt; Pest- und Erdbebenopfer darin auseinanderzuhalten ist dann nicht mehr möglich, was auch ein Grund für die in manchen historischen Nachrichten zitierte hohe Zahl an Erdbebenopfern in Villach ist.

Friaul 1348

Auf Grund der Historischen Quellenforschung konnten die Intensitäten in den verschiednen Regionen des Erdbebens im Jahre 1348 eruiert werden, das ursprüngliche Epizentrum des Bebens wurde und wird oft in Villach angenommen. Forschungen ergaben allerdings, dass das Epizentrum des Bebens mit großer Wahrscheinlichkeit im Friaul lag. © Karte: Giancarlo Monachesi und Massimiliano Stucchi

Schäden des Erdbebens in Kärntner Regionen

Ziemlich sicher kann man annehmen, dass an folgenden Orten im heutigen Kärntner Raum das Beben gespürt wurde oder dass es sogar zu Schäden führte: Kloster Arnoldstein, Federaun, Feldkirchen, Hollenburg, Kellerberg, Krainegg, Liemberg, Ortenburg, Kloster Ossiach, Reifnitz, Rosegg, Wasserleonburg, Waldenstein und Wildenstein. Um dies nun in der richtigen Relation zu sehen muss man aber auch wissen, dass die genannten Burgen nur 7% aller Kärntner Burgen im Jahre 1348 ausmachten.

Vermutlich hat auch der große Bergsturz des Dobratsch, der die Gail aufstaute und in der Folge das Umland überschwemmte, dazu beigetragen, das Epizentrum des Bebens im Gailtal zu suchen.

Rote Wand am Dobratsch durch Beben 1348

Linke Abb. : Abbruchfläche des Bergsturzes von 1348, die heute unter dem Namen Rote Wand bekannt ist; rechten Abb.: Bei der Aussichtsplattform oberhalb der Roten Wand erkennt man die Dimensionen des Bergsturzes © ZAMG Geophysik Rauchegger

Publikationen
© ZAMG Geophysik Hammerl

Hier finden Sie die Publikationen über das Erdbeben in Friaul 1348.

mehr  •••
Live-Seismogramm
Historische Erdbeben
Holzschnitt aus der 'Weltchronik' von Hartmann Schedel, 1493. 'Und der Engel nahm das Rauchfaß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde, und Donner folgten, Getöse, Blitze und Beben.' Offenbarung 8,5 © ZAMG Geophysik Hammerl
Magnetik
Willkommen bei der Magnetik der geophysikalischen Abteilung der ZAMG. © ZAMG Geophysik
Conrad Observatorium
Willkommen am Conrad Observatorium. © Gerhard Ramsebner