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Überblick Gravimetrie

Das Schwerefeld der Erde wird durch die Dichteverteilung der Erde sowie durch deren Rotationsverhalten determiniert.

Zeitliche Variationen der Schwerebeschleunigung lassen Rückschlüsse auf dynamische Prozesse zu, die mit Massentransporten in allen zeitlichen und räumlichen Skalen verbunden sind, und zwar sowohl im Erdinneren als auch in den Ozeanen und in der Atmosphäre.

Das Schwerefeld der Erde

Die Figur der Erde wird über das Schwerefeld der Erde definiert. Sie hängt damit ebenso wie das Schwerefeld von der Dichteverteilung der Erde ab. Infolge von externen Kräften (Gezeiten) sowie internen dynamischen Prozessen ist sie periodischen und aperiodischen Änderungen unterworfen. Die globale Struktur des Schwerefeldes wird heute durch die Beobachtung von Bahnstörungen künstlicher Satelliten (z. B. CHAMP, GRACE, GOCE) und durch Satelliten - Altimetrie erforscht. Die lokalen Strukturen werden aus terrestrischen Beobachtungen abgeleitet.

Die Figur der Erde wird durch das Geoid definiert. Das Geoid ist jene Äquipotentialfläche des Schwerepotentials, die mit der mittleren Meeresoberfläche zusammenfällt. Es wird durch die Geoidundulation, der Abweichung von einer Näherungsfigur, dem sogenannten Niveauellipsoid, angegeben. Die untere Abbildung zeigt das Schwerefeldmodell EIGEN - 6C (GFZ Potsdam). Die Geoidundulationen sind in stark überhöhter Form dargestellt. Sie sind direkter Ausdruck der ungleichen Massenverteilung in der Erde.

Die Figur der Erde wird durch das Geoid definiert.
© GFZ Potsdam

Unsere Tätigkeiten

In Kooperation mit der Universität Wien und dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen befasst sich die Abteilung für Magnetik/Gravimetrie im Rahmen des internationalen Projektes (GGP, Global Geodynamics Project) mit der Analyse zeitlicher Schwereänderungen.

Beobachtung zeitlicher Schwereänderungen mit einem Supraleitenden Gravimeter

Das Conrad Observatorium beherbergt ein Supraleitendes Gravimeter, das derzeit genaueste Instrument zur Erfassung von zeitlichen Schwereänderungen. Zeitliche Schwereänderungen werden von unterschiedlichen dynamischen Prozessen hervorgerufen. Sie finden in einem weiten Periodenbereich statt. Die Gezeiten der Erde führen zu Schwereänderungen mit sehr langperiodischen (jährlich, halbjährlich, monatlich, halbmonatlich) bis zu ganz-, halb und dritteltäglichen Anteilen. Eigenschwingungen der festen Erde nach Beben großer Magnitude haben Perioden unterhalb von etwa 54 Minuten. Die Amplituden der Gezeiten bzw. die Frequenzen der Eigenschwingungen hängen von den gleichen physikalischen Materialparametern ab, die auch die Ausbreitung seismischer Wellen bestimmen. Die Gravimetrie steht hier in enger Verbindung mit der Seismologie.

Diese Eigenschwingung war sogar noch nach mehr als 2 Monaten nach dem Tokuku - Beben 2011 direkt in der Aufzeichnung des Supraleitenden Gravimeters am Conrad Observatorium sichtbar. © ZAMG Geophysik

Schwereänderung nach Korrektur der Gezeiten, hervorgerufen durch das Beben von Tohoku (Japan, 11. März 2011). Man sieht die angeregte Eigenschwingung (Mode S0) der Erde mit einer Periode von etwa 20 min, gemessen 10 Tage nach dem Bebenereignis. Diese Eigenschwingung war sogar noch nach mehr als 2 Monaten direkt in der Aufzeichnung des Supraleitenden Gravimeters am Conrad Observatorium sichtbar. Die langperiodische Überprägung des Signals hat seine Ursache in mit Luftdruckänderungen verbundenen atmosphärischen Prozessen. © ZAMG Geophysik

Analyse atmosphärischer und hydrologischer Prozesse

Um globale Signale aus den Schweremessreihen zu extrahieren, ist es notwendig, jene Signale zu verstehen und zu modellieren, die von lokalen Prozessen stark beeinflusst werden. Dazu gehören insbesondere die Effekte der durch atmosphärische und hydrologische Prozesse verursachten Massenflüsse.

Durch Niederschlag verursachten Schwereänderung (schwarz) nach Korrektur der Gezeiten und der atmosphärischen Effekte. © ZAMG Geophysik

Das Bild zeigt ein Beispiel einer durch Niederschlag verursachten Schwereänderung (schwarz) nach Korrektur der Gezeiten und der atmosphärischen Effekte. Es kann fast vollständig eliminiert werden (rot), wenn die Gravitationswirkung des Niederschlags in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung modelliert wird. © ZAMG Geophysik

Kalibrierung des Supraleitenden Gravimeters

Der Skalenfaktor des Supraleitenden Gravimeters muss durch Vergleich mit einem Absolutgravimeter bestimmt werden, ebenso wie seine instrumentelle Drift. Sie ist zwar sehr klein (0 – 30 nms-2/Jahr), muss aber genau bekannt sein, um säkuläre Trends korrekt erfassen zu können.

Experiment (links) zur Kalibrierung des Supraleitenden Gravimeters (rechts) im Conrad Observatorium. © ZAMG Geophysik

Experiment (links) zur Kalibrierung des Supraleitenden Gravimeters (rechts) im Conrad Observatorium. Zwei Absolutgravimeter beobachten unmittelbar neben dem Supraleitenden Gravimeter die zeitliche Schwerevariation, die von den Gezeiten verursacht wird. Daraus lässt sich der Skalenfaktor ableiten. Solche Experimente müssen zur Überwachung des Skalenfaktors und zur Bestimmung der Instrumentendrift des Supraleitenden Gravimeters regelmäßig wiederholt werden. © ZAMG Geophysik